Der Buick: Roman (German Edition)
ganz genau wissen willst. Den bewahren wir immer noch an der gleichen Stelle auf wie damals – in einer Kaffeedose in der Küche.«
» Ja, da kam das her«, sagte Arky. » Die arme alte Kaffeedose hat im Laufe der Jahre ganz schön was hergeben müssen.« Er stand auf und streckte sich ebenfalls. » Ich muss los, Jungs und Mädels. Im Gegensatz zu einigen von euch habe ich auch noch ein Privatleben. Aber bevor ich gehe: Willst du noch was wissen, Neddie? Über diesen Tag damals?«
» Alles, was du mir erzählen magst.«
» Sie haben D begraben. Und gleich daneben haben sie die Werkzeuge vergraben, mit denen sie das Vieh erschlagen hatten, das ihn vergiftet hat. Darunter auch meinen Pfostenlochbohrer, und für den hab ich nie eine Entschädigung aus der Kaffeedose gekriegt!«
» Weil du eben kein PP -Formular ausgefüllt hast«, sagte Shirley. » Ich weiß, diese Schreibarbeiten sind echt lästig, aber …« Sie zuckte mit den Achseln, wie um zu sagen: So geht’s nun einmal zu in der Arbeitswelt.
Arky sah sie an und runzelte argwöhnisch die Stirn. » PP ? Was ist denn das für ’n Formular?«
» Das ist die Persönliches-Pech-Liste, die du jeden Monat ausfüllst und an den Kaplan schickst«, erklärte ihm Shirley mit vollkommen ernster Miene. » Mein Gott, so einen norwegischen Holzkopf wie dich hab ich ja noch nie gesehen . H aben sie dir bei der Armee denn gar nichts beigebracht?«
Daraufhin gab Arky ihren Händen einen Klaps, lächelte aber dabei. Er hatte im Laufe der Jahre schon viele Neckereien einstecken müssen, glauben Sie mir – sein Akzent forderte das geradezu heraus. » Ach, geh mir doch.«
» Bist ihr auf den Leim gegangen, Arky«, sagte ich. Ich lächelte ebenfalls. Ned lächelte nicht. Ned sah aus, als wären die Scherze und Neckereien – unsere Methode, allmählich wieder zum Alltag zurückzukehren – glatt an ihm vorbeigegangen.
» Wo warst du, Arky?«, fragte er. » Wo warst du, als das alles passiert ist?« Uns gegenüber warf Eddie seinen Pick-up an und schaltete die Scheinwerfer ein.
» Im Urlaub«, sagte Arky. » Auf der Farm meines Bruders in Wisconsin. Also diese Sauerei musste wer anders wegmachen.« Das sagte er mit großer Befriedigung.
Eddie fuhr vorbei und winkte uns zu. Wir winkten zurück, Ned auch. Aber er blickte immer noch bekümmert.
» Ich muss auch los«, sagte Phil. Er trat seine Zigarette aus, stand auf und schnallte seinen Gürtel enger. » Junge, belass es dabei: Dein Dad war ein ausgezeichneter Polizist und hat der Troop D Ehre gemacht.«
» Aber ich will doch wissen …«
» Es spielt keine Rolle, was du wissen willst«, sagte Phil freundlich. » Er ist tot, und du bist am Leben. Das sind die Tatsachen, wie Joe Friday immer gesagt hat. Nacht, Sarge.«
» Nacht«, sagte ich und sah Arky und Phil nach, die gemeinsam über den Parkplatz gingen. Der Mond schien mittlerweile schon so hell, dass ich sehen konnte, dass keiner der beiden auch nur einen kurzen Blick zum Schuppen B hinüberwarf.
Blieben nur noch Huddie, Shirley und ich. Und der Junge natürlich. Curtis Wilcox’ Sohn, der zu uns gekommen war, Rasen gemäht, Laub geharkt und Schnee geräumt hatte, wenn es für Arky draußen zu kalt war; Curts Junge, der aus der Footballmannschaft ausgestiegen und stattdessen zu uns gekommen war, um zu versuchen, seinen Vater gewissermaßen noch ein wenig länger am Leben zu erhalten. Ich erinnerte mich daran, wie er sein Annahmeschreiben vom College hochgehalten hatte wie ein Wettkampfrichter bei der Olympiade seine Wertung, und angesichts dessen, was er alles durchgemacht und wie viel er verloren hatte, schämte ich mich, dass ich wütend auf ihn war. Aber er war nicht der einzige Junge in der Geschichte der Menschheit, der seinen Vater verloren hatte, und wenigstens hatte es ein Begräbnis gegeben und stand der Name seines Vaters auf der Gedenktafel vor der Kaserne, neben denen von Corporal Brady Paul, Trooper Albert Rizzo und Trooper Samuel Stamson, der in den Siebzigerjahren umgekommen war und bei der PSP manchmal auch » Pump-gun-Trooper« genannt wurde. Bis zu Stamsons Tod beförderten wir unsere Pumpguns in Halterungen unter dem Wagendach – wenn man seine Waffe brauchte, musste man nur hochfassen und hatte sie zur Hand. Trooper Stamson kam bei einem Auffahrunfall ums Leben, als er auf dem Standstreifen des Turnpike hielt und sich Notizen machte. Der Kerl, der auf ihn auffuhr, war betrunken und hatte beim Aufprall knapp hundertsiebzig Sachen drauf. Der
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