Der Bund des Raben 02 - Jäger des Feuers
wir …«
Der Schlachtlärm und das Knallen der Sprüche, die Gebäude und Menschen trafen, wurde von einem Heulen übertönt. Es war ein langer Laut voller Zorn und Kummer, der in ein schrilles Jaulen überging, dann war ein Bellen zu hören. Einen Moment lang war es still in Julatsa, dann ging die Schlacht weiter.
»Schild ist unten«, sagte Ilkar. »Was, zum Teufel, war das?«
»Bei den Göttern.« Auch Erienne hatte ihre Mana-Gestalt verloren. »Das war Thraun.«
»Will«, sagte der Unbekannte. »Der arme Will.«
Ein weiteres Heulen war zu hören.
»Was wird er jetzt tun? Was wird Thraun jetzt tun?«, fragte Ilkar.
»Ich weiß es nicht«, sagte Erienne. »Aber wir müssen so schnell wie möglich zurück. Wenn er überhaupt auf jemanden hört, dann auf uns.«
»Zuerst müssen wir die Gefangenen befreien. Also los«, sagte Hirad. Er wandte sich an Denser, der mit seinen Schattenschwingen vor ihm stand. »Erienne, du fliegst mit Denser, wenn er dich halten kann. Ihr setzt eure Sprüche am besten aus der Luft ein. Ilkar, Feuerkugeln und dann das Schwert, bitte. Wir wollen nicht noch einen Schild verlieren. Um Thraun und die Totenwache für Will kümmern wir uns später.« Der Verlust des Rabenkriegers bedrückte ihn, doch jetzt mussten sie sich auf das konzentrieren, was unmittelbar vor ihnen lag. »Der Rabe zu mir.«
Ein drittes Heulen hallte zwischen den Wänden der Gasse. Dieses Mal war es näher. In den Straßen von Julatsa ging der Wolf um.
24
Dystran fluchte und warf das Buch auf den Boden. Er lehnte sich über die Brüstung des Balkons, der früher einmal Styliann gehört hatte, und betete zur Hölle, dass der ehemalige Herr vom Berge möglichst bald seine gerechte Strafe finden möge.
Dystran und seine Helfer hatten gewusst, dass Styliann noch lebte, als sie ihn aus seinem Amt verdrängt hatten. Sie hatten auch gewusst, wie wichtig die Protektoren waren, um die Macht des Amtes zu behalten. Und doch hatte unter ihm auf der makellos gepflegten Wiese die ganze Protektorenarmee schweigend Aufstellung genommen, Ehrfurcht gebietend und entsetzlich. Sie warteten.
Zuerst hatte Dystran Styliann nicht glauben wollen und war wieder in einen unruhigen Schlaf gefallen. Doch ein hektisches Klopfen an seiner Schlafzimmertür hatte ihn nicht lange danach aus dem Bett gescheucht. Er war ins Arbeitszimmer geeilt und auf den Balkon getreten und musste zusehen, wie die Protektoren ihre Unterkünfte verließen und sich in der kühlen, windigen Nacht versammelten. Ohne Eile, aber sehr zielstrebig waren sie angetreten,
der Fackelschein spiegelte sich orangerot auf den Masken, auf dem polierten Leder und den Schnallen ihrer Stiefel und ihrer Kleidung.
Sie hatten sich im Laufe von einer Stunde versammelt, aber Dystran hatte nicht die ganze Zeit zugesehen. Er war zurück ins Arbeitszimmer gestürmt, hatte sich die Artikel der Bindung vom Bücherregal neben dem Schreibtisch geschnappt und fieberhaft die Seiten durchgeblättert. Der Akt des Gebietens war dort niedergeschrieben, unübersehbar. Doch in seinem Stolz und seiner überwältigenden Freude, sein Ziel erreicht zu haben, und von der Machtfülle seiner neuen Position berauscht, hatte er sich nicht die Mühe gemacht, es nachzuschlagen.
Die Niederschrift der Überlieferung zum Akt des Gebietens war die modernste im Kolleg. Styliann selbst hatte sie verfasst und dafür gesorgt, dass die Aufhebung ein langwieriger, komplizierter Vorgang war. Bis er den Text gründlich studiert, den Kreis der Sieben versammelt und die Meditationen vollendet hatte, würden acht Tage vergehen. Jetzt lagen die Artikel vor seinen Füßen, und die aufgeschlagene Seite flatterte im leichten Nachtwind.
»Wir müssen sie aufhalten«, murmelte er.
»Aber was wollt Ihr tun?«, fragte sein wichtigster Vertrauter, ein älterer, grauhaariger Magier namens Ranyl.
»Wir könnten die Tore mit Sperrsprüchen versehen«, sagte Dystran mit einer ungeduldigen Handbewegung.
»Sie würden die Tore einfach zu Kleinholz zerschlagen«, sagte Ranyl. »Kein Spruch ist stark genug, um sie festzuhalten, und auf einen Angriff werden sie reagieren, indem sie sich gegen denjenigen wenden, der den Befehl gegeben hat, sie anzugreifen oder Sprüche gegen sie einzusetzen. Das seid Ihr.« Der alte Magier sprach leise, aber voller Überzeugung. »Dort unten stehen vierhundertsiebzehn
Protektoren, und alle besitzen die ihnen eigene Abschirmung gegen die Magie. Ich wüsste, auf wen ich bei einem Kampf zu setzen
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