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Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld

Titel: Der Briefwechsel Thomas Bernhard/Siegfried Unseld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund Fellinger
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Verhängung eines Lieferstopps seiner sämtlichen Bücher nach Österreich zu verzichten, machten sich beide daran, die Rechte an der Autobiographie auf den Suhrkamp Verlag zu übertragen. Die Bemühungen schreiten relativ weit voran (am 16. Oktober 1987 trifft man sich in Frankfurt und verfaßt einen gemeinsamen Brief – und am selben Tag schreibt Bernhard handschriftlich den liebenswürdigsten Brief der gesamten Korrespondenz), am 4. November 1988 ist mit der Uraufführung von Heldenplatz in Wien wieder eine Schlacht gewonnen: da trifft ein auf den 20. November datierter Brief von Bernhard ein, der die Publikation eines weiteren Buches im Residenz Verlag mitteilt. An diesem Punkt hielt der Verleger offensichtlich all seine Bemühungen um diesen Autor samt und sonders für vergeblich. Nur so ist das für Unseld untypische Eingeständnis zu verstehen: »ich kann nicht mehr« (S. 805). Bernhard reagiert in seiner Antwort zunächst barsch (»wenn Sie, wie Ihr Telegramm lautet, ›nicht mehr können‹, dann streichen Sie mich aus Ihrem Verlag und aus Ihrem Gedächtnis« – S. 806), doch wählt er als Schlußformel: »Ihr Sie sehr respektierender Thomas Bernhard«. Dieser Gruß fördert dann die letzte Begegnung zwischen Thomas Bernhard und Siegfried Unseld in Salzburg 14 Tage vor dem Tod des Autors.
Warum haben es die beiden so lange mit- und gegeneinander ausgehalten? Liest man unter diesem Blickwinkel die Korrespondenz, fällt auf, daß jeder sein Geheimnis dem Gegenüber ausgeplaudert hat, obwohl wir nicht wissen, ob der Partner es auch als solches zur Kenntnis genommen hat: Wie oben zitiert (S. 822), führt Bernhard den Begriff der »Spannung« an, wenn er bezeichnen will, was ihn und sein Schreiben antreibt. Nur durch unablässige Auseinandersetzung mit allem und jedem kann er seine intellektuelle Existenz beibehalten. Unseld seinerseits schreibt seinem Autor 1969 (S. 121): »Es gibt Leute, die meinen, ich sei ein Spielertypus. Wenn das stimmt, so beanspruche ich aber eine besondere Art, etwa so, daß ich die Spiele meist sehr ernst betreibe, indem ich gewinnen will, während ich die ernsteren Dinge eher versuche, spielerisch zu lösen.« Und die große Herausforderung für ihn war es, mit dem ernsten Autor spielerisch umzugehen.

Editorische Notiz
     
    Die vorliegende Edition beruht auf den Originalbriefen, die im Thomas-Bernhard-Archiv in Gmunden und im Archiv des Suhrkamp Verlags aufbewahrt werden. Hat sich nur ein Durchschlag des Originals erhalten, ist die Unterschrift des Absenders in eckige Klammern gesetzt. Briefe von und an Dritte wurden nicht in den Korpus aufgenommen, aber vollständig oder in Auszügen in den Kommentar integriert.
Unter Briefen werden gefaßt: hand- und maschinenschriftliche Briefe, Post- und Ansichtskarten, Telegramme oder Telegrammnotizen, Briefentwürfe, erschlossene Briefe sowie Rundbriefe von Siegfried Unseld an Autoren des Verlags.
Die Anschrift bei den Briefen von Thomas Bernhard an Siegfried Unseld ist jeweils, wenn nicht anders ausgewiesen, der Frankfurter Verlagssitz: bis zum 31. März 1963 in Frankfurt: Untermainkai 13, bis zum 31. Dezember 1968 Grüneburgweg 69, sodann die Lindenstraße 29-35. Die Anschrift bei den Briefen von Siegfried Unseld an Thomas Bernhard wird mit den vereinfachten Ortsbezeichnungen seiner Wohnsitze (Ohlsdorf bzw. Wien) wiedergegeben, die bei Erstnennungen in den Anmerkungen erläutert sind. Handelt es sich bei dem Ort des Adressaten um eine Konjektur, steht der Ort in spitzen Klammern.
Hinzufügungen der Herausgeber werden durch einfache eckige Klammern markiert. Doppelte Klammern enthalten ein Wort, das eine Verschreibung behebt. Bei nicht sicher nachweisbaren Hinzufügungen (beispielsweise, wenn der Ort der Niederschrift eines Briefes nicht eindeutig zu ermitteln ist, aber als wahrscheinlich angenommen werden kann) wird ein Fragezeichen ergänzt. Wenn nicht als handschriftlich ausgewiesen, sind die abgedruckten Dokumente maschinenschriftlich. Handschriftliche Zusätze, die den Wortlaut des Satzes modifizieren (also keine Korrektur von Tippfehlern darstellen), werden an der entsprechenden Stelle zwischen senkrechten Strichen wiedergegeben.
Die Wiedergabe der Briefe von Thomas Bernhard folgt in Orthographie und Interpunktion dem Original (Ausnahme: bei Groß- und Kleinbuchstaben wurde generell die Schreibung mit Umlaut gewählt). Die in der Regel diktierten Briefe und Reiseberichte von Siegfried Unseld folgen in Orthographie und

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