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Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit

Titel: Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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seinem Dach und drohte es loszureißen. Unablässig trommelte der starke Regen aufs Leder und sammelte sich auf dem Boden in einer Pfütze, ehe er bergab lief.
    Er war kein tiefer, kluger Denker wie die anderen. Nein, das war er nie gewesen. Er reagierte einfach auf das, was er sah, hörte und fühlte. Das war seine Stärke, aber auch sein Fluch. Er hatte keine Ahnung, was da am Abend in ihn gefahren war. Es wäre einfach gewesen, Denser die ganze Schuld zu geben, aber einen großen Teil der Schmach musste er auf sich selbst nehmen.
    Die Dinge hatten sich zugespitzt. Man hatte immer von ihm erwartet, dass er sprang und half, wenn andere in Not waren. Wenn aber die Dinge umgekehrt lagen, dann fanden die anderen unweigerlich irgendwelche Gründe, warum sie ihn im Stich lassen mussten. Denser war der Schlimmste. Er hatte sich sehr seltsam verhalten, seit sie ihm in Greythorne begegnet waren.
    Trotzdem wusste Hirad, dass er nicht hätte tun sollen, was er getan hatte. Der Mann sorgte sich offenbar um das Leben seiner Angehörigen, und das brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Dann redete er dummes Zeug. Es war ein Fehler gewesen, die Kaan mit hineinzuziehen.

    Wieder rief Hirad sich den Unbekannten vor Augen, wie er mit gezogenem Schwert vor ihm stand. Er sah die Klinge, die nicht schwankte, und die feste Absicht des Mannes. Es war ohne Vorwarnung gekommen. Der Unbekannte hatte, wie Hirad wusste, rein instinktiv gehandelt, doch ihm war auch klar, dass der große Mann ihn getötet hätte, wenn er den Xeteskianer noch weiter bedroht hätte. Schließlich war er dazu bestimmt, und auch wenn er aus dem Bann der Protektoren entlassen und seine Seele zu ihm zurückgekehrt war, das Vermächtnis dieser Zeit steckte noch in seinen Knochen.
    Und jetzt wusste Hirad nicht, wie er sich fühlen sollte. Wütend auf Denser, ja. Traurig, weil er den Unbekannten so weit getrieben hatte, gewiss. Auch enttäuscht, dass er gegangen war, ohne das Problem zu lösen. So etwas hatte es noch nie beim Raben gegeben. Der Rabe lief nicht weg. Doch er hatte es getan.
    In dieser Nacht konnte er nichts weiter tun. Ilkar wusste, dass er nicht sofort zurückkommen würde, und der Unbekannte würde vor Beginn der Morgendämmerung keinesfalls nach ihm suchen. Doch es gab eine Frage, die er sich stellen musste. Wollte er überhaupt gefunden werden? Als die Stunden vergingen und er immer wieder aus dem Schlaf aufschreckte, weil ihn der Wind, der Regen und das gelegentliche Donnergrollen störte, wurde die Antwort ziemlich klar.
    Hirad wachte eng zusammengerollt auf, wie er sich hingelegt hatte, um ein wenig vor der Kälte geschützt zu sein. In der Morgendämmerung nahm der Wind wieder zu, doch zum Glück ließ der Regen etwas nach. Hirad öffnete die Augen und starrte das straff gespannte Lederdach an, das zwischen den Seilen vibrierte. Er runzelte die Stirn und blinzelte in der Helligkeit des Morgens. Er
war überrascht, dass er nicht früher aufgewacht war. Doch das war noch nicht alles, was nicht stimmte. Trotz des Windes hätte er die Rufe der Waldvögel hören sollen, doch es war völlig still, und der Wind schien in totem Holz zu rauschen. Wie im Dornenwald.
    Er streckte sich im Liegen, rollte sich herum und setzte sich auf, rieb sich das Gesicht und kratzte seinen juckenden Kopf. Es war mal wieder Zeit, dachte er, dass Ilkar ihm die Milben abräumte.
    Er stand auf, trat geduckt unter dem Schutzdach hervor und streckte sich noch einmal. Sein Blick wanderte zu seinem Pferd, das in der Nähe stand.
    »Hallo, alter Junge, ich …« Dann brach er ab. Der Hengst stand stocksteif und mit aufgerissenen Augen da, seine Beine zitterten, und er war zu verängstigt, um wegzulaufen. Hirad sah nach links und folgte seinem Blick. Fünf Wölfe waren dort, teilweise im Schatten verborgen.
    »Bei den Göttern«, sagte Hirad. Sein Schwert lag in der Asche am Feuer. Wenn er einen Angriff auslöste, dann konnte er in Sekunden tot sein. So blieb er stehen und hoffte gegen alle Wahrscheinlichkeit, dass die Wölfe weiterzogen.
    »Ruhig, Junge«, sagte er zu seinem Pferd, doch die Worte waren ebenso an ihn selbst gerichtet.
    Die Wölfe standen dicht beisammen, der Anführer vorne, zwei Paare hinter ihm. Sie knurrten nicht, sie drohten nicht, sie ließen nicht erkennen, was sie wollten. Wie Hirad standen sie nur da und warteten. Das war nicht normal, und Hirad, der nicht gerade mit Geduld gesegnet war, sehnte sich nach einer Auflösung der Spannung. Nach irgendeiner

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