Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit
zugehört und fragte sich, ob Ilkar Recht hatte. Er wollte es gern glauben, doch er hatte auch den Blick in Hirads Augen gesehen, bevor der Barbar sich zurückzog, und das war nicht Verzweiflung gewesen, sondern Schock. Wenn der Barbar sich nicht erklären konnte, was geschehen war, dann würde er nicht zurückkommen, weil der Rabe, wie er ihn verstand, zu existieren aufgehört hatte.
»Das ändert nichts an der Tatsache, dass wir jetzt Gefangene sind. Ich konnte keine weitere Kommunion mehr
versuchen, und er«, er zielte mit dem Finger auf den Unbekannten, »er sollte eigentlich Wache halten. Ein schöner Protektor bist du.«
»Ist es ein neues Hobby von dir, die einzigen Leute vor den Kopf zu stoßen, denen du vertrauen kannst?« Ilkars Ohren zuckten und liefen rot an. »Du machst das wirklich gut.«
»Aber es ist doch wahr, oder?« Denser sah Ilkar böse an.
»Ich bin nicht mehr dein Protektor, und du bist nicht mein Gebieter, Denser«, sagte der Unbekannte. Seine Stimme war leise und drohend, und er versuchte, sich seine Betroffenheit nicht anmerken zu lassen. Vielleicht hatte er sie wirklich alle im Stich gelassen. Der Gedanke ließ sich nicht einfach verwerfen, auch wenn er reichlich Rechtfertigungen für sich in Anspruch nehmen konnte. »Keiner von uns konnte annehmen, dass diese Truppe die ganze Nacht reiten würde, um uns zu erwischen. Oder?«
»Aber du hast sie nicht gehört«, bohrte Denser. »Wie konntest du sie überhören? Es sind zweihundert, verdammt.«
»Aber nur Darrick ist ins Lager gekommen.«
»Warum hast du ihn dann nicht getötet?«, fragte Denser.
»Weil ich dich beschützt habe«, erwiderte der Unbekannte. »Und weil ich keine Lust hatte, als Zielscheibe für die Elfen-Bogenschützen zu dienen, die Darrick außerhalb meiner Sichtweite postiert hatte. Du magst dich für fähig halten, Bogenschützen, zweihundert Kavalleristen und zwei Dutzend Magier mit vorbereiteten Fernsprüchen zu überlisten. Ich nicht. Du lebst noch, weil ich mich entschieden habe, nicht zu kämpfen.«
»Aber zu welchem Zweck? Es ist doch offensichtlich, dass dein guter Freund Darrick nicht auf der gleichen Seite kämpft wie wir. Er wird uns doch kaum laufen lassen,
wenn wir Arlen erreichen. Was soll dann dabei herauskommen? Hast du überhaupt zugehört, als ich es erklärt habe? Nur ich kann es aufhalten.«
»Geduld«, sagte der Unbekannte. Es war leicht zu verstehen, dass Hirad der Kragen geplatzt war. Doch der Unbekannte konnte noch weiter sehen. Er sah die Verzweiflung in Densers Augen, er hatte seine Nervosität beobachtetet und sein Seufzen gehört, immer noch frustriert, obwohl sie sich in die richtige Richtung bewegten.
Denser wiederum hatte Darricks Unbehagen nicht bemerkt. Der General war zweifellos nicht begeistert davon, den Raben festzunehmen. Doch die Fähigkeit, Befehle zu befolgen, war ein Grund dafür, dass er ein so guter Soldat war. Wenn sie Arlen erreichten, war die Situation möglicherweise ganz anders, und der Unbekannte hatte die Absicht, mit Darrick zu reden. Er war ziemlich sicher, dass er das Unbehagen in Zweifel und den Zweifel in Insubordination verwandeln konnte.
Der Unbekannte war der Ansicht, dass es immer mehrere Möglichkeiten gab. Immerhin ritt er neben zwei der mächtigsten Magier in ganz Balaia. Das war ein Vorteil für den Raben. Er beschloss, für den Augenblick zu schweigen, lächelte in sich hinein und wandte den Blick, wie so oft, zum Himmel.
Thraun starrte den Menschen, den er als Rudelbruder erkannte, lange an, und bat das Rudel, ihn zu verschonen. Sie würden auch die Beute verschonen, obwohl ihnen beim Geruch des Fleischs das Wasser im Mund zusammenlief. Am Vorabend hatte er gegen ein Unwetter angeheult. Seine Stimme war im Prasseln des Regens und im Wind nicht zu hören gewesen. Es war ein übler Wind gewesen, der ihm Angst gemacht hatte.
Andere hatten jene verfolgt, die er brauchte. Er war nicht sicher, ob er sie töten sollte, und deshalb hatte er das Lager beobachtet, bis der Rudelbruder das Feuer verlassen und sein Pferd mitgenommen hatte. Als die Verfolger die anderen fanden, musste er einsehen, dass das Rudel ihnen nicht helfen konnte. Deshalb hatte er sie verlassen und den einen Mann beobachtet.
Der Rudelbruder hatte Angst gehabt, doch jetzt fürchtete er sich nicht mehr. Er würde ihnen helfen. Und sie würden ihm helfen. Allein war er gewiss verletzlich. Jetzt war er nicht mehr allein. Thraun leckte dem Mann die Hand, schnüffelte wieder zum Himmel
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