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Der Chancellor

Titel: Der Chancellor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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dessen Inhalt mir Robert Kurtis mitgetheilt hat.
    »Mr. Kurtis, sagt der Kapitän mit irrem Blicke und den offenbaren Anzeichen geistiger Störung, ich bin doch wohl Seemann, nicht wahr?
    – Gewiß, Herr Kapitän.
    – Nun gut, stellen Sie sich vor, daß ich von meinem Geschäfte nichts verstehe ... ich weiß nicht, was mit mir vorgeht ... ich vergesse ... ich bin mir unklar. Sind wir seit unserer Abreise von Charleston nicht nach Nordosten gesegelt?
    – Nein, antwortet der zweite Officier, wir fuhren auf Ihren Befehl nach Südosten.
    – Wir haben aber doch nach Liverpool geladen?
    – Gewiß.
    – Und der ... ? Wie heißt doch das Schiff, Mr. Kurtis?
    – Der Chancellor.
    – Ah, richtig, der Chancellor! Wo befindet er sich jetzt?
    – Im Süden des Wendekreises.
    – Gut, gut; ich verpflichte mich auch nicht, ihn nach Norden zurückzuführen! Nein! Nein! Das könnte ich nicht ... ich wünsche meine Cabine nicht wieder zu verlassen ... ich kann den Anblick des Meeres nicht ertragen! ...
    – Herr Kapitän, antwortet Robert Kurtis, ich hoffe, daß unsere Sorgfalt...
    – Ja, ja, ist schon gut, ... wir werden später sehen – indeß, ich habe einen Befehl für Sie, den letzten, den Sie von mir empfangen werden.
    – Ich höre, entgegnete der zweite Officier.
    – Mein Herr, nimmt der Kapitän das Wort, von jetzt ab existire ich nicht mehr an Bord und Sie übernehmen das Commando des Schiffes ... Die Verhältnisse sind stärker als ich, ... ich vermag nicht zu widerstehen ... Mein Kopf schwindelt! ... O, ich leide sehr, Mr. Kurtis«, fügt Silas Huntly hinzu und drückt seine beiden Hände gegen die Stirn.
    Aufmerksam betrachtet der zweite Officier Den, der bisher an Bord befehligte und begnügt sich zu antworten:
    »Es ist gut, Herr Kapitän.«
    Nach dem Verdeck zurückgekehrt, erzählt er mir das Vorgefallene.
    »Ja wohl, sage ich, wenn der Mann auch noch nicht ganz von Sinnen ist, so leidet er doch am Gehirn und es ist besser, daß er sich seines Mandats freiwillig begeben hat.
    – Ich trete unter sehr ernsten Umständen an seine Stelle, erwidert mir Robert Kurtis. Doch, wie dem auch sei, ich werde meine Pflicht zu thun wissen.«
    Nach diesen Worten ruft der zweite Officier einen Matrosen herbei und befiehlt ihm, den Hochbootsmann zu suchen.
    Der Hochbootsmann erscheint in kurzer Zeit.
    »Hochbootsmann, sagt Robert Kurtis zu ihm, lassen Sie die Mannschaften sich am Großmast versammeln.«
    Der Hochbootsmann zieht sich zurück und wenigeMinuten später umringen die Leute des Chancellor den bezeichneten Platz.
    Robert Kurtis begiebt sich mitten unter sie.
    »Jungens, sagt er mit ruhig ernster Stimme, in der Lage, in welcher wir uns befinden, und aus anderen mir bekannten Gründen hat Mr. Silas Huntly sein Commando als Kapitän niederlegen zu sollen geglaubt. Von heute an commandire ich an Bord.«
    So vollzog sich dieser Wechsel, der nur zu unser Aller Besten dienen kann. Jetzt haben wir einen energischen und verläßlichen Mann an der Spitze, der vor keiner für das allgemeine Wohl erforderlichen Maßnahme zurückschrecken wird. Die Herren Letourneur, Ingenieur Falsten und ich bringen Robert Kurtis unsere Glückwünsche dar, wobei der Hochbootsmann und der Lieutenant sich uns anschließen.
    Das Schiff steuert nach Südwesten, und Robert Kurtis, der so viele Segel als möglich beisetzen läßt, sucht die nächste Insel der Kleinen Antillen auf kürzestem Wege zu erreichen.

XIII.
    Vom 24. bis 29. October. –
    Während der nun folgenden fünf Tage geht das Meer sehr hohl. Der Chancellor hat es aufgeben müssen, dagegen anzukämpfen, und trotzdem er jetzt mit dem Winde und den Wellen geht, wird er doch ganz außerordentlich umhergeworfen. Bei dieser Fahrt auf einem Brander ist uns auch kein Augenblick der Ruhe gegönnt. Man betrachtet das Wasser, welches das Schiff umgiebt und anzuziehen scheint, fast mit Vergnügen.
    »Warum aber,« habe ich zu Robert Kurtis gesagt, wollen Sie das Verdeck nicht öffnen? Warum keine Tonnen mit Wasser in den Kielraum eingießen? Und wenn das Schiff damit angefüllt würde, was thäte das? Wenn das Feuer gelöscht ist, werden die Pumpen das Wasser ja leicht wieder entfernen.
    – Mr. Kazallon, antwortet mir Robert Kurtis, ich habe Ihnen schon gesagt und wiederhole es Ihnen, wenn wir der Luft einen auch noch so geringen Zutritt gestatten, so wird das Feuer sich sofort durch das ganze Schiff verbreiten und die Flammen werden dasselbe vom Kiel bis zu den Mastspitzen ergreifen. Wir sind

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