Der Buick: Roman (German Edition)
Schulabschluss machen, will noch die Haarfarbe ihrer Kinder sehen. Er hat auch Pläne für seinen Ruhestand, Michelle und er haben viel darüber gesprochen, über das Wohnmobil, mit dem sie nach Westen fahren wollen, wo sie sich dann vielleicht niederlassen, aber nun wird er früher und allein und in den endgültigen Ruhestand versetzt werden. Und das Rauchen hätte er sich gar nicht abgewöhnen müssen, aber so was weiß man ja nie. – Jetzt ist die Sommersonne noch angenehm. Später wird es heiß werden, ein heißer Tag zum Sterben, aber noch ist es angenehm, und das Ding da drüben ist ruhig. Es bleibt jetzt immer länger ruhig. Und wenn sich mal ein Erdbeben ereignet, ist es nicht mehr so stark. Es lässt langsam nach – das denkt der zum Tode verurteilte State Trooper. Doch manchmal spürt Curtis immer noch seinen Herzschlag und hört seine leisen Rufe, und er weiß, dass man weiter darauf aufpassen muss. Das ist sein Job, und er ist ein schlichter Trooper geblieben, um das tun zu können. Seinen Partner hat der Buick 8 damals bekommen, und nun wird Curt klar, dass der Buick in gewisser Hinsicht auch ihn bekommen hat. Er hat sich nie in seinem Kofferraum eingeschlossen, wie Huddie Royer es 1988 fast getan hatte; und er hat ihn auch nicht bei lebendigem Leib verschluckt, wie er es wahrscheinlich mit Brian Lippy gemacht hatte; aber bekommen hatte er ihn dennoch. Der Buick ist in seinen Gedanken stets gegenwärtig. Er hört ihn flüstern, wie ein Fischer noch im Schlaf die See flüstern hört. Und auch ein Flüste rn is t eine Stimme, und etwas, was eine Stimme hat, kann …
Er wendet sich an Sandy Dearborn und fragt: » Passt es auf? Wartet es auf seine Chance? Sucht es sich den richtigen Moment aus?«
Dearborn – die alten Hasen nennen ihn hinter seinem Rücken immer noch » der neue Sarge« – muss nicht fragen, worüber sein Freund da redet. Wenn es um das Ding im Schuppen B geht, sind sie alle eines Sinnes, und manchmal glaubt Curtis, es rufe auch noch denen zu, die sich von der Troop D haben wegversetzen lassen oder bei der PSP aufgehört und einen anderen, weniger gefährlichen Beruf ergriffen haben; manchmal glaubt er, es habe sie alle gezeichnet, genau wie die Amish in ihren schwarzen Kleidern und schwarzen Einspännern gezeichnet sind oder wie einem der Priester am Aschermittwoch ein Aschenkreuz auf die Stirn streicht oder wie Kettensträ fl inge, die einen nicht enden wollenden Graben ausheben, gezeichnet sind.
» Ich bin mir fast sicher: nein«, sagt der neue Sarge.
» Aber es hat mit der größten Horrorshow gewartet, bis mal kaum jemand in der Kaserne war«, sagt der Mann, der sich das Rauchen abgewöhnt hat, damit er sehen kann, wie seine Kinder aufwachsen und ihm Enkelkinder schenken. » Als hätte es das gewusst. Als könnte es denken. Beobachten. Abwarten.«
Der neue Sarge lacht – ein belustigtes Lachen, in dem nur ein Hauch Geringschätzung mitklingt. » Was dieses Thema angeht, bist du echt meschugge. Als Nächstes erzählst du mir noch, der Buick hätte einen Strahl oder so was ausgesandt, der dafür gesorgt hat, dass der Tanklaster damals mit dem Schulbus zusammengestoßen ist.«
Trooper Wilcox hat seinen Kaffeebecher auf der Bank abgestellt, damit er seinen Hut abnehmen kann – seinen Stetson. Er fängt an, ihn an der Krempe im Kreis zu drehen, eine alte Angewohnheit von ihm. Ihnen schräg gegenüber hält Dicky-Duck Eliot vor der Zapfsäule und betankt dann den Wagen 12. Er sieht sie auf der Bank und winkt ihnen zu. Sie winken zurück, aber der Mann mit dem Hut – dem grauen State-Trooper-Stetson, der nur Stunden später im Gestrüpp zwischen Limodosen und Imbissmüll enden wird – behält dabei den neuen Sarge im Blick. Sein Blick fragt, ob man das ausschließen könne, ob man überhaupt irgendwas ausschließen könne.
Der Sarge sagt gereizt: » Wieso beseitigen wir ihn dann nicht einfach? Damit ein für alle Mal Schluss damit ist. Wir schleppen ihn auf die Wiese, kippen Benzin rein, bis es zu den Fenstern wieder rausläuft, und stecken ihn dann einfach an.«
Curts sonst ausgeglichener Blick kann sein Entsetzen nicht ganz verbergen. » Das wäre vielleicht das Gefährlichste, was wir überhaupt damit tun können«, sagt er. » Vielleicht will es sogar, dass wir das tun. Vielleicht soll es genau das provozieren. Wie viele Kinder haben nicht schon Finger verloren, weil sie im Gestrüpp was gefunden haben, von dem sie nicht wussten, dass es eine Sprengkapsel war, und dann mit
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