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Der Chancellor

Titel: Der Chancellor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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es ist zu spät! Die Wirkung dieser Nachricht auf den Kaufmann Ruby ist gar nicht zu beschreiben. Den Unglücklichen erfaßt eine convulsivische Furcht. Sein Körper zuckt, seine Haare sträuben sich, sein Auge weitet sich erschreckend aus, sein Athem wird keuchend, wie der eines Asthmatikers, er vermag nicht zu sprechen, der Schreck erreicht in ihm seinen Höhepunkt. Plötzlich bewegen sich seine Arme krampfhaft; er stiert auf das Verdeck des Chancellor, das jeden Moment in die Luft gehen kann, er läuft vom Oberdeck herab und wieder hinauf, durch das ganze Schiff und gesticulirt wie ein Wahnsinniger. Endlich kommt ihm die Sprache wieder, und seinem Munde entringen sich die fürchterlichen Worte:
    »Es ist Feuer an Bord! Es ist Feuer an Bord!«
    Bei diesem Rufe läuft die ganze Mannschaft auf dem Verdeck zusammen, offenbar in dem Glauben, daß die Flammen einen Weg nach Außen gefunden haben und es nun Zeit sei, in die Boote zu entfliehen. Die Passagiere kommen hinzu, Mr. Kear, seine Gattin, Miß Herbey, die beiden Letourneur. Robert Kurtis versucht Ruby Ruhe zu gebieten, doch dieser will keine Vernunft annehmen.
    Die Unordnung erreicht ihren Höhepunkt. Mrs. Kear ist bewußtlos auf dem Deck zusammen gebrochen. Ihr Mann bekümmert sich nicht im mindesten umsie und überläßt sie der Sorgfalt der Miß Herbey. Die Matrosen haben sich schon an die Winden der Schaluppen gemacht, um diese in's Meer zu bringen.
    Indessen theile ich den Mr. Letourneur mit, was sie noch nicht wissen, daß Feuer an Bord ist; der nächste Gedanke des Vaters gehört seinem Sohne, den er umschlingt, als wolle er ihn schützen. Der junge Mann bewahrt sein kaltes Blut und beruhigt den Vater durch die Versicherung, daß es ja keine unmittelbare Gefahr habe. Robert Kurtis hat mit Unterstützung des Lieutenants inzwischen seine Leute wieder zur Ordnung gebracht. Er versichert ihnen, daß die Feuersbrunst keine weiteren Fortschritte gemacht, daß Passagier Ruby keine Vorstellung von dem habe, was er thue oder sage, daß man nicht übereilt handeln solle und daß man, wenn der Augenblick gekommen, das Schiff verlassen werde ...
    Der größte Theil der Matrosen hört auf die Stimme des zweiten Officiers, den sie lieben und achten. Dieser erreicht bei ihnen, was dem Kapitän Huntly nicht gelungen wäre, und die Schaluppe verbleibt auf ihrem Lager.
    Glücklicher Weise hat Ruby von dem im Kielraum eingeschlossenen Pikrat nicht weiter gesprochen. Wenn die Mannschaft die ganze Wahrheit wüßte, wenn sie hörte, daß das Schiff eigentlich nur noch ein Vulkan ist, der sich jeden Augenblick unter ihren Füßen öffnen kann, kämen sie gewiß aus Rand und Band, und Niemand würde im Stande sein, ihr Entfliehen zu hindern.
    Der zweite Officier, Ingenieur Falsten und ich, wir sind die Einzigen, welche die schreckliche Complication der Feuersbrunst kennen, und es ist gut, daß es dabei bleibt.
    Nach wiederhergestellter Ordnung suchen wir, Robert Kurtis und ich, den Ingenieur wieder auf dem Oberdeck. Dieser ist noch dort und steht mit gekreuzten Armen da; wahrscheinlich denkt er über ein mechanisches Problem nach – mitten unter dem allgemeinen Schrecken. Wir empfehlen ihm dringend, nichts von der Verschlechterung unserer Lage zu sagen, die wir der Unklugheit Ruby's verdanken.
    Falsten verspricht darüber zu schweigen. Dem Kapitän Huntly, der auch noch nicht unterrichtet ist, übernimmt es Robert Kurtis, Alles mitzutheilen.
    Vorher muß er sich aber der Person Ruby's versichern, denn der Unglückliche ist vollkommen geistig gestört. Er weiß nicht mehr, was er thut, und lauft nur mit dem Rufe: »Feuer! Feuer!« auf dem Oberdeck umher.
    Robert Kurtis befiehlt einigen Matrosen, sich des Passagiers zu bemächtigen, den man fesselt und unschädlich macht. Dann wird er in seine Cabine gebracht und sorgfältig bewacht.
    Das schreckliche Wort ist nicht über seine Lippen gekommen!

XII.
    Am 22. und 23. October.
    – Robert Kurtis hat dem Kapitän Alles mitgetheilt.
    Kapitän Huntly ist, wenn auch nicht in der That, so doch dem Wortlaute nach sein Vorgesetzter, und er darf ihm Nichts verheimlichen.
    Bei dieser Nachricht hat Kapitän Huntly kein Sterbenswörtchen geantwortet, sondern ist nur mitder Hand über die Stirn gefahren, wie ein Mensch, der sich irgend einen Gedanken vertreiben will; dann ist er ruhig in seine Cabine zurückgekehrt, ohne einen Befehl zu ertheilen.
    Robert Kurtis, der Lieutenant, der Ingenieur Falsten und ich, wir treten zu einer Berathung

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