Der Bund des Raben 02 - Jäger des Feuers
hätte.«
»Was können wir dann tun?« Dystrans Stimme klang ein wenig verzweifelt.
»Lasst sie gehen und widerruft den Akt des Gebietens. Oder schickt einen Meuchelmörder, der Styliann tötet. Das sind die einzigen Möglichkeiten, die Protektoren unter Eure Kontrolle zu bringen.«
Dystran schnaubte. »Einen Mörder schicken? Styliann wird bald fünfhundert Protektoren um sich haben. Sogar die Wesmen hätten Schwierigkeiten, ihn zu erwischen, und wenn sie ihre ganzen Armeen schickten.«
Ranyl bückte sich, hob die Artikel der Bindung auf und klatschte sie Dystran vor die Brust. »In diesem Fall, mein Lord, würde ich in aller Demut vorschlagen, dass Ihr mit dem Lesen beginnt.«
Unter ihnen setzte sich die Protektorenarmee auf ein wortloses Kommando hin in Bewegung, als steuerte ein einziges Bewusstsein einen einzigen Körper. Dystran zuckte zusammen, das Herz schlug ihm bis zum Hals. Mit jedem Schritt und jeder Armbewegung strahlten sie ihre Macht aus. Sie liefen zum Südtor, das jetzt vom ganzen, unsanft geweckten Kolleg beobachtet wurde. Dystran schüttelte den Kopf. Sein Gesicht war vor Angst gespannt, und er sah mehr als nur einen fragenden Blick, der in seine und Ranyls Richtung geworfen wurde.
Am Tor stieß der vorderste Protektor den Torhüter energisch zur Seite, löste den Riegel und zog die schwere, mit Eisen verkleidete Holztür mithilfe von drei anderen auf. Ohne auch nur einen Schritt zu zögern, trabten die Protektoren in die dunklen Straßen von Xetesk hinaus. Dystran konnte sich Stylianns Gelächter lebhaft vorstellen.
Lord Tessaya sah mit verkniffener Miene zu, wie Styliann und seine schreckliche Truppe nach Norden jagten, während seine Krieger sich noch unter den barschen Kommandos seiner Hauptleute sammelten. Er rief seinen ranghöchsten General, einen Mann namens Adesellere, zu sich.
»Viertausend Mann sollen die Verfolgung aufnehmen, noch bevor die Morgendämmerung den Himmel aufreißt. Lass sie nicht entkommen. Schicke eine Nachricht an Riasu, dass ich fünftausend Mann aus der Reservetruppe binnen eines Tages hier haben will. Außerdem soll er sich sofort bei mir melden. Und schließlich sollst du persönlich die Verteidigung von Understone, am Pass und in der Umgebung organisieren. Achte auf Angriffe aus dem Süden.
Ich werde in zwei Tagen gegen Korina marschieren. Sorge dafür, dass jeder Kommandant seine Vögel bei sich hat. Hast du alles verstanden?«
»Ja, mein Lord«, sagte Adesellere, ein alter und vertrauenswürdiger Offizier, der von vielen Kämpfen vernarbt war. Er hatte einen kahlen Kopf und ein grimmiges Gesicht. »Soll ich bei den Verteidigungstruppen bleiben?«
Tessaya nickte und legte dem Mann eine Hand auf die Schulter. »Du bist einer der wenigen, denen ich trauen kann. Schicke Bedelao dem Magier hinterher. Ich werde meinen Kundschaftern im Norden und Süden Nachrichten senden. Ich habe das ungute Gefühl, dass wir unsere Pläne ändern müssen. Nicht alle meine Brüder unter den Anführern haben sich so verhalten, wie sie es hätten tun sollen.«
»Ich werde dich nicht enttäuschen, Tessaya.«
»Du hast mich noch nie enttäuscht.« Tessaya entließ Adesellere. Er blickte zum Exerzierplatz, über den der General jetzt rannte. Während er lief, brüllte er schon die
ersten Befehle an die Adresse seiner Leutnants, die versuchten, die Krieger ordentlich aufzustellen. Es verlief ganz und gar nicht wie geplant. Tessaya fluchte halblaut und überlegte, von welchem Punkt an es schief gegangen war.
Die Vernichtung der Wytchlords war sicher ein einschneidendes Ereignis gewesen, aber das war noch nicht alles. Der Angriff auf Julatsa war nicht schnell genug erfolgt, und im Süden war über Taomi offenbar eine Katastrophe hereingebrochen. Der Osten Balaias hatte eigentlich keine Chance mehr, aber es war nicht von der Hand zu weisen, dass es den Wesmen nicht gelungen war, auch nur eine einzige wichtige Führungsperson festzunehmen oder zu töten.
Wenn er die Lage nicht völlig verkannte, dann waren General Darrick, Baron Blackthorne und der Rabe immer noch am Leben und kämpften weiter. Und jetzt war auch noch Styliann nach Xetesk unterwegs, um die Magier zum Kampf zu rufen. Tessaya war zum Handeln gezwungen, und das schmeckte ihm nicht.
Senedai musste schleunigst die Kollegstädte besetzen, und Adesellere musste etwaige Vorstöße aus dem Süden aufhalten, damit er selbst an der Spitze von zehntausend Wesmen schnell und ohne Störungen nach Korina marschieren konnte. Er
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