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Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit

Titel: Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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hinter ihnen standen.
    »Aus dem Weg. Ich will Euch nichts tun«, rief Evansor. »Bitte.«
    Eine Flasche flog quer durch den Schankraum und verfehlte Evansor um Haaresbreite.
    »Er hat mir den Arm gebrochen!«, stöhnte ein Mann. Jetzt gab es kein Halten mehr.
    Selik trat gewandt zur Seite, als sie kamen. Er ließ den Fuß stehen, um einen Mann zum Stolpern zu bringen, der gegen die Vorderen prallte und sie damit noch weiter antrieb. Wahrscheinlich hatten sie den Magier nur packen und zur Grenze des Dorfs befördern wollen, um ihn wegzujagen, aber Seliks Männer waren im Mob, und nachdem der erste Schlag sein Ziel gefunden hatte, war es um Evansor geschehen.
    Die alten Bauern bemühten sich verzweifelt, die Leute aufzuhalten, doch inzwischen prasselte Schlag auf Schlag auf den hilflosen Magier herunter. Sein Flehen und seine hilflosen Schreie gingen im Gebrüll der Menge unter. Die Leute hatten ein Ventil für ihre Wut gefunden und bestraften den Unschuldigen.
    Ein Stuhlbein traf Evansor mitten im Gesicht und brach ihm die Nase. Stiefel trampelten und traten ihn, ein Messer blitzte und wurde ihm ins Herz gestoßen. Sie schlugen ihn noch lange, nachdem er gestorben war.

    Der Kommandant der Schwarzen Schwinge sammelte seine Männer um sich, als der Ausbruch von Hass so schnell verflog, wie er gekommen war. Die Dorfbewohner wichen zurück, entsetzt über das, was sie getan hatten. Schockierte Stimmen erhoben sich, im Hintergrund weinte eine Frau.
    Selik ging lächelnd zur Tür des Gasthofs und drehte sich noch einmal um.
    »Der Weg der Gerechten ist mit dem Blut der Bösen getränkt«, erklärte er den versammelten Bauern, die nur zu gern eine Rechtfertigung für den Mord hören wollten, den sie gemeinsam begangen hatten. »Dies ist ein großer Tag für Balaia. Die Magie hat unser Land schon viel zu lange ins Unglück gestürzt. Es ist Zeit, dass wir uns wehren. Sagt es allen, die ihr trefft. Wir werden uns nicht mehr den Magiern unterwerfen.«
    Damit verließ er frohgemut den Gasthof. Sein Zorn war besänftigt. Die Hexe sollte die Nächste sein.
     
    Lyanna verstand es nicht. Es tat weh, und sie wollte, dass es nicht mehr wehtat. Die alten Frauen hatten ihr versprochen, dass die Albträume aufhörten, aus denen sie immer so verängstigt aufwachte. Sie hatten ihr auch versprochen, dass der Wind aufhörte, der in ihrem Kopf wehte.
    Aber so war es nicht.
    Zuerst hatten sie es ja noch geschafft, aber jetzt war Mami fort und suchte ihren Vater, und nun sah es aus, als würden sie mit jedem Tag älter. Sie liefen langsamer, ihre Augen waren drinnen und draußen dunkel. Deshalb waren sie auch so gereizt.
    Die Albträume waren wieder da, und der Wind tobte in ihrem Kopf und tat ihr weh, und manchmal hatte sie das
Gefühl, es sei auch tagsüber dunkel. Bisher hatten die alten Frauen ihr immer geholfen, wenn es anfing. Sie wünschte, Mami wäre da, an die sie sich kuscheln und die sie halten konnte, wenn sie weinen musste.
    Lyanna schaute durch die Bäume im Obstgarten zum blauen Himmel hinauf. Die Blätter an den Zweigen tanzten vor ihren Augen, als winkten dort kleine Kobolde. Sie lächelte. Vielleicht redeten die Kobolde mit ihr. Ephy und die anderen hatten nie Zeit. Sie waren dauernd mit ihrer stinkenden Pfeife beschäftigt.
    Einen Augenblick hörte der Wind in ihr auf. Es war eine Erleichterung. Sie dachte angestrengt daran, und die Zweige des nächsten Baumes bogen sich zu ihr und brachten ihr die Kobolde näher, mit denen sie reden konnte.
    Ja, das war ein schönes Spiel.
     
    Cleress nahm einen tiefen Zug aus der Pfeife. Der Rauch vom Kraut breitete sich in ihrem hinfälligen, müden Körper aus, besänftigte die Muskeln und betäubte die Gicht, die ihr linkes Kniegelenk verbog und anschwellen ließ.
    Myriell, die neben ihr saß, war auf ihrem Stuhl in sich zusammengesunken. Die Erschöpfung war ihr deutlich anzusehen. Bald konnte sie schlafen, wie es Aviana schon tat. Nur Ephemere wachte im Augenblick über das Kind, das sie so schnell zerstörte.
    Sie hatten Lyannas Kräfte völlig falsch eingeschätzt – oder vielmehr, sie hatten die Kraft unterschätzt, die nötig war, um eine so unausgeglichene Erweckung abzuschirmen. Das Mädchen verfügte nicht nur in magischen Dingen über eine unbändige Energie. Die Kleine war reizend, wurde aber mit jedem Tag fordernder. Ihre Stimmungen wechselten zwischen Freude und Staunen, Furcht und Trübsal.

    Cleress musste sich immer wieder vor Augen halten, dass Lyanna nur ein

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