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Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit

Titel: Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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Lyanna. Dieses Mal verschwand das Lächeln, und ihre Augen wurden feucht.
    »Es wird bald dunkel, und ich werde sie lange nicht mehr sehen. Und ich könnte mich verirren, aber ihr werdet mir helfen.«
    »Oh, Lyanna, Liebes«, sagte Cleress. Ihr Herz war voller Kummer. »Sage Lebewohl zu deinen Freunden. Ich fürchte, die Nacht kommt bald.«

12
    Da war es. Unverkennbar. Wie der erste Windstoß eines nahenden Sturms auf ruhiger See. Und gleich noch einmal.
    Weit im Süden, etwas nördlich von Calaius, kam das Mana-Spektrum in Bewegung. Die weit entfernte Störung war nicht stark, aber sie fiel aus dem Rahmen und war daher faszinierend und verräterisch.
    Ein erfahrener Magier konnte in ganz Balaia das Wirken von Sprüchen als kurze Inseln der Ordnung im allgegenwärtigen Chaos spüren, wenn er sein Bewusstsein auf das grundlegende Spektrum einstimmte. Diese Erschütterungen aber waren etwas ganz anderes. Sie waren fremdartig und stammten zweifellos von einem zusammenbrechenden statischen Spruch. Die Interpretation war allerdings schwierig. Es waren nur kleine, kaum spürbare Impulse im Gesamtbild.
    Gorstan, der dordovanische Meister, blieb stehen und ging innerlich den Spuren nach, bis er ganz sicher war. Es war keine balaianische Magie. Sie besaß trotz des drohenden Zusammenbruchs eine Vollkommenheit, die er
nie hätte erreichen können. Es war die Magie einer anderen, einer größeren Macht, und obwohl er sie verabscheute, empfand er Ehrfurcht.
    Gorstan drehte sich um und richtete den Blick wieder auf das trübe graue Licht, das aus dem wolkenverhangenen balaianischen Himmel herabfiel.
    »Ich habe sie«, sagte er.
    Selik lächelte. Die schiefe, höhnische Grimasse bewegte nur die Hälfte seines entstellten Gesichts.
    »Wie weit?«
    Gorstan zuckte mit den Achseln. »Mehrere Tagereisen. Es ist unmöglich, von hier aus Genaueres zu sagen, aber ich nehme an, der Ursprung ist im Ornouth-Archipel.«
    »Wenn Ihr mich entschuldigen wollt, Gorstan?«
    »Aber mit Vergnügen«, erwiderte der Dordovaner.
    Selik nickte knapp, zog sich die Kapuze wieder über den Kopf und eilte davon. Zwei Adjutanten begleiteten ihn.
    Gorstan sah ihm nach, dann drehte er sich wieder nach Süden und neigte den Kopf, um das leichte Kräuseln des ruhig fließenden Arl zu betrachten, der ins Südmeer mündete.
    Wahrscheinlich hatte Vuldaroq Recht damit, dass Selik im Moment ein nützlicher Verbündeter war. Allerdings musste man bedenken, dass Dordover für immer besudelt sein würde, nachdem es sich offen mit den Hexenjägern eingelassen hatte. Gorstan führte theoretisch die Truppe von hundert Magiern und zweihundert Fußsoldaten an, die rings um Arlen einquartiert waren. Die Einwohner der verschlafenen Hafenstadt hatten darauf mit unübersehbarer Nervosität reagiert. Es hatte Gerüchte gegeben, dass auch Xetesk eine durch Protektoren verstärkte Truppe in Bewegung gesetzt hatte. Insgeheim fragte
Gorstan sich, ob nicht eigentlich Selik der wahre Befehlshaber war.
    Vuldaroq wurde in Kürze in Arlen erwartet. Je eher er kam, desto besser.
     
    Hirad, der Unbekannte und Ilkar führten ihre vier Pferde am späten Abend nach Greythorne hinein. Die Wolken hingen immer noch niedrig am Himmel, der Wind peitschte über das offene Land. Überall waren die Verwüstungen der Stürme zu sehen: flachgedrückte Grasflächen, Stellen, an denen die Erde frei lag, weil die Pflanzen mit den Wurzeln ausgerissen worden waren, und hier und dort die Leichen von Tieren und sogar von zwei Menschen, die bisher noch nicht von den Überlebenden gefunden worden waren.
    Es war ein Paar in mittleren Jahren gewesen, das in einer Scheune Schutz gesucht hatte. Das Gebäude war über ihnen eingestürzt und hatte sie unter Stroh und Balken begraben. Das Einzige, was der Rabe noch tun konnte, war, sie zu beerdigen.
    Nicht lange, nachdem sie den Dornenwald verlassen hatten, waren sie auf eine zerlumpte Marschkolonne von Flüchtlingen gestoßen, die von der Stadt Rache im Norden nach Gyernath im Süden unterwegs waren. Rache war von Stürmen im Nordmeer schwer getroffen worden, und ein großer Erdrutsch aus den umgebenden Hügeln hatte den Ort verwüstet. Der größte Teil der Siedlung war verschüttet, viele Einwohner waren bei lebendigem Leibe begraben worden. Die Überlebenden waren geflohen. Sie glaubten, in der warmen, friedlichen Hafenstadt im Süden seien sie sicher. Der Rabe brachte es nicht übers Herz, den Leuten zu sagen, dass sie nirgends mehr sicher waren.

    Der letzte

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