Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung
rechts, während er selbst nach links ging und Will zu sich rief. Sie stürmten in einen großen Raum mit Kaminen, in die gegenüberliegende Wand waren Fenster eingelassen. Eine Doppeltür in der hinteren rechten Ecke diente als Ausgang. Talan rannte darauf zu, heulte im Laufen, warf Stühle und Tische um und ließ das Schwert über die Steinwand klappern. Will bemühte sich, Talans Tempo zu halten, und seine anfänglichen Hemmungen schwanden rasch in seiner Begeisterung.
Auf Talans Zeichen hin war Richmond durchs Fenster gesprungen. Glas und Holz regneten in einen kleinen Hof hinab. Richmond stieß einen triumphierenden Schrei aus, zerdrückte Büsche und Pflanzen unter seinen Stiefeln und warf einen kurzen Blick zum Nachthimmel hinauf, als er sich zu der Tür bewegte, die er zu seiner Linken in der Wand zwischen den Fenstern erkennen konnte. Alun folgte ihm dichtauf. Als sie die Entfernung halb überwunden hatten, wurde die Tür geöffnet, und ein Schwertkämpfer trat in den Hof. Richmond brüllte noch einmal und lief schneller, doch der Schwertkämpfer lächelte nur und hielt die Stellung. Mit klirrendem Metall und sprühenden Funken begann der Kampf.
Jandyr und Thraun wechselten einen ungläubigen Blick, als Hirad durch die Doppeltür brach. Der Elf zuckte nur mit den Achseln, holte tief Luft und stieß einen kehligen Laut hervor, während er den Bogen fester packte. Thraun nickte, machte auf dem Absatz kehrt und rannte zur Tür in der
gegenüberliegenden Wand. Sein wahrhaft animalischer Schrei hallte laut zwischen den Wänden.
Jandyr legte einen Pfeil ein, trat die einzelne Tür auf, die direkt vor ihm lag, und blickte auf eine nach unten führende Treppe. Jetzt setzten seine Jagdinstinkte ein, und er schlich, den Bogen bereit, geräuschlos zur ersten Stufe. Seine Augen konnten die Dunkelheit mühelos durchdringen, und seine Nase zuckte, als er alten Schweiß, Urin und Blut roch.
Unten kam hinter Vorhängen gedämpftes Licht hervor. Er stieg vorsichtig und völlig geräuschlos die Treppe hinunter. Hinter dem Vorhang befand sich mindestens ein Mensch. Ein gedämpftes Husten hatte ihn verraten. Jandyr wechselte zur rechten Seite des Vorhangs, sobald er unten angekommen war. Als er erkennen konnte, dass der Mann nicht direkt hinter dem Vorhang lauerte, schob der Elf den Stoff mit der Hand, die den Bogen spannte, zur Seite, und hielt mit der anderen den Pfeil fest.
Der Anblick, der sich ihm daraufhin bot, ließ ihn beinahe laut auflachen.
Thraun hatte die Türen aufgerissen und schoss mit den fließenden Bewegungen eines Raubtiers hindurch. Ein einzelner Wächter stand vor einer weiteren Doppeltür auf der rechten Seite. Als der blutverschmierte Körper des Mannes zu Boden sank, orientierte Thraun sich rasch. Die Eingangshalle, in der er jetzt stand, war leer. Vor ihm die Haupttür, links weitere Türen. Er wirbelte herum, sah die nach oben führende Treppe, blickte kurz nach rechts, wo er Kampfgeräusche hörte, und rannte, immer drei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinauf.
Der Schrei erstarb auf Hirads Lippen, als er die Szene überblicken konnte. Es war ein großer Raum, mit Vorhängen
ausgestattet und kalt. An der Wand war Ilkar mit den Handgelenken angekettet. Der nach vorn gesunkene Kopf hob sich langsam.
»Hirad, den Göttern sei Dank.«
Der Barbar steckte das Schwert in die Scheide und rannte zum Magier hinüber. »Wenigstens lebst du noch«, sagte er, während er die Kette von Ilkars linkem Arm löste. Der Elf zuckte zusammen, als er freikam.
»Vorsicht«, warnte er. »Meine Rippen sind gebrochen.«
»Sonst noch etwas?« Hirad hielt inne und sah Ilkar in die Augen. Ilkar schaffte es, die Mundwinkel hochzuziehen.
»Beine, Bauch, Arme …«
Hirad nickte. »Stütz dich auf mich«, sagte er. Er drehte sich mit dem Rücken zu Ilkar, und der Magier legte ihm den Kopf auf die rechte Schulter. Dann langte er nach links und öffnete den Verschluss der zweiten Fessel. Ilkar musste sich festhalten, um nicht zu stürzen.
»Alles klar?«
»Nein, aber wenn ich den linken Arm um dich lege, kannst du mich zu einem der Stühle da drüben schleppen.«
Hirad sah in die angegebene Richtung und bemerkte Denser, der auf dem Rücken vor einem der Stühle lag. Die Katze schmiegte sich an seinen rechten Arm. Seine Brust hob und senkte sich und bebte immer wieder. Die beiden Rabenkrieger schlurften vorsichtig zu den Stühlen hinüber, wo Hirad Ilkar so sanft wie möglich absetzte. Dann richtete er
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