Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld
Tagen auch in der Presse die grössten Peinlichkeiten verursacht und vielleicht sogar meinen Plan mit dem Burgtheater zu Fall gebracht. Wo wir doch absolutes Stillschweigen vereinbart hatten. Aber das ist nicht Ziel meines Briefes.
Sie schreiben (und die Zeitungen schreiben es auch), dass es wahrscheinlich nicht zur Uraufführung des ›Präsidenten‹ im Mai in Wien kommt. Da muss ich klar zum Ausdruck bringen, dass ich unter keinen und ich sage keinen Umständen eine Verschiebung in Wien dulde , weil die Stuttgarter Erstaufführung unter allen, wieder sage ich, allen Umständen, noch vor den Sommerferien stattfinden muss.
Präzise und unumstösslich und ich mache Sie und den Verlag im Falle einer Nichteinhaltung meiner Forderung schon jetzt auf meine äusserste Konsequenz aufmerksam, wobei ich natürlich annehme, dass der Verlag ganz und gar in meinem Sinne handelt.
Gleich unter welchen Umständen das Burgtheater die Uraufführung im Mai nicht zustande bringt (mir ist an einer solchen Wiener Uraufführung nichts gelegen, ich habe nur zugestimmt, weil Klingenberg mich nicht aus dem Vertrag entlassen hat wollen), eine Verlängerung des Uraufführungstermins über den Mai hinaus kommt nicht in Frage. Stuttgart muss stattfinden . Und zwar auch, wenn wir alles Geld aus Wien verlieren, was möglich ist. Das ist mir gleichgültig.
Bitte handeln Sie jetzt in meinem Sinne und zwar ultimativ, und berichten Sie mir unverzüglich.
Ich bin nach zweiwöchigem Krankenhausaufenthalt (eine schwere, sich aus der Grippe entwickelte Lungenentzündung) nur auf einen Sprung in Ohlsdorf und, wegen Nebel, bis nächsten Dienstag zu erreichen A 5621 St.Veit im Pongau, Land Salzburg, Sonnhof.«
Beide Aufführungen erfolgen wie geplant: die Uraufführung am Wiener Akademietheater am 17. Mai 1975 in der Regie von Ernst Wendt und die Deutsche Erstaufführung im Württembergischen Staatstheater in Stuttgart am 21. Mai 1975 in der Regie von Claus Peymann.
[308; handschriftlich auf Papier des Hotel BelvédÉre, St. Moritz]
St. Moritz
12. 2. 75
Lieber S. U.,
es war für mich ein ganz u. gar herrlicher Aufenthalt u. ich danke Ihnen für Idee u. Einladung – auf meinen Geist hat der Tag seine beste Wirkung getan. Ich bin überzeugt, daß unsere Zukunft gut ist, sie ist ganz klar u. folgerichtig die unseren Motiven entsprechende beste! 1
Ihnen eine glück- u. [freudebringende] SCHI-WOCHE
Th. B.
1 S. U. notiert in seinem Reisebericht Zürich—St. Moritz—Poschiavo, 9.-16. Februar 1975 :
»In Chur traf ich Montagabend Thomas Bernhard , der mit mir nach St. Moritz fuhr und zwei Tage blieb. Es war insgesamt ein sehr produktives Gespräch. Gegenüber weiteren finanziellen Zusicherungen erhielten wir die Möglichkeit, den ›Präsidenten‹ nach unserem Urteil zu disponieren, und er hat uns versprochen, Ende April das Manuskript des Romans ›Korrektur‹ abzugeben; dies definitiv.«
S. U. hält in der Chronik unter dem Datum des 7. Februar 1975 fest, wie es zu diesem gemeinsamen Urlaub kam: »Telefonat mit Thomas Bernhard. Er rebelliert dagegen, daß ich in Urlaub gehe, während jetzt die Entscheidungen für den ›Präsidenten‹ in Wien fielen. Er verlangte mein Kommen nach Salzburg, das lehnte ich ab. Ich regte an, er solle nach St. Moritz kommen, das lehnte er ab. Minuten später rief er an, daß er mich doch in St. Moritz besuchen würde.«
[309; Anschrift: Ohlsdorf]
Frankfurt am Main
19. Februar 1975
Lieber Thomas Bernhard,
ich habe Ihnen noch sehr für Ihre Zeilen zu danken, die Sie mir in St. Moritz hinterließen. Auch ich habe den Eindruck – und er hält an —, daß wir gemeinsam das Beste machen.
Die Verhandlungen mit der Bank sind aufgenommen.
Ich erinnere nochmals an Ihr Versprechen, uns das Manuskript »Korrektur« bis Ende April abzugeben. Sie gaben mir Ihr Wort, und ich baue darauf.
Nun habe ich noch eine Bitte, die wir in St. Moritz nicht besprachen. Es geht um die von mir herausgegebene Sammlung »Erste Lese-Erlebnisse«. Wäre es Ihnen nicht möglich, hierzu doch noch einen kurzen Text zu schreiben. Dies müßte doch möglich sein, und es wäre bedauerlich, wenn Sie in dieser Sammlung fehlen würden. Bitte springen Sie über den Schatten, gehen Sie zur Maschine und schreiben Sie Ihre Erinnerung nieder. Ich würde mich sehr freuen.
Herzlich,
Ihr
[Siegfried Unseld]
[310]
Ohlsdorf
24. 2. 75
Lieber Siegfried Unseld,
heute kam Ihr Brief, in welchem Sie mich an die zwei ersten
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