Der Chaos-Pakt
Schicht des Chaos gelegt, als sie Candar bewohnbar gemacht haben – oder jedenfalls dort, wo früher der Wald war. Ich weiß nicht, ob sie es absichtlich getan haben oder ob es nur eine unbeabsichtigte Nebenwirkung war. Jedenfalls haben die alten Weißen Magier das Ungleichgewicht zwischen diesen beiden obersten Schichten als Energiequelle benutzt. Man könnte es mit einer elektrischen Ladung vergleichen. Das hat sich aber auf einer vergleichsweise energiearmen Ebene abgespielt, glaube ich.« Der Ingenieur sah sich mit blicklosen Augen um, als er spürte, wie jemand sich näherte. »Als ich den Waffenlaser benutzt habe, um die Truppen aus Lornth und Gallos zu vernichten, war das wie ein Weckruf ... so ähnlich. Vielleicht hat auch der Wald ... ich bin immer noch nicht sicher, ob er in unserem Sinne bewusst ist ... vielleicht hat er auch einfach den Impuls kopiert. Die Sperren, die den Verwunschenen Wald in Cyador gebändigt haben, beruhten noch auf der alten Technologie. Sie hatten sicher schon länger gehalten als vorgesehen, und als ich den Waffenlaser eingesetzt habe, ist das Feld endgültig zusammengebrochen und der Wald hat damit begonnen, sein altes Gebiet zurückzuerobern.«
»Und die Cyadoraner haben die nötige Technologie nicht mehr besessen?«
»Es ist nicht nur die Technologie.« Nylan hustete und würgte und hätte sich beinahe übergeben. »Ich weiß es nicht. Ich glaube nicht, dass es eine Ursache gibt, die für sich genommen alles erklären kann. Es war wohl eher so, dass mehrere Kräfte sich gegenseitig verstärkt haben. Als ich bis in die Erdkruste hinuntergegriffen habe, hat sie für den Wald wie ein Kraftverstärker gewirkt.«
»Er ist jetzt bewusster«, sagte sie. Viel bewusster.
»Ich weiß.«
Eine Gruppe Reiter kam zu ihnen. Die beiden, immer noch blind, drehten sich um. Nylan fragte sich, ob er irgendwann würde wieder richtig sehen können.
»Ihr habt Lornth gerettet«, sagte Gethen tonlos. »Manch einer würde sich allerdings fragen, um welchen Preis.«
»Fragt Ihr es Euch, Ser?«, gab Nylan leise zurück.
»Nein.« Gethen seufzte. »Hoch war er allerdings.«
»Cyador existiert nicht mehr, nicht wahr?«, fragte Zeldyan. Nesslek saß halb dösend auf dem Sitz hinter ihr.
»Ein Teil steht noch«, antwortete Nylan. »Der Teil, der nicht auf dem Gebiet des Großen Waldes errichtet wurde. Einige Städte im Westen existieren noch, wenngleich in Trümmer gelegt. Die Zerstörung ist ... ich glaube, es war dort schlimmer, wo es große Städte gab.«
»Kein einziger Weißer Bewaffneter hat überlebt, nicht einer. Auch die Weißen Magier sind gefallen.« Zeldyan sprach leise, nachdenklich. »Wurdet Ihr geschickt, um alle Weißen Magier zu vernichten? Ganz egal, welchen Preis Candar dafür zu zahlen hat?«
»Nein. Wir wurden nicht geschickt, um irgendjemanden zu vernichten«, antwortete Nylan.
»Es spielt aber keine Rolle«, fuhr Zeldyan fort. »In diesem Punkt hatte Fornal Recht. Ihr habt Lornth und ganz Candar verändert. Ihr habt die Schlacht gewonnen, aber mein Bruder und Mitregent ist gefallen. Ihr habt das Erbe meines Sohnes gesichert, aber er wird nicht mehr das erben, was ihm eigentlich zuteil werden sollte. Ihr habt dunkle Kräfte geweckt und bewiesen, dass ein einzelner Fremder und vielleicht sogar ein Bauer die Mächtigen bezwingen kann.«
»Ihr habt das größte Reich in Candar besiegt«, fügte Gethen hinzu, »und obwohl man Euch keinen Vorwurf machen kann, trauere ich über den Verlust meiner beiden Söhne.« Er neigte den Kopf.
Nylan verstand, wohin die Worte des Regenten führen würden, aber er wartete höflich. Ayrlyn drückte seine Hand.
»Lornth will nicht undankbar sein und Euch den Dank für die Rettung verweigern«, fuhr Zeldyan fort. »Aber wir Regenten und auch mein Sohn werden keine Ruhe finden, solange Ihr in Lornth seid. Gegen Eure Kräfte kann ich nichts ausrichten. Dennoch muss ich darauf bestehen, auch wenn es meinen Tod bedeutet, dass Ihr ... sobald Ihr wieder bei Kräften seid ... Lornth verlasst.«
»Wir werden Euch alles geben, was Ihr für die Reise braucht«, fügte Gethen hinzu, »und einige Goldstücke für Eure Bedürfnisse. Auch wenn ich mich frage, ob Ihr sie überhaupt brauchen würdet.«
Schweigen senkte sich über die Gruppe, der Südwind trieb den Geruch von Schwefel und Tod heran.
»Wir brauchen Vorräte und noch etwas Zeit, um uns zu erholen.« Und das Land muss sich erholen, ehe wir reisen können.
»Es ist besser so«, fügte Ayrlyn
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