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Der Buick: Roman (German Edition)

Der Buick: Roman (German Edition)

Titel: Der Buick: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Die einen brechen vor lauter Bosheit extra nicht zusammen, und die anderen sind einfach so reizend, dass ihnen manche Leute auch dann noch Rückendeckung geben, wenn es eigentlich schon überhaupt nicht mehr zu verantworten ist. Tom war einer von der ersten Sorte und bildete den letzten Spross eines Familienstammbaums voller feister Provinzpromis, der bis weit ins 19. Jahrhundert zurückreichte. Die McClannahans hatten einen Senator hervorgebracht, zwei Repräsentantenhausabgeordnete, ein halbes Dutzend Abgeordnete des Landesparlaments von Pennsylvania und zahllose Sesselpuper in der Verwaltung von Statler County. Tom war, nach allem, was man hörte, ein fieser Boss, der keine Ambitionen hatte, politisch weiter aufzusteigen. Lieber erzählte er Jungs wie Ned, denen man beigebracht hatte, nett und hö fl ich zu sein, dass sie gefälligst gehorchen und mal richtig ranklotzen sollten. Zufriedenzustellen war er dabei natürlich nie.
    » Antworte noch nicht auf diesen Brief«, sagte ich. » Ich will erst noch jemand anrufen.«
    Ich dachte, das würde ihn neugierig machen, aber er nickte nur. Ich sah ihn mir an, wie er mit seinem Annahmeschreiben auf dem Schoß dasaß, und fand, dass er eher wie ein Junge aussah, der an seinem Wunsch-College keinen Studienplatz bekommen hatte, und nicht wie einer, der auch noch ein üppiges Stipendium erhielt.
    Auf den zweiten Blick sah er dann aus wie einer, der nicht nur keinen Platz am College hatte, sondern dem auch ein Platz im Leben verwehrt war. Dem war nicht so – das bewies unter anderem der Brief von der Pitt –, aber ich hatte keinen Zweifel, dass er sich in diesem Moment genauso vorkam. Ich weiß nicht, warum man sich nach einem Erfolg oft niedergeschlagener fühlt als nach einem Misserfolg; ich weiß nur, dass es so ist. Und man bedenke, dass er gerade mal achtzehn war – genau im Hamlet-Alter.
    Ich sah wieder zum Schuppen B hinüber und dachte an das, was darin stand. Nicht dass auch nur einer von uns wusste, was es wirklich war.
    Am nächsten Morgen rief ich Colonel Teague in unserem regionalen Hauptquartier in Butler an. Ich erläuterte ihm die Lage und wartete dann, während er irgendwo anrief, vermutlich in Scranton, wo die großen Tiere hocken. Teague war bald wieder dran und hatte gute Nachrichten für mich. Dann sprach ich noch mit Shirley, aber das war kaum mehr als eine Formalität; sie hatte den Vater schon sehr gemocht, und an dem Sohn hatte sie nun einen Narren gefressen.
    Als Ned an diesem Nachmittag nach der Schule zu uns kam, fragte ich ihn, ob er nicht den Sommer über lieber – gegen Bezahlung – die Arbeit in der Leitstelle erlernen wolle, statt sich Tom McClannahans Gezeter anzuhören. Einen Moment lang schaute er benommen … fast schon wie weggetreten. Dann aber strahlte er übers ganze Gesicht. Ich dachte schon, er würde mich umarmen. Und er hätte es wohl auch getan, wenn ich ihm am Abend zuvor tatsächlich einen Arm um die Schultern gelegt hätte. Doch so ballte er nur die Fäuste, hob sie neben seine Wangen und stieß ein » Ja!« aus.
    » Shirley nimmt dich gern als Lehrling an, und Butler hat es offiziell genehmigt. Das ist natürlich was anderes, als für McClannahan einen Spaten zu schwingen, aber …«
    Jetzt umarmte er mich tatsächlich und lachte dabei, und ich hatte nichts dagegen. An so was könnte ich mich gewöhnen.
    Als er sich umdrehte, stand Shirley da, flankiert von zwei Troopern: Huddie Royer und George Stankowski. In ihrer grauen Uniform wirkten sie alle bierernst. Huddie und George trugen ihren Diensthut und sahen damit mindestens zwei Meter fünfzig groß aus.
    » Du hast nichts dagegen?«, fragte Ned Shirley. » Wirklich nicht?«
    » Ich werde dir alles beibringen, was ich weiß«, sagte sie.
    » Ach ja?«, meinte Huddie. » Und was lernt er dann in der zweiten Woche?«
    Shirley verpasste ihm einen Knuff mit dem Ellbogen. Sie traf ihn zielgenau oberhalb des Griffs seiner Beretta. Huddie keuchte übertrieben auf und schwankte hin und her.
    » Wir haben da was für dich, Kleiner«, sagte George. Er sprach ganz ruhig und schenkte Ned seinen besten Blick, der » Sie sind vor einem Krankenhaus neunzig gefahren« besagte. Eine Hand hielt er hinter dem Rücken verborgen.
    » Was?«, sagte Ned und klang dabei, trotz seiner offensichtlichen Freude, ein wenig ängstlich. Hinter George, Shirley und Huddie hatten sich ein paar weitere Trooper eingefunden.
    » Das darfst du nie verlieren«, sagte Huddie ganz ruhig und ernst.
    » Was denn?

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