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Der Buick: Roman (German Edition)

Der Buick: Roman (German Edition)

Titel: Der Buick: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Pulsieren füllte mein Gehirn aus und brannte jeden bewussten Gedanken weg. Ich rutschte wieder auf den Buick zu, und die Absätze meiner Schuhe schabten über den Betonboden. Gleich würde ich auf ihn zugleiten, und einen Augenblick später würde ich in ihn hinein fliegen, wie ein Vogel, der in ein Düsentriebwerk gesogen wurde. Und der Junge würde mit mir fliegen, wahrscheinlich noch mit Splittern des Türpfostens unter den Fingernägeln. Er musste mit mir fliegen. Meine Kettenmetapher war buchstäbliche Realität geworden.
    » Sandy! Nimm meine Hand!«
    Ich reckte den Hals, sah mich um und war nicht unbedingt erstaunt, Huddie Royer zu erblicken – und Eddie hinter ihm. Sie waren zurückgekommen. Sie hatten dafür etwas länger gebraucht als Arky, aber sie waren da. Und das nicht etwa, weil Steff ihnen einen Code D durchgegeben hätte; sie waren mit ihren Privatfahrzeugen unterwegs gewesen, und das Funkgerät der Kaserne war sowieso vorübergehend lahmgelegt. Nein, sie waren einfach so gekommen.
    Huddie kniete im Eingang und hielt sich mit einer Hand fest, damit er nicht hineingesogen wurde. Das Haar auf seinem Kopf bewegte sich nicht, und sein Hemd kräuselte sich nicht, aber dennoch schwankte er wie im Sturm vor und zurück. Eddie hockte hinter ihm und schaute über Huddies linke Schulter. Wahrscheinlich hielt er Huddie am Gürtel fest, aber das konnte ich nicht sehen. Huddie streckte mir seine freie Hand hin, und ich griff nach ihr wie ein Ertrinkender. Ich kam mir auch vor wie ein Ertrinkender.
    » Und jetzt zieht, verdammt!«, knurrte Huddie Arky, Eddie und Steff Colucci an. Das violette Licht aus dem Buick blitzte in ihren Augen. » Zieht, was ihr könnt.«
    Sie zogen mit aller Kraft, und wir flutschten aus dem Schuppen wie ein Korken aus einer Flasche und landeten alle wild durcheinander auf Huddie. Ned keuchte, hatte sein Gesicht an meinen Hals gelehnt, und seine Wange und seine Stirn brannten mir auf der Haut wie Ascheglut. Ich spürte etwas Feuchtes: seine Tränen.
    » Au, Sarge, Mann, nimm deinen Ellbogen aus meiner Nase! «, schrie Huddie mit gedämpfter, empörter Stimme.
    » Macht die Tür zu!«, rief Steff. » Schnell, macht sie zu, ehe noch was Schlimmes rauskommt!«
    Da waren bloß ein paar harmlose grüne Käfer, aber trotzdem hatte sie recht. Denn das Licht war schlimm genug. Diese violetten Blitze.
    Wir lagen immer noch wirr durcheinander auf dem Asphalt, Arme hingen unter Knien fest, Füße klemmten unter Oberkörpern, und Eddie hatte sich irgendwie ebenso in dem Seil verfangen wie Ned und rief Arky zu, es habe sich um seinen Hals geschlungen und drücke ihm die Luft ab, und Steff kniete neben ihm und versuchte unter eine der hellgelben Schlaufen zu greifen, während Ned an mir keuchte und mit den Armen fuchtelte. Es war niemand da, der die Tür hätte zumachen können, aber dennoch knallte sie zu, und ich streckte den Kopf in einem Winkel hoch, der nur bei schierer Panik möglich ist, denn plötzlich war ich mir sicher, es wäre einer von ihnen, der ungesehen durchgekommen war und es uns nun ein wenig heimzahlen wollte, dass wir den anderen damals abgeschlachtet hatten. Und ich sah es auch, einen Schatten auf der weiß gestrichenen Seitenwand des Schuppens. Dann bewegte er sich, und der, der den Schatten warf, trat hervor, und im Dämmerlicht erkannte ich die Kurven einer Frau.
    » Auf halber Strecke hatte ich so ein Gefühl«, sagte Shirley mit zittriger Stimme. » Ein ganz schlimmes Gefühl. Und da dachte ich mir, die Katzen können noch ein bisschen warten. Hör auf, um dich zu schlagen, Ned. Du machst alles nur noch schlimmer.«
    Ned hielt augenblicklich still. Shirley bückte sich und befreite Eddie mit einer geschickten Handbewegung aus der Schlaufe um seinen Hals. » Na, siehst du«, sagte sie, und dann ließen ihre Beine sie im Stich. Shirley Pasternak sank auf den Asphalt und fing an zu weinen.
    Wir brachten Ned in die Kaserne und wuschen ihm in der Küche die Augen aus. Die Haut um die Augen war angeschwollen und rot, und sie selbst waren schlimm blutunterlaufen, aber er sagte, sein Sehvermögen habe nicht gelitten. Als Huddie zwei Finger hob, antwortete der Junge korrekt. Auch bei vieren.
    » Es tut mir leid«, sagte er mit geschwollenem Hals und verstopfter Nase. » Ich weiß nicht, warum ich das gemacht habe. Doch, das weiß ich schon, ich wollte es tun, aber nicht jetzt … nicht heute …«
    » Pst«, machte Shirley. In ihrer hohlen Hand schöpfte sie frisches Wasser und

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