Der Bund der Drachenlanze - 09 Ellen Porath
das bei nur drei Stunden Schlaf pro Nacht.«
Der Valdan lehnte an einem brokatüberzogenen Stuhl,
der dem glich, auf dem der Zauberer saß. Er wartete, bis
die Wut des Magiers von selbst nachließ. »Aber denk an
den Lohn, der dich erwartet, Janusz. Der Mann, der die
Eisjuwelen hat und ihr Geheimnis kennt, kann Krynn regieren. Denk an die Armeen, die durch ganz Ansalon
transportiert werden können! Den taktischen Vorteil!« Mit
roter Zunge leckte er sich die Lippen, so daß Janusz vor
Widerwillen die Augen abwandte.
»Denk an die Macht«, sagte der Valdan lächelnd. Er betrachtete den Magier. Dann griff er an seinen Gürtel und
zog einen verzierten Dolch. Während er Janusz absichtlich
übersah, prüfte er die Spitze, indem er sie über die dünne
Haut an seinen Pulsadern zog. Die Wunde blieb sauber
und blutete nicht. Dann schloß sie sich im Nu wieder, ohne
eine Narbe zu hinterlassen. »Sollen wir das Blutband weiter
auf die Probe stellen, Zauberer?« höhnte der Valdan. »Oder
bist du mir treu ergeben?«
»Nicht!« Unwillkürlich stieß der Magier einen Schrei aus.
Der Valdan lachte und steckte die Waffe in die Scheide
zurück. Immer noch lachend ging er zur Tür. Als er dort
war, meinte er, ohne sich noch einmal umzudrehen: »Denk
an deine Familie, Zauberer. Deine Geschwister wären inzwischen erwachsen, oder?«
An seine Familie denken? Als ob er sie je vergessen könnte. Die Tür fiel hinter dem rothaarigen Mann ins Schloß.
Als ob er sie je vergessen könnte.
Als Kind war Janusz so einnehmend gewesen wie viele
andere Kinder. Schon früh hatte er Begabung für die Magie
gezeigt, doch seine Familie war so arm gewesen wie alle
Tagelöhner in dem Reich nördlich der Stadt Kernen. Die
einzige Erleichterung ihrer erdrückenden Armut kam jedes
Jahr an Mittwinter, wenn die Bauern sich im Schloß des
Vaters des Valdan versammelten, um eine Gnade zu erbitten – ein besonderes Geschenk, das der Valdan selbst bestimmte.
Janusz’ Eltern, die mit zu vielen Kindern gesegnet waren
und wenigstens einem von ihnen eine Ausbildung ermöglichen wollten, hatten ihn mit zehn Jahren ins Schloß des
Valdan gebracht. Mit tiefer Verbeugung hatten sie den
Valdan gebeten, den Jungen an seinem Hof aufzunehmen
und zum Magier ausbilden zu lassen. Ganz sicher würde
der Junge es ihm durch treue Dienste reichlich vergelten.
Janusz sah jenes Mittwinterfest jetzt so deutlich vor sich,
als wäre es gestern gewesen. Er erinnerte sich an die besorgten blauen Augen des damaligen Valdan und den
scharfen, begeisterten Blick des Jungen in seinem Alter, der
auf einem kleinen Thron neben seinem Vater saß und jede
Bewegung des Herrschers nachahmte.
Der Valdan nahm Janusz und seine Eltern zur Seite, wo
sie außer Hörweite des restlichen Ho fs taats waren. Ja, erklärte der Valdan dem Paar, er war mit ihrem Plan einverstanden, allerdings unter einer Bedingung – der Junge
mußte einem durch Magie besiegelten Blutband zwischen
sich und dem kleinen Sohn des Valdan zustimmen.
Dann nahm der Valdan den kleinen Janusz beiseite. »Ich
hab’ schon von dir gehört«, hatte der alte Valdan gesagt,
der sein zerfurchtes Gesicht nah an das des Jungen heranbrachte. Er roch nach Krankheit. Seine Hände waren ausgedörrte Klauen. »Ich habe gehört, daß du schon früh Begabung für die Magie gezeigt hast. Meine Berater sagen
mir, daß du sehr mächtig sein wirst, wenn du groß bist.« Er
hustete, griff nach dem Jungen und lehnte sich schwer auf
dessen Schulter. »Es wirft ein gutes Licht auf deine Eltern,
daß sie sich wünschen, daß der Hof aus deiner beachtlichen
Begabung seinen Nutzen zieht.« Janusz hatte auf den
Marmorboden gestarrt, weil er nicht wußte, was er sagen
sollte. Er wußte, warum er und seine Eltern, Sabrina und
Godan, hier waren. Sie erwarteten ein weiteres Kind, doch
die Hütte im Tal war schon jetzt zu eng für die Familie. Der
Mann und die Frau brauchten starken Nachwuchs, Kinder,
die vom ersten Hahnenschrei bis zum Abend auf den Feldern arbeiten konnten. Dieser schmächtige, leicht ermüdende Junge hatte durch seine Taschenspielereien auf
Jahrmärkten nur ein kleines Zubrot verdienen können.
»Junge?« hatte der Valdan geflüstert. Der kleine Janusz
hatte dem Mann in die Augen geblickt, die von Schmerzfurchen umgeben waren. Dann sah er seine Eltern an. Seine
Mutter hielt ihre geflickte Robe vor sich zusammen, doch
man sah ihre Schwangerschaft.
»Ich bin einverstanden«, sagte er entschlossen.
»Ein
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