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Der Chinese

Der Chinese

Titel: Der Chinese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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Zimmer.
    »Ah!… Der Herr Wachtmeister!… Schmeckt der Z'Immis?«
    »Mhm.« Studer kaute und beobachtete unter gesenkten Lidern den Wirt Brönnimann. »Ihr habt«,fuhr er fort,»den Toten gefunden?«
    »Ich?… Ja… Zufällig!«
    »Was seid Ihr suchen gegangen auf dem Friedhof am Morgen? He? Es war doch noch dunkel, oder?«
    Er habe e chlys… er habe e paar Schritt ta vors Huus… Wenn man alt werde, sei frische Luft bsunderbar g'sund…
    »Und da habt Ihr Euern Gast gesehen? Tot?«
    »Ganz tot. Ja, Wachtmeister. Aber agrührt han igen nid!«
    »Wer redt denn vo Arühre! Aber hocked doch ab. Ihr stafflet i dr Stube umenand, wie…«
    »Äksküseh! Pardon! Wenn's erlaubt ist!« Und dann rief der Uralte: »Huldi! Bring no-n-es Glas!«
    Er ließ dem Mädchen keine Ruhe. Nachdem es das Glas gebracht hatte, mußte es springen und einen halben Liter bringen. Der Wirt stieß mit dem Wachtmeister an, wünschte »G'sundheit!« und sein ganzes Gehaben wirkte unecht. Nie kam es vor, daß Brönnimann dem Wachtmeister in die Augen sah – die Blicke des Uralten waren immer zu Boden gesenkt, der Wirt litt an schwerem Atem, er keuchte und knorzte und seine Rede war unterbrochen von Hustenanfällen.
    »Ja, Wachtmeister, wenn Ihr auf mich lose würdet! Aber ein alter Mann wie ich – was hat der schon zu sagen! – khäkhäkhä–. Ja. Er war ein lieber Gast, der Farny, immer ruhig, immer still – lautlos wie-n-es Müüsli… Ja! Khäkhäkhä… Und trotzdem ist er ermordet worden.« Husten. Dann:
    – Wenn er nur reden könnte! meinte der Wirt, aber man sage ja immer: Vorsicht sei die Mutter der Weisheit… »Khäkhäkhä…« Noble Leute kämen oft zu ihm, der Hausvater der Armenanstalt, der Direktor der Gartenbauschule, Großräte, Regierungsräte… Nämlich, wenn sie die Anstalten besuchen kämen. »Khäkhäkhä!« Und mit noblen Leuten sei nicht gut Kirschen essen…
    »Kennt Ihr Verwandte des Toten?« fragte Studer. Er hatte ein Stück Hammen auf die Gabel gespießt und betrachtete es kritisch.
    »Verwandte? Ja, von Verwandten könnt ich Euch mänges verzelle! Aber wisset, Wachtmeister, da muß man vorsichtig sein, me cha sich wüescht d'Zunge verbrönne… Wenn ich Euch verzelle würd, was alles gseit worde-n-isch bym Tod vo der Anna…«
    »Der Anna Hungerlott? Der Frau vom Hausvater? Wie hat sie geheißen mit dem Mädchennamen?«
    »Eh Äbi…«
    »Äbi?« Studer steckte den aufgespießten Schinken in den Mund, kaute und dachte nach. Äbi? Den Namen hatte er schon einmal gehört. Wann nur? Die Julinacht fiel ihm wieder ein und dann zwei Worte des nun toten Farny James. »Kusch, Äbi!« hatte der ›Chinese‹ zu einem der Gartenbauschüler gesagt.
    »War die Anna mit einem Pfründisberger verwandt?«
    Brönnimann nickte, nickte. – Ihr Bruder habe einen Jahreskurs in der Schule absolutiert. Studer lächelte: Jaja, die Fremdwörter! Aber schließlich blieb es sich gleich: Absolviert oder absolutiert – der Unterschied war nicht groß, wichtig war nur, daß man sich verstand.
    »Loset Brönnimann, habt ihr letzte Nacht nichts gehört?«
    Schweigen. Dann ein kleiner Schrei – der Laut kam vom Schanktisch her. Nun drehte sich der Uralte um und schnauzte die Serviertochter an:
    »Geh an deine Arbeit, Meitschi!« Dann wandte er sich wieder seinem Gaste zu und seine Augen waren blau, wie die Flamme eines Spritbrenners.
    »Ja, Wachtmeister«, fuhr er fort. »Es ist ein Elend heutzutage mit den Diensten!«
    »Ich hab Euch gefragt, ob Ihr keinen Schuß gehört habt…«
    »Einen Schuß?« wiederholte der Alte. – Es syg ihm so gsy, so um die halbi drü… Da häb es en Chlapf gä, aber dann sei ein Töff unter dem Fenster vorbeigefahren und es könne gut möglich sein, daß der Chlapf von dem Töff gekommen sei… Eine Explosion vom Motor oder so öppis…
    Hinter dem Schanktisch sagte eine Stimme:
    »Und es isch doch e Schuß gsy, Brönnimaa!«
    – Das Meitschi solle sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern, begehrte der Alte auf – aber Studer netzte die Spitze seines Bleistifts und machte eine neue Eintragung in sein Notizbüchlein…
    »Um halb drei also?« fragte der Wachtmeister. »Wer war gestern abend bei Euch?«
    »Oh… Khäkhäkhä… Der Hausvater Hungerlott, der Direktor Sack-Amherd, der Gerber… Wir haben gejaßt… Und dann zwei oder drei Schüler…« Der Alte schwieg.
    »Sonst niemand?« wollte Studer wissen. Wieder kam die Antwort hinter dem Schanktisch hervor:
    – Es seien noch zwei gewesen; und:

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