Der Buick: Roman (German Edition)
Streifenwagen wurde zusammengequetscht. Der Benzintank explodierte nicht, aber Trooper Stamson wurde von seiner eigenen Gewehrhalterung geköpft. Seit 1974 bewahren wir unsere Pumpguns in einer Halterung unter dem Armaturenbrett auf, und seit 1973 steht Sam Stamsons Name auf der Gedenktafel. » Auf dem Stein«, wie wir sagen. Ennis Rafferty wird in den Akten als vermisst geführt, und deshalb steht sein Name nicht auf dem Stein. Die offizielle Story über Trooper George Morgan lautet, er sei beim Reinigen seiner Waffe ums Leben gekommen (eben jener Ruger, die Mister Dillon von seinen Qualen erlöste), und da er nicht im Dienst starb, steht sein Name ebenfalls nicht auf dem Stein. Man kam nicht auf den Stein, wenn man nur infolge des Dienstes starb; darauf hat mich Tony Schoondist einmal hingewiesen, als er sah, dass ich die Namen betrachtete. » Und das ist wahrscheinlich auch besser so«, sagte er. » Sonst hätten wir ein Dutzend Gedenktafeln hier draußen.«
Gegenwärtig ist der jüngste Name auf dem Stein der von Curtis K. Wilcox. Juli 2001. In Erfüllung seiner Pflicht. Es war nicht schön, nur den in Granit gemeißelten Namen seines Vaters zu haben, wenn man doch unbedingt den Vater selbst haben wollte, aber es war immerhin etwas. Ennis’ Name hätte dort auch eingemeißelt sein sollen. Dann hätte seine zickige Schwester herkommen und ihn sich ansehen können. Aber dem war nicht so. Und was war ihr geblieben? Der Ruf, eine alte Hexe zu sein – das war ihr geblieben. Sie hatte uns all die Jahre lang geplagt, und es war unmöglich, sie zu mögen, aber Mitleid konnte man schon mit ihr haben. Sie stand letztlich mit noch weniger da als dieser Junge, der wenigstens mit Sicherheit wusste, dass sein Vater tot war und dass er nicht eines Tages betreten grinsend wieder ankommen und eine wilde Geschichte auftischen würde, die seine leeren Taschen erklären sollte und seine Bräune und warum ihm das Wasserlassen so höllisch wehtat.
Ich hatte kein gutes Gefühl bei dem, was wir an diesem Abend getan hatten. Ich hatte gehofft, die Wahrheit würde Ned helfen (sie mache einen frei, hat mal jemand gesagt – wahrscheinlich ein Idiot), und nun schwante mir, dass sie alles eher noch schlimmer gemacht hatte. Die Befriedigung ihrer Neugier mochte ja vielleicht Katzen wieder zum Leben erwecken, aber auf Ned Wilcox’ Gesicht konnte ich keinerlei Befriedigung entdecken. Ich sah dort lediglich hartnäckige, eher erschöpfte als gestillte Neugierde. Den gleichen Blick hatte ich von Zeit zu Zeit auf Curtis’ Gesicht gesehen, meistens, wenn er in dieser Bauzaunpose an einem der Tore von Schuppen B stand – breitbeinig, mit der Stirn am Fensterglas, die Augen etwas zugekniffen und einen nachdenklichen Zug um den Mund. Aber ist das, was über Blutsbande weitergereicht wird, nicht die stärkste Kette überhaupt? Was da an Gutem und Schlechtem und Katastrophalem von einer Generation auf die nächste übergeht?
» Soweit bekannt ist, hat sich Brian Lippy einfach nur nach neuen Weidegründen umgesehen«, sagte ich. » Das könnte sogar stimmen; wir haben nie was Gegenteiliges gehört. Und das hat alles auch seine guten Seiten: Dass er verschwunden ist, hat seiner Freundin möglicherweise das Leben gerettet.«
» Das bezwei fl e ich«, grummelte Huddie. » Ihr nächster Macker war bestimmt wieder so ein Brian Lippy, bloß mit ’ner anderen Haarfarbe. Die suchen sich doch immer wieder Typen aus, die sie verprügeln. Ohne die blauen Flecken am ganzen Körper wüssten die doch gar nicht, wer sie sind.«
» Sie hat ihn nie als vermisst gemeldet«, meinte Shirley. »Das kann ich dir sagen, jedenfalls ist nichts in der Richtung über meinen Schreibtisch gegangen, und ich bekomme sämtliche Vermisstenmeldungen hier aus der Gegend zu Gesicht. Und auch keiner seiner Verwandten hat ihn vermisst gemeldet. Ich weiß ja nicht, was aus ihr geworden ist, aber er war so ein typischer Fall von ›Ein Glück, dass wir den los sind‹.«
» Aber du glaubst doch nicht, dass er einfach nur aus dem Auto geklettert und weggelaufen ist, oder?«, sagte Ned Huddie. » Schließlich warst du doch dabei.«
» Nein, das glaube ich tatsächlich nicht«, sagte Huddie. » Aber was ich glaube oder nicht, spielt keine Rolle. Der Sarge hatte schon recht, als er uns damals den ganzen Abend lang den springenden Punkt bei der Sache eingebläut hat: Wir wissen es nicht .«
Es war, als hätte der Junge ihn nicht gehört. Er wandte sich wieder an mich: » Was ist mit
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