Der Bürohengst (Finn Falkner Reihe)
Wut. Aber ich glaube, das wäre dem Schicksal in meinem Fall zu langweilig gewesen.
Mein Handy piepst und ich gehe schrubbend zum Spint zurück. Eine Nachricht von Lukas: Letzter Tag! Wann bist du morgen da?
Oh Mann, wenn Lukas nicht gewesen wäre … Ich finde es total süß, wie er sich kümmert. Aber ich habe auch gemerkt, dass er sich in letzter Zeit zurückgehalten hat. Nicht wie erwartet die tausend SMS und ständigen Mails und Drängeleien wie sonst. Irgendwas ist da passiert, als er zu Besuch war. Jetzt bin ich plötzlich derjenige, der sich zurückhalten muss. Und ich habe gute Gründe dafür! Ich weiß natürlich, dass er von mir wissen will, wann er mich vom Bahnhof abholen kann. Da bekomme ich gleich wieder ein schlechtes Gewissen. Das ist aber auch alles blöd gelaufen! Ich habe ihn meinen Eltern als guten Freund vorgestellt. Dann ist Marco aufgetaucht, den ich als meinen festen Freund angepriesen habe, kombiniert mit einem längst überfälligen Outing. Ich will gar nicht wissen, was meine Eltern denken, weil ich Marco noch am selben Abend vor die Tür gesetzt und bei Lukas im Gästezimmer geschlafen habe. Wenn meine Eltern nicht ganz taub sind, haben sie eh schon mitbekommen, dass Lukas in den Tagen zuvor bei mir im Bett zugange war. Und dann präsentiere ich ihnen einen erwachsenen Mann als Liebhaber und stelle kurz darauf fest, dass anstatt Liebhaber wohl eher psychotisches Arschgesicht treffender gewesen wäre. Eigentlich wäre es fair gewesen, Lukas als meinen neuen Freund vorzustellen. Immerhin hat er genau den Part übernommen, der im Grunde dem Partner zufällt: dasein, wenn es nötig ist. Ja, er hat mir durch den Scheiß geholfen, den Marco erst fabriziert hat. Nur, dass da noch immer die Sache mit Mara ist …
Beim Gedanken an Mara wird mir wieder leicht mulmig. Verdammt, dank Lukas habe ich die ganze Sache ziemlich gut verdrängt. Aber morgen fahre ich zurück und muss mir langsam überlegen, wie ich das in Ordnung bringe. Lukas hat mir zwar versichert, dass zwischen ihnen nichts mehr läuft, weil es wohl nicht geklappt hat, aber – ich habe da so meine Zweifel.
Ich weiß noch nicht, wann ich morgen da bin. Meld mich dann , schreibe ich zurück. Ich will ihn überraschen.
Ich kann nicht leugnen, dass ich für Lukas was empfinde. In den zwei Wochen ist eindeutig mehr passiert als pure Lust. Aber ich bin mir absolut unsicher, ob es wirklich so klug wäre, mich darauf einzulassen. Alles in mir schreit förmlich danach. Doch Lukas gegenüber wäre das wohl alles andere als fair. Selbst wenn ich das Problem mit Mara weglasse, bleibt da noch die ziemlich sexlastige Geschichte mit Marco und dem Schichtleiter. Verdammt, im Internet schwirren Videos von mir und diesem Bennytrottel herum! Das mit Lukas und mir kann gar nichts werden auf Dauer!
„Guten Morgen!“
Ich schrecke aus meinen Gedanken hoch und sehe in das verschlafene Gesicht von Kevin, dem Werkstudenten vom Nachbargebäude.
„Hi“, nuschle ich am Zahnpastaschaum vorbei, wobei ich mir einen ordentlichen Klecks auf die Brust sabbere.
Kevin lacht. „Schaumparty?“
„Tollwut!“ Ich spucke noch mehr Schaum durch die Gegend. Erschrocken halte ich mir die Hand vor den Mund und pruste los. Blöderweise verschlucke ich mich gleich auch und laufe hustend zum Waschbecken zurück. Verdammt, wie peinlich! Aber ich muss trotzdem lachen – und ohne Ende husten. Ich brauche sicher zwei oder drei Minuten, bis der Anfall vorbei ist. Kevin hat sich in der Zeit schon umgezogen und grinst mich jetzt frech an. Im Spiegel sehe ich, dass mein Gesicht total rot ist.
„Verdammte Scheiße!“ Ich bemühe mich um ein halbwegs anständiges Lächeln.
„Heute ist dein letzter Tag, oder?“
„Ja, woher …“
„Hast du vor ein paar Tagen erwähnt.“ Plötzlich sieht Kevin gar nicht mehr so fröhlich aus. „Schade eigentlich …“
Auf eine süße Art wandelt Kevin ja schon langsam auf Bennys Spuren. Ich erinnere mich, dass er mich am Dienstag oder Mittwoch letzte Woche noch mal über Umwege gefragt hat, ob ich nicht doch mal mit ihm ausgehen will. Ich stelle wieder fest, dass ich das Angebot nur zu gern annehmen würde. Aber nicht in diesem Leben. Dafür ist bei mir schlicht zu viel falschgelaufen. Als ich vor ein paar Wochen schon die erste Annäherung abgelehnt habe, stand mein Entschluss fest. Ich will auf keinen Fall einen unschuldigen Jungen in mein chaotisches Sexleben hineinziehen. Ganz egal, wie süß er darum bittet. Und
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