Der Buick: Roman (German Edition)
Gehege in den Armen zurück zur Schuppentür. Mit den kastenförmigen Zimmerchen an beiden Enden sieht es aus wie eine sehr sonderbare Plastikhantel.
» Nimm das auf!«, ruft Curt, förmlich brodelnd vor Aufregung. » Nimm das auf!«
Und Tony nahm es auf. Sobald Curt aus dem Schuppen heraus ans Sonnenlicht tritt, zoomt das Bild auf das linke Ende des Geheges. Wir sehen Roslyn, die nicht mehr futtert, sondern munter umherhuscht. Sie bemerkt die Menschen um sie her und wendet sich direkt der Kamera zu, schnuppert mit zitternden Schnurrhaaren und strahlenden, aufmerksam blickenden Augen an dem gelben Plastik. Es sah niedlich aus, aber dafür hatten die Trooper in diesem Moment keinen Sinn.
Die Kamera schwenkt ruckelnd von ihr weg, den leeren Gang entlang auf das ebenfalls leere Springmaussportstudio am anderen Ende zu. Beide Luken des Geheges sind fest verschlossen, und durch das Loch für den Wasserspender käme allenfalls eine Mücke hindurch, aber dennoch ist Jimmy, die Wüstenspringmaus, verschwunden – ebenso verschwunden wie Ennis Rafferty und der Mann mit dem russischen Akzent, der den Buick Roadmaster überhaupt erst in ihr Leben gelenkt hatte.
Jetzt: Sandy
Ich hielt inne und trank dann mit vier großen Schlucken ein Glas von Shirleys Eistee. Davon blieb mir ein Eisbrocken mitten in der Stirn, und ich musste erst warten, bis der schmolz. Es ging schon aufs Ende der Geschichte zu – hatte ich mir das nicht vor einer Stunde oder so schon eingebildet? Ich schnaubte.
» Sandy?«, sagte Ned. » Alles klar mit dir?«
» Mir geht’s gut. Ich hab nur zu schnell was zu Kaltes getrunken. Man sollte ja meinen, dass ein Mann meines Alters gelernt haben sollte, dass man das nicht macht.«
Irgendwann war Eddie Jacubois dazugekommen. Er trug Zivil und saß am Ende der Bank, und seinem Blick nach bereute er es, sich dazugesetzt zu haben, zögerte aber noch, wieder zu gehen. Ich hatte keine derlei gemischten Gefühle; ich freute mich, ihn zu sehen. Nun konnte er seinen Teil der Geschichte erzählen. Falls nötig, würde ihm Huddie dabei helfen, und Shirley auch. 1988 war sie schon seit zwei Jahren bei uns, und Matt war nur noch eine Erinnerung, die gelegentlich durch eine Ansichtskarte mit Palmen drauf aus dem sonnigen Sarasota aufgefrischt wurde, wo er und seine Frau mittlerweile eine Fahrschule betrieben. Und das sehr erfolgreich, wenn man Matt glauben wollte.
» Ich musste eben dran denken, wie ungeschickt sich Tony mit der Videokamera angestellt hat«, sagte ich. » Dein Dad hatte das besser im Griff, Ned; der war ein richtiger Steven Spielberg, aber …«
» Könnte ich mir diese Kassetten mal ansehen?«, fragte Ned.
Ich sah Huddie an … Arky … Phil … Eddie. Und der Blick jedes dieser Augenpaare besagte das Gleiche: Das musst du entscheiden. Und das stimmte natürlich. Wenn man der Chef ist, trifft man die wichtigen Entscheidungen. Und im Allgemeinen gefällt mir das, wenn ich mal ehrlich sein soll.
» Ich wüsste nicht, was dagegenspräche«, sagte ich. » Es wäre mir nicht recht, wenn du sie aus der Kaserne mitnehmen würdest – sie sind schließlich Eigentum der Troop D –, aber hier? Klar. Du kannst sie dir mit dem Videorekorder oben im Aufenthaltsraum ansehen. Aber bevor du dir die Sachen anguckst, die Tony aufgenommen hat, solltest du ’ne Reisepille nehmen, sonst wird dir schlecht. Hab ich nicht recht, Eddie?«
Einen Moment lang schaute Eddie über den Parkplatz, aber nicht zu dem Schuppen, in dem der Roadmaster untergestellt war. Sein Blick schien auf der Stelle zu ruhen, an der bis 1982 oder so der Schuppen A gestanden hatte. » Darüber weiß ich nicht viel«, sagte er. » Ich erinnere mich auch nicht groß daran. Die meisten wichtigen Sachen waren schon passiert, als ich hier angefangen habe, weißt du.«
Sogar Ned wusste wohl, dass Eddie log; er war ein unglaublich schlechter Lügner.
» Ich wollte dir bloß sagen, dass ich die drei Stunden nachgearbeitet habe, die ich im Mai freigenommen hab, Sarge – du weißt doch, als ich meinem Schwager geholfen habe, sein neues Atelier zu bauen.«
» Ah«, sagte ich.
Eddie nickte beflissen. » Mhm. Ich mache jetzt Feierabend, und ich hab dir den Bericht über die Haschpflanzen, die wir hinten auf dem Feld von Robbie Rennert gefunden haben, auf den Schreibtisch gelegt. Also, ich fahr dann mal nach Hause, wenn’s dir nichts ausmacht.«
Damit meinte er, dass er ins Tap wollte, sein zweites Zuhause. Sobald er die Uniform aushatte, ging es in
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