Der Bund der Illusionisten 3: Brennender Wind (German Edition)
es nicht wollte?
16
Sobald der Unterricht bei Yetemith beendet war, ging Arrant zu seinem Vater, froh darüber, dass der Illusionist sich gerade in Madrinya aufhielt. Er dachte gar nicht daran, Temellin zu verheimlichen, was geschehen war. Wieso Firgan dachte, dass er es seinem Vater nicht erzählen würde, war ihm schleierhaft. » Er glaubt, er kennt mich«, murmelte Arrant, » aber in Wirklichkeit tut er das nicht.« Er blieb vor der Tür zu Temellins Gemächern stehen und schöpfte Trost aus diesem Gedanken, während er sich für die bevorstehende Unterhaltung wappnete.
Sein Vater liebte diese Räume inzwischen, die beinahe das ganze Jahr über von hellem Sonnenlicht erfüllt waren und in denen es in der ersten Wärme der Wüstenperiode nach Zitronen- und Orangenblüten roch und nach reifen Früchten, wenn sich das Wetter änderte. Hellesia hatte dies bemerkt und dafür gesorgt, dass Geißblatt, Kletternder Jasmin und Mondblumenreben an den Steinmauern des Gartens angepflanzt worden waren.
In die Wände des Arbeitszimmers waren Springbrunnen im tyranischen Stil eingelassen, und das Tröpfeln des laufenden Wassers war jetzt ständig zu hören. Die meisten Magori, die ihn besuchten, hielten es für eine ausländische Vorliebe und Wasserverschwendung, und sie verdammten die Ausgaben. Andere allerdings, die toleranter waren, sagten, dass einem Mann mit eingeschränkter Sehfähigkeit ein oder zwei Vorlieben gegönnt sein sollten; so könnte er wenigstens etwas Angenehmes hören. Nur Arrant, Garis und Temellin kannten den wirklichen Grund: Das beständige Plätschern machte es jedem draußen unmöglich, irgendwelche Gespräche zu belauschen, die im Zimmer stattfanden. Die meisten Magori hätten nicht einmal erkannt, dass es überhaupt eine Notwendigkeit für derartige Vorsichtsmaßnahmen gab; das Tabu, die Sinne zum Lauschen zu benutzen, war so groß, dass sie so etwas niemals in Betracht gezogen hätten. Sein Vater allerdings vertraute nicht mehr allen Magoroth.
Bei Arrant rief so ziemlich alles in dem Zimmer Erinnerungen an Dinge wach, die er lieber vergessen wollte. Die Gerüche erinnerten ihn daran, dass sein Vater sich mit anderen Sinnen als dem Sehvermögen abfinden musste; die Springbrunnen waren eine Erinnerung daran, dass es Leute gab, die gegen den Illusionisten arbeiteten, von denen manche glaubten, dass er durch seine Blindheit unfähig geworden sei, während andere der Meinung waren, dass seine Liebe zu seinem Sohn ihn blendete, was die Zukunft von Kardiastan betraf. Dass er sich so sehr an diese Räume klammerte, war ein Beweis dafür, wie beschränkt das Leben des Illusionisten geworden war, seit er sein Augenlicht verloren hatte. Trotz seiner Streifzüge in die Illusion war der einst so dynamische, aktive Mann jetzt weit mehr nach innen gekehrt und sesshafter als je zuvor.
Als Arrant das Zimmer betrat, wusste er, dass sein emotionaler Aufruhr ihm bereits vorausgeeilt sein musste, denn die anderen beiden Anwesenden, Jahan und Jessah, wechselten verblüffte Blicke. Jessah fragte: » Möchtest du, dass Jehan und ich gehen?«
» Nein, ihr solltet es besser alle hören«, erwiderte Arrant. Er holte tief Luft und gab eine rasche Zusammenfassung der Ereignisse. » Firgan war heute in der Waffenkammer. Er hat mir mehr oder weniger offen gesagt, dass er Gerüchte über mich verbreiten wird. Dass ich Serenelle angeblich bedrängen und damit verstören würde. Schlimmer noch, er hat seine Hand an den Griff meines Magorschwertes gelegt. An das von mir und von Perry. Vermutlich an die anderen auch. Dann hat er Lesgath hereingerufen, der mein Schwert ebenfalls in die Hand genommen hat.«
Ihre Wut war als unmittelbarer Stoß quer durch das Zimmer zu spüren: fest und heiß. Jahan runzelte wütend die Stirn. » Perrys auch? Ich bringe diesen Mistkerl um.«
Temellins Hand fuhr in einer instinktiven, wütenden Geste an den Griff seiner eigenen Waffe, aber ansonsten bewegte er sich nicht. Als er sprach, klang er ruhig, aber verwundert. » Ich verstehe das nicht ganz. Wieso sollte Firgan dich wissen lassen, dass er dein Schwert in die Hand genommen hat?«
» Vielleicht als Warnung?«, schlug Jahan vor. » Es wäre eine Möglichkeit zu sagen: ›Wenn du uns angreifst, Arrant, dann stirbst du. Deine Schwertmacht wird sich gegen dich selbst richten, nicht gegen uns.‹«
» Wie zuvorkommend von ihm, wirklich«, bemerkte Temellin in trockenem Tonfall. » Und es sagt Arrant auch, dass er sich nicht gegen Firgan und
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