Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld
wieder besser, jedenfalls besser als an dem Tag, an dem Sie in Salzburg waren. Er habe nicht alles mit Ihnen besprochen, und aus diesem Grunde möchte er gerne im Oktober nach Frankfurt kommen.«
Der Weltverbesserer wird am 6. September 1980 unter der Regie von Claus Peymann in Bochum uraufgeführt. Siehe Anm. 1 zu Brief 411.
[368; Anschrift: 〈Klettenbergstraße 35〉]
Ohlsdorf
15. 10. 78
Lieber Siegfried Unseld,
ganz ohne Sentimentalität will ich für Ihren Brief vom Freitag danken und mit grosser Entschiedenheit und Zuneigung zu meinem Verlag und Verleger vor allem die drei Punkte aufzeigen, die ich in Frankfurt habe vorschlagen wollen. Es sind das drei Wünsche, die mir im Hinblick auf die nächste Zukunft notwendig erscheinen, will ich in Ruhe und Schwung meine Arbeit vorantreiben:
erstens erbitte ich ab Jänner 79 zweitausend Mark monatlich,
zweitens die komplette Streichung meines Darlehens,
drittens, dass Sie mir vierzigtausend Mark nach Wien mitbringen.
Die monatlichen Zahlungen sollten wir sechs Jahre laufen lassen und mit Ende 85 befristen.
Die Streichung des Darlehens geht auf Ihren eigenen Vorschlag im Juli zurück, ich wünschte sie sehr.
Die vierzigtausend sind zur augenblicklichen Generalreinigung meiner Finanzen notwendig.
Die Zukunft bringt, wie wir vereinbart haben, vor allem im nächsten Jahr den Roman, der aber doch im Mittelpunkt des Programms stehen sollte mit allen Schubkräften des Verlegers und seiner Leidenschaft. »Der Weltverbesserer« kommt im Jänner oder Feber mit Minetti heraus, und in der Bibliothek Unseld , was mein Glück vollständig machen müsste, in Weiss auf Schwarz. 1
Und jetzt, um die Gewichte richtig zu verteilen: die sogenannte Autobiografie in unserem ungezogenen Salzburger Haus, werde ich, wenn das von Ihnen gewünscht ist, nicht mehr fortsetzen.
Über alle diese Punkte will ich kommenden Freitag um zehn Uhr vormittag mit Ihnen telefonieren. Vor allem deshalb, weil ich letzten Freitag am Telefon völlig vergessen habe, dass ich die ganze nächste Woche in Malta bin und also gar nicht in Wien sein kann, was mir in der Begeisterung, Sie zu treffen, aus meinem Kopf gefallen war. Ich bin, wenn ich es erlebe, genau von Sonntag bis Sonntag in Malta, Hotel Cavalieri, in welchem die Ingeborg B. 2 vor Jahren gewohnt hat.
In den Kammerspielen will ich gern im November auftreten, die Leute sollen mir schreiben, wann.
Ich bin sehr unglücklich darüber, nächste Woche in Malta und nicht in Wien zu sein. Aber die Maltareise steht schon monatelang auf dem Programm und ist unaufschiebbar.
Den Brief schicke ich in die Klettenbergstrasse, weil ich denke, das ist besser.
Die besten Wünsche für die Messe
natürlich auch Ihrer Frau
herzlichst
Thomas B.
1 Der Weltverbesserer , der in der Programmvorschau als Einzelausgabe im Hauptprogramm angekündigt war, erscheint im März 1979 – mit schwarzem Umschlag und weißer Schrift – in der Bibliothek Suhrkamp.
2 Ingeborg Bachmann und Th. B. waren befreundet mit Alfred Griesel, der ein Hotel in Malta leitete.
[369; Anschrift: Ohlsdorf; Telegrammnotiz]
Frankfurt am Main
16. Oktober 1978
Erinnere Sie an Ihre Zusage für die Münchner-Abendlesung – Münchens Kulturreferent Kolbe wird Ihnen morgen telegraphieren 1 – herzliche Grüße und auf Wiedersehen spätestens am 26. Oktober in Wien – Ihr Siegfried Unseld 2
1 Am 9. November schreibt Burgel Zeeh an Th. B.: »Lieber Thomas Bernhard, die Münchner Veranstalter werden leicht unruhig, weil von Ihnen noch keine Zusage zum 23. November vorliegt. Ich habe die Herren zunächst beruhigt, da Sie ja Herrn Dr. Unseld gegenüber zusagten, ich habe aber dringlich darum gebeten, Ihnen statt Telegrammen endlich einen Brief zu schreiben, in dem die Einzelheiten festgehalten sind. Ich hoffe, das ist inzwischen geschehen.«
2 Das Treffen findet statt und wird von S. U. im Reisebericht Wien, 25.-26 Oktober 1978 geschildert:
»Nach Regularien der Höflichkeit, Grüße hin, Grüße her, Übergabe von signierten Exemplaren des ›Stimmenimitators‹ für Burgel Zeeh und mich. [. . .] dann präzis und ausführlich unsere Details. Ausgangspunkt war der Brief v. Thomas Bernhard vom 15. 10. 1978. Die Geldsumme. Die erhöhte monatliche Zahlung. Die Streichung des Darlehens. Unterzeichnung neuer Vereinbarungen; ich hatte sie am Morgen nochmals gelesen, und an einer Stelle war mir selbst der Ton nicht mehr angenehm. Exakt an dieser Stelle
Weitere Kostenlose Bücher