Der Chaos-Pakt
die Marschallin.
»Was hätten wir tun sollen? Außerdem geht es nicht nur um ihn und die Heilerin. Es ist etwas viel, viel Größeres.«
Ryba schüttelte den Kopf, ehe sie die nächste Frage stellte. »Glaubst du immer noch, dass es richtig war, ihm Weryl mitzugeben?«
»Es geht ihm gut, das kann ich fühlen.« Istril hielt inne. »Und das bedeutet, dass auch Nylan wohlauf ist ... aber ich empfange große Schmerzen.« Trotz des Zwielichts konnte man den feuchten Schimmer in ihren Augen sehen.
»Das ist eigentlich immer so, wenn der Ingenieur irgendwo beteiligt ist ...« Rybas Stimme war trocken.
»Er macht nichts, wenn es nicht sehr wichtig ist.« Istril sah an Ryba vorbei zum Horizont.
»Das macht es nur noch schlimmer, nicht wahr?« Rybas Stimme war heiser.
»Ja, Ser.«
Nach längerem Schweigen nickte Istril, drehte sich um und ging rasch übers Übungsgelände zum Turm zurück.
Ryba starrte weiter in die Dunkelheit der viel zu früh beginnenden Nacht. Blutrot glänzten die Gesichter der Wächterinnen im verblassenden Licht.
Ein leichter Schauder lief unter den Füßen der Marschallin durch den Boden. Im unnatürlichen Zwielicht und in der bedrückenden Windstille bebte die Wiese.
Ein weiteres Beben kam, dann noch eines. Dunkler und dunkler wurde es. Die Marschallin wartete und schaute.
CXLVI
U nd als das mächtige Cyad verlangte, dass sein Land das seine bleiben müsse, als es darum bat, dass seine großzügigen Geschenke an Lornth in Ehren gehalten würden, da ergriff Nylan das Wort und sprach leise, dass die Legionen von Cyad Tod und Zerstörung nach Lornth bringen würden und dass die Weißen Legionen zurückgeschlagen werden müssten.
Wollt Ihr Euch von Cyad alles wegnehmen lassen, was Eure Väter und Vorväter erarbeitet und gewonnen haben?, fragte der dunkle Nylan. Und alle in Lornth stimmten zu, dass Cyad zerstört werden müsse. Die schimmernden Städte der Ordnung, die Menschen auf den Straßen aus Stein, die glatter poliert waren als geschliffenes Glas, die gewaltigen Feuerwagen, die auf ihnen schneller fuhren als der Wind, all das sollte nicht mehr sein und Cyad sollte vernichtet werden.
Niemand erhob sich und brachte vor, dass Cyad freundlich und gerecht gewesen war und dass sein Volk stets in Gerechtigkeit und Frieden leben konnte. Nein, diese Wahrheit wurde vom dunklen Magier Nylan mit seinem schwarzen Hammer zerschlagen und von der dunklen Ayrlyn mit ihrer Lutar mit schönen Liedern zugedeckt, bis niemand mehr von der Freundlichkeit Cyads wusste.
Die Spiegellanzenkämpfer polierten die Schilde und hoben die Lanzen und die Hufschläge ihrer Streitrösser hallten in ganz Candar über Stein und Fels. Die Weißen Magier, die sich mit aller Macht für den Frieden einsetzten und den Krieg zu vermeiden suchten, gürteten die Gewänder und machten sich Hoffnung, den Frieden doch noch wahren zu können ... aber sie alle waren dem Untergang geweiht.
Denn Nylan, der dunkle Engel, hob abermals die Hände und entfesselte den Verwunschenen Wald von Naclos und der Wald dankte es ihm und schenkte ihm das Feuer des Himmels und den Regen des Todes. Und Nylan lachte und warf Feuer und Regen über den Westen Candars. Und Ayrlyn sang ihre Lieder, die den Menschen die Herzen und Seelen aus dem Leib rissen.
Die Spiegellanzenkämpfer aber sahen die eigenen Lichtlanzen gegen sich gewendet. Die Erde warf sich vor ihnen auf und schlug über ihnen zusammen und die Rechtschaffenheit der Weißen Magier war vergebens, denn vor ihnen explodierten die Gläser und der Tod regnete auf alle Bewaffneten Cyads hernieder, bis keiner mehr aufrecht stand.
Überall bebte die Erde und warf sich auf und verschlang die großen Städte Cyad und Fyrad und die Winde machten den fernen Ort Sommerhafen dem Erdboden gleich, bis kein Stein mehr auf dem anderen stand.
Die Grashügel aber waren versengt und verbrannt und wurden die Steinhügel. So trocken waren sie, dass bis auf den heutigen Tag niemand dort lebt. Und in Lornth herrschte Jubel, denn die Zeit war gekommen ...
D IE F ARBEN DER W EISSE
(Handbuch der Gilde von Fairhaven)
Vorwort
CXLVII
N ylan öffnete langsam die Augen, aber er konnte nichts sehen. Er spürte nur Messerstiche und schloss sie wieder. Eine Weile blieb er still liegen und roch das Feuer und den Rauch und die Zerstörung. Scharfe, beißende Gerüche.
»Wo ist sie?«, fragte der Ingenieur schließlich, obwohl er es schon wusste. Ayrlyn stand draußen vor dem Zelt und blickte nicht mit
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