Der Bürohengst (Finn Falkner Reihe)
Wahnsinn und gnadenlose Wut. Wenn noch irgendwas in mir gezweifelt hat, dass dieser Mann ein Psychopath ist, dann ist der Zweifel nun ausgeräumt.
Schreiend federe ich von der Matratze wieder zurück. Mein Körper ist eine einzige Anspannung. Kraft! Ich brauche mehr Kraft! Meine Hand erwischt die offene Tür. Wie in Zeitlupe schwingt sie ins Bild, verdeckt den rasenden Marco, der schon viel zu nah ist. Kraft! Mit aller Kraft ramme ich meine Schulter gegen die Tür. Meine Beine stemmen sich dem Aufprall entgegen, der unweigerlich folgen muss.
Und dann kracht Marco von der anderen Seite vor die Tür. Der Schlag geht durch mich durch. Ich habe das Gefühl, zusammengestaucht zu werden. Meine Schuhe finden auf dem Teppich keinen Halt. Ich trete nach, stemme mich der Wucht entgegen. Gleich ist es geschafft. Nur noch ein kleiner Spalt! Im Schlafzimmer sind Lukas und ich erst mal sicher! Warum ist die Polizei noch nicht da? Wie lang braucht die denn für sowas?
Marco schreit vor Wut. Der Spalt wird größer. Ich weiß, dass er viel stärker ist als ich. Plötzlich habe ich wieder Tränen in den Augen. Was soll das eigentlich? Hat sich die Natur etwas dabei gedacht, dass man bei größter Gefahr vor Angst losheult und nichts mehr sehen kann?
Dann greift Marcos Hand herein, erwischt mich am Kopf. Ein brennender Schmerz breitet sich über meine Kopfhaut aus, während mein Gesicht gegen die Tür knallt. Mit einem Mal tut nur noch alles weh. Aber ich denke an Lukas. Ich darf Marco nicht hereinlassen! Also gebe ich nicht nach, egal, wie sehr er an meinen Haaren zieht. Die Sohle meins rechten Schuhs hat sich unter dem Türspalt verkeilt. Ich stemme mich noch mal mit aller Kraft gegen die Holzfläche und setze meinen Fuß nach. Aber inzwischen hat Marco fast seinen gesamten Arm im Zimmer. Seine Finger krallen sich in meine Haare und er schlägt mich mit Wucht mehrmals vor das Holz. Ich höre es klopfen, doch ich weigere mich, das mit meinen Schmerzen in Verbindung zu bringen. Und dann drückt sich die Tür langsam über meine Schuhsohle und klemmt meine Zehen ein. Ich schreie. Marcos Schulter presst sich unnachgiebig in den Spalt. Jetzt zerrt er mein T-Shirt nach hinten und versucht, mich aus dem Tritt zu bringen. Der Halsausschnitt schneidet mir die Luft ab. Ich traue mich nicht, irgendwas dagegen zu tun. Nur eine falsche Bewegung und ich kann die Tür nicht mehr halten! Plötzlich knallt es …
Ich weiß nicht, was passiert ist, aber mit einem Mal liege ich neben Lukas auf dem Boden. Meine Nase blutet heftig. Marco stürzt herein. Sein Gesicht ist eine Fratze des Hasses. Ich trete ihm gegen die Beine. Gleichzeitig arbeitet mein Hirn das Geschehene auf. Er hat mich nach hinten gezogen, nur um meinen Kopf mit Anlauf gegen die Tür zu donnern. Ganz entfernt kann ich das dumpfe Pochen fühlen, das meinen Schädel ausfüllt.
Ich versuche, den nächsten Angriff wieder abzuwehren, doch mein Schuh rutscht auf Marcos Oberschenkel ab. Jetzt ist er über mir. Panisch versuche ich, ihn abzuhalten. Ich sehe seine Faust, drehe den Kopf zur Seite, schließe die Augen und … Wumm!
… End
Ich spüre, dass sich jemand an mich drückt. Ganz leicht streichelt eine Hand über mein Gesicht – über die Seite, die nicht wehtut. Verdammt, ich habe unglaubliche Kopfschmerzen! Mein Schädel brummt wie verrückt. Ich versuche die Augen zu öffnen, aber irgendwie kann ich nicht. Fühlt sich auf der blöden Seite auch so an, als läge irgendwas darüber.
Dann zucke ich plötzlich zusammen, weil mir mit einem Mal alles einfällt. Marco, Lukas, der Notruf, der Kampf an der Tür, mein Scheitern und die Faust …
„Nein!“, schreie ich und will aufspringen.
Sofort drückt mich eine Hand wieder runter. Ich weiß, dass es Marco ist. Er hat mich bewusstlos geschlagen und jetzt liege ich hier – wo eigentlich?
„Pscht, ich bin ja da“, sagt eine Stimme, die gerade nicht zu meiner Gefühlslage passt. Es ist Lukas. Lukas …
„Alles ist gut. Wir sind in Sicherheit!.“
Ich versuche die Augen zu öffnen, aber mein rechtes scheint zugeschwollen zu sein vom Knock-out. Das Linke ist viel zu müde. Außerdem habe ich Angst vor der Helligkeit hinter den Lidern. Ich glaube, wenn mir auch nur ein Fünkchen Licht ins Auge kommt, wird mein Kopf explodieren.
„Ich bleibe bei dir. Alles ist gut“, sagt Lukas.
„Erzähl – mir …“, presse ich hervor.
Lukas flüstert nah an meinem Ohr. „Du hast die Polizei gerufen. Die sind gerade
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