Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung
Knochen verletzten seine Lungen. Die Schläge waren immer brutaler geworden und hatten nach dem Bauch auch seinen Brustkorb erfasst, dann die Beine.
Sie hatten ihn blutend hängen lassen. Er zählte ein Dutzend
blutende äußere Wunden, und wenn er sich innerlich prüfte, dann waren dort zwei weitere. Eine davon, an der Leber, fühlte sich schwerwiegend an. Er hatte Schmerzen. Seine zerschlagenen Beine schickten Schmerzsignale in seinen Rücken, wenn er zu stehen versuchte, und sein Arm und die gebrochenen Rippen stachen, wenn er sich an den Handgelenken hängen ließ.
Durch die schlecht schließenden Vorhänge glaubte Ilkar, die erste Morgendämmerung sehen zu können. Sein Mut sank, und er fragte sich, ob es überhaupt noch sinnvoll war, weiter Widerstand zu leisten. Es kostete ihn seine letzten Kräfte. Es war besser, aufzugeben und sich dem Tod zu überlassen.
Er versuchte, Denser zu hassen. Ihn zu hassen, weil er den Raben zu diesem vergeblichen, verhängnisvollen Spiel verleitet hatte. Ihn zu hassen, weil er Xeteskianer war und schlief und nicht bemerkte, welche Qualen Ilkar litt.
Doch er stellte fest, dass es ihm nicht gelang. Denser hatte trotz seiner Überheblichkeit die Wahrheit gesagt. Die Beweise waren überwältigend. Die Entdeckung des Dawnthief-Pergaments, der Kampf mit den Destranas, Gresses Bemerkungen über die Streitmacht, die von den Wesmen aufgebaut wurde. Das alles passte dazu, dass die Wytchlords zurückkehrten und Xetesk sich bemühte, den einzigen Spruch, der sie besiegen konnte, in die Hände zu bekommen.
Er schauderte. Wenn er jetzt starb, musste er sich wenigstens nicht mehr an der Schlacht um Balaia beteiligen. Eine Schlacht, in der es vermutlich keine Sieger geben würde. Er atmete schwer und spuckte Blut, er keuchte vor Schmerzen, als seine Lunge gegen die gebrochenen Knochen stieß. Er streckte langsam die Beine, nahm etwas Druck von den tauben Armen und zuckte zusammen, als
die Quetschungen in den Hüften neue Schmerzen durch seinen Rücken schießen ließen.
Sie waren vor einigen Minuten gegangen. Ilkar runzelte die Stirn. Ob sie sich die Mühe machen würden, ihm weitere Fragen zu stellen? Bei den Göttern, er hoffte es. Wenigstens würde er dann wieder auf dem Stuhl sitzen dürfen. Wohin waren sie gegangen? Travers hatte gesagt, sie kämen gleich zurück. Ilkar fragte sich, ob sie inzwischen mit Denser redeten, doch er nahm an, dass der Magier noch von Drogen betäubt im Schlaf lag. Er schnaubte. Wahrscheinlich frühstückten sie nur oder so etwas.
Die Doppeltür am anderen Ende des Raumes ging auf, und Travers kam herein, flankiert von zwei Männern. Die Flasche in der einen und das Glas in der anderen Hand, begann der Hauptmann jetzt sichtlich zu torkeln.
»Die vierte Flasche!«, rief er und winkte Ilkar zu. »Vielleicht breche ich heute noch meinen Rekord.«
»Oder du stirbst beim Versuch, wenn wir Glück haben«, murmelte der Magier.
»Es tut mir leid, Ilkar, habt Ihr etwas gesagt? Ihr müsst schon lauter sprechen.« Travers schlenderte zum Stuhl, doch etwas anderes erregte Ilkars Aufmerksamkeit. Isman und ein zweiter Mann schleppten den bis zur Hüfte entkleideten Denser herein. Sein Kopf hing auf der Brust, die Füße schleiften über den Boden, und er sah aus, als sei er schon tot.
Sie pflanzten ihn auf einen Stuhl und rückten ihn zurecht. Sie mussten seine Schultern halten, damit er nicht auf den Boden rutschte. Travers lachte, und Ilkar drehte sich um. Der Hauptmann starrte ihn an.
»Das ist das Problem mit dieser Droge, die wir benutzen. Etwas zu viel, und man will überhaupt nicht mehr aufwachen. Es gab so viele Dinge, die wir Denser fragen mussten,
und es brauchte eine Menge Überzeugungskraft, um ihn aufzuwecken und zu überreden, mit uns zu sprechen«, sagte Travers selbstzufrieden und höhnisch. »Leider hat es recht lange gedauert, bis er sich unserer Ansicht angeschlossen hat.«
Ilkar konnte sich vorstellen, welche Schmerzen Denser litt. Er sah brutale rote Male auf dem Oberkörper, und hier und dort auch Schwellungen, die von einer Peitsche oder einem Gürtel herrühren mochten. Er konnte nur hoffen, dass der Xeteskianer noch von der Droge benommen war.
Travers trank jetzt direkt aus der Flasche und stand schwankend auf. Er torkelte einen Schritt zurück und wäre über den Stuhl gestolpert, wäre nicht ein Soldat so aufmerksam gewesen, ihn zur Seite zu ziehen. Das Gesicht des Hauptmanns war hellrot, die Augen verhangen, aber wild, die Brust hob
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