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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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neigte und sich dabei splitternd verformte, eine Zeitlang seine Umgebung. Jemand berührte seine Schulter; er richtete sich auf und blickte in das braune Gesicht des Freundes. Was hätten sie tun können, um den jungen Ruderer aus Gubla zu retten? Ptah-Netjerimaat hielt einen Krug in den Händen. Seine Finger zitterten, er setzte zweimal zum Sprechen an.
    »Bier, Kari. Trink. Der alte Meeresgott hat uns geholfen. Das Große Grüne hat uns vernichten wollen, wie den Jungen, nicht wahr?«
    »Rebideka hat's umgebracht. Er war schon halb tot, ehe er über Bord gerissen wurde.«
    Karidon trank in kleinen Schlucken das bittere Bier mitsamt den Schrotkörnern. Er spülte den Mund aus, spuckte in den Sand und traf Idris, der schwere Henkelkrüge aufs Trockene zerrte. Er merkte es nicht. Karidon leerte den Krug zur Hälfte und hörte, während im Takt des Herzschlags sich die Schmerzen über seinen Körper ausbreiteten, die raue Stimme Jehoumilqs.
    »Die Riffe haben ihm das Genick gebrochen. Früher hätt ich gesagt: das Wasser muss aus dem Schiff.« Die Stimme klang ungewohnt; als wäre der Kapitän nahe daran, zu weinen. »Jetzt sag ich: der Rest der Horus muss aus dem Wasser. Bringst du noch ein Feuer zuwege, Hesqe?«
    »Ich versuch's«, rief Hesqemari vom Heck, bis zu den Knien im Wasser, in dem Krüge und Binsenblätterballen schwammen. »Von der Glut ist nichts mehr da. Alles ersoffen.«
    Holx-Amr war im Winkel zwischen Deck und Heckwand zusammengesackt und lehnte daran, als wären Arme und Beine gebrochen. Ptah und Karidon schleppten sich hinüber und halfen; Karidon setzte den Krug an Holx' Mund. Der Steuermann öffnete die Augen, trank gierig und verschluckte sich. Er hustete, holte keuchend Luft und packte den Krug. Bier lief aus den Mundwinkeln auf seine Oberschenkel.
    »Ich bin tot«, murmelte er. »Ich hab's bloß noch nicht gemerkt. Habt ihr Rebid gefunden?«
    Er hielt den Krug an die Brust gepresst und starrte seine Zehen an. Ptah-Netjerimaat und Karidon rutschten über das schräge Deck und kletterten in den Sand hinunter. Aus einem vier Ellen langen Loch reichten Sagarqa und Mlaisso Teile der Ladung hinaus. Bis zum obersten, trockenen Teil des Strandes hatte sich eine Kette gebildet; Krüge, Ballen, Kästen und triefende Ledersäcke gingen von Hand zu Hand. Ptah und Karidon halfen, treibende Krüge aufzufischen und in Sicherheit zu bringen. Die Bordwände der Horus waren unter der Wasserlinie nur noch ein Gitter aus Planken und Fugen unterschiedlicher Breite. An drei Stellen waren große Löcher aufgebrochen; überall sah man zerrissene Schnüre der Befestigung, losgerissene, erdpechgetränkte Leinenstreifen und Spreißel, die der Koch fürs Feuer einsammelte. Auf dem Meer spiegelte rötliches Sonnenlicht. Kadran kletterte vom Felsen herunter und rief:
    »Ich hab nichts von Rebid sehen können.«
    Die Bucht lag schon im tiefen Schatten. Hinter dem zusammengedrehten Wall des Treibguts versuchte Hesqemari Feuer zu machen. Karidon fühlte, während er Krüge durch den Sand zerrte, wie jeder Muskel, die Kopfhaut unter den salzverkrusteten Haaren, zahllose Beulen, Schnitte, Abschürfungen und Risse schmerzten. Abwechselnd schwitzte und fror er. Jehoumilq stapfte hin und her, tauchte hinter dem Heck auf die andere Seite und schleuderte zwei Taubündel und einen Sack über die Treibholzbarriere.
    »Cabul!« Er spuckte aus. »Widerwärtig! Ekelhaft!«
    Graue Rauchwölkchen zogen aus dem Inneren eines Kegels aus feuchtem Holz in die Höhe. Erdpechtropfen schmorten summend.
    »So. Es hat wohl wenig Sinn, jetzt loszugehen und Hilfe zu suchen.« Der Kapitän stemmte die Fäuste in die Seiten und blickte zum Wrack. »Wir leben; wahrscheinlich ist nicht die ganze Ladung ruiniert. Der arme Rebideka. Ich hab's ihm ein dutzendmal gesagt.«
    »Sehen wir zu«, sagte Holx-Amr und ließ die Äxte vor Karidons Zehen in den Sand fallen, »dass wir essen und schlafen. Dein Entschluss, Kapitän, ein neues Schiff bauen zu lassen, steht wohl endgültig fest?«
    »Bei allen Göttern, die uns vernichten wollten, und bei den wenigen, die uns geholfen haben – mein erster Gang in Gubla führt uns zu Mulkar und Sibon.« Jehoumilq sah zum Feuer. Kleine Flammen leckten am salzigen Treibholz hoch. »Obwohl ich nicht weiß, wie ich's bezahlen kann. Hapischiffe! Gut zum Rudern auf dem Strom. Ich hab's tausendmal gesagt. Aber auf den dicken Jehoumilq hört ja keiner von euch Rômet!«
    Er starrte Ptah und Hesqemari anklagend an. Beide zuckten

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