Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit
irgendwie sperrte er sich dagegen. Er kam wieder hoch, das Wasser türmte sich vor ihm auf, der Sturm hatte anscheinend beschlossen, dass der Barbar sein nächstes Opfer sein sollte. Wieder trat er Wasser, spürte die Luft im Gesicht und atmete tief ein.
»Ilkar!«, rief er in den Sturm hinaus.
Er legte sich auf den Rücken, ging wieder unter, versuchte, das Schwert in die Scheide zu schieben, obwohl ihm klar war, dass er es sich erlauben konnte, es zu verlieren, und dass es wichtiger war, beide Hände frei zu haben. Er sackte hinab und wollte nicht sterben. Endlich
glitt das Schwert in die Scheide. Er schwamm zur Oberfläche, kam an die Luft und rief seinen Freund.
Er sah hoch, und da war Ilkar, der aus der Dunkelheit und dem Hagelschauer zu ihm herunterkam.
»Pack meine Beine und lass ja nicht los.«
Ilkar schwebte über ihm und versuchte, nahe genug zu kommen, während der Wind ihn hin und her warf und das Wasser über seine Beine spülte. Hirad griff nach ihm und verfehlte ihn, trat Wasser, griff noch einmal zu, und jetzt konnte er sich endlich mit einer Hand festhalten.
»Los!«, rief er, und Ilkar stieg hoch. Er schwenkte den linken Arm herum und erwischte Ilkars Stiefelspitze, während der Magier hoch über die Wellen stieg.
Er hielt sich verzweifelt fest und kletterte Hand über Hand höher und hielt erst inne, als sein Kopf in Höhe der Knie des Elfen war und er die Arme fest um dessen Unterschenkel geschlungen hatte. In der Nähe sah er zwei weitere Gestalten. Denser und Erienne.
Er blickte zum Schiff zurück und fragte sich, ob die dordovanischen Magier sie verfolgten, doch für die Leute auf dem Schiff waren sie blitzschnell in der Dunkelheit verschwunden. Sie hatten es geschafft, und wer jetzt noch vom Deck hochflog, hatte keine Ahnung, wo sie zu finden waren.
»Wir haben es geschafft!«, rief er. »Verdammt auch, wir haben es geschafft!«
Vor Freude brüllend hing er an Ilkars Beinen und flog zur Calaianische Sonne zurück.
31
Der Kapitän der Meerulme empfand äußerste Befriedigung. Sein Schiff gehörte ihm zwar nicht mehr, viel zu viele Besatzungsmitglieder waren ermordet worden, und er versuchte gerade, den schlimmsten Sturm abzureiten, den er je im Südmeer erlebt hatte, und doch war er mit sich und seiner Welt im Reinen.
Er war soeben Zeuge einer Rettungsaktion geworden, die eigentlich keinerlei Erfolgsaussichten gehabt hatte und die dennoch vom Raben erfolgreich abgeschlossen worden war. Der Mann, der Selik mit einem einzigen Faustschlag gefällt hatte, glaubte offenbar einfach nicht daran, dass er jemals scheitern konnte.
Das von den Schwarzen Schwingen besetzte Schiff war nun wieder frei. Da Erienne fort war, konnten er und seine Mannschaft über ihr Schicksal frei entscheiden. Und sie würden sich entscheiden. Tryuun hatte beobachtet, wie die Rabenmagier das Schiff verlassen und den Krieger aus dem Meer gefischt hatten und in der Nacht verschwunden waren. Die Armbrustschützen und die dordovanischen Magier fanden keine Ziele, weil die
Rabenkrieger sofort von der Dunkelheit verschluckt wurden. Sieben Schwarze Schwingen hatten den Tod gefunden. Der Hagel prasselte auf die dicke Lederkappe des Kapitäns, und es war ein wundervoller Abend.
Es sollte noch besser kommen, als jemand die Leiter zum Ruderdeck heraufstieg. Der Kapitän war im Augenblick allein, denn er hatte seinen neuen Rudergänger weggeschickt, damit er nicht unter den zu erwartenden Folgen der Rettungsaktion zu leiden hatte. Sein eigenes Leben sah er nicht bedroht, und er lächelte breit, als Selik am oberen Ende der Leiter auftauchte und zu ihm gehumpelt kam. Auf seinem Kiefer wuchs ein blauer Fleck, und an der anderen Seite wurde seine Schläfe von einer Schwellung in der Größe eines Hühnereis verziert.
»Braucht Ihr Hilfe?« Er warf einen kurzen Blick zu Selik und lächelte leicht.
Selik sah ihn wütend an.
»Vergesst nicht, wer auf diesem Schiff das Sagen hat«, spuckte er.
»Nein«, sagte der Kapitän. »Natürlich die Gilde der Drech. Ihr hattet nichts weiter zu tun, als eine einzelne Frau zu bewachen, und Ihr habt nicht einmal das geschafft. Wie fühlt Ihr Euch dabei?«
Selik packte den Kapitän am Jackenkragen. »Eure Beleidigungen werden Euch nichts weiter einbringen als einen langsamen, qualvollen Tod, Elf. Euch und Eurer Mannschaft. Vergesst nicht, wer die Waffen und die Magie hat.«
Der Kapitän wurde ein wenig ernster, konnte sich das Lächeln aber immer noch nicht ganz verkneifen.
»Ihr werdet
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