Der Clan
zitterten und reagierten auf jeden kleinen Windstoß und auf jeden Auf- und Abtrieb der Luft. Wenn er die Piloten ansah, kam ihm deren Arbeit immer so kompliziert vor wie die Übung, sich mit der einen Hand auf den Kopf zu klopfen und die andere zugleich auf dem Bauch kreisen zu lassen; konteraktive Konzentration nannte man so etwas.
In der Tat: Der Pilot mußte ständig im Sprechverkehr mit seiner Basis bleiben, während er quer über den städtischen, besiedelten Teil New Jerseys hinwegflog, wobei er die meiste Zeit nicht viel höher als fünfzig oder sechzig Meter über den Dächern der Häuser war, bis er schließlich sanft auf dem Caldwell-Wright Airport aufsetzte. Auf dem größten Teil des Flugs war die Interstate 80 schon sichtbar gewesen. Angelo hatte die ganze Zeit nachdenklich auf sie hinabgestarrt. Sie und dann die I-95 waren seine Rückkehrroute nach Manhattan.
Er stieg grundsätzlich aus keinem Hubschrauber aus, bevor dessen Rotorblätter nicht stillstanden, und so bereitete es ihm ganz instinktiv Unbehagen, als er Anna bereits Hand in Hand mit Van auf sich zulaufen sah, während er noch in der Kabine saß. Sie duckten sich immerhin ein wenig und zogen die Köpfe ein, um auch wirklich nicht in Berührung mit den Rotorblättern über ihnen zu geraten, die einen theoretisch durchaus enthaupten konnten. Valerie wartete, ehe auch sie zu seiner Begrüßung kam, wenigstens, bis sie standen, aber auch nur, weil ihr älterer Bruder sie solange zurückhielt.
Fernsehreporter und Berichterstatter der Zeitungen warteten bereits hinter den Absperrungsseilen. Mit ihren Teleobjektiven konnten die Kameras aber auch aus der Entfernung jede kleinste Gesichtsregung wahrnehmen, als Angelo schließlich ausstieg und Van und Anna umarmte.
Anna bat ihn sogleich, mit ihr und Van in den Stallion einzusteigen, um dort in Ruhe und unbeobachtet einige Minuten reden zu können. Sie berichteten ihm, was auf der Bergstrecke am Tag zuvor geschehen war.
Angelo lief rot an, und seine Züge spannten sich hart. Doch er sagte lediglich: »Gut, aber jetzt müssen wir erst unsere Show durchstehen. Vergeßt das alles mal vorerst. Ich kümmere mich schon darum.«
4
Nach ein paar Minuten fuhren sie vom Flugplatz los. Zwei Polizeiwagen aus New Jersey führten die Wagenkolonne an. Danach folgte der Stallion, an dessen Steuer jetzt wieder Van saß, Anna neben ihm auf dem Beifahrersitz. Hinterher kam ein schlanker Familienkombi, der den Namen Sundancer noch am Leben hielt, obwohl er jetzt offiziell als Modell 000 V lief, ebenfalls auf Batteriebetrieb umgerüstet und gefahren von Angelo Perino, neben dem Cindy Platz genommen hatte. Auf den Rücksitzen saßen Morris und Mary Perino sowie John Hardeman.
Dahinter begleitete sie ein Truck voller Fernsehteams und noch ein halbes Dutzend Autos mit Reportern. Über ihnen kreisten zwei Hubschrauber, die ebenfalls Fernsehkameras an Bord hatten, welche den Einzug nach New York aus der Vogelperspektive verfolgten. Zwei weitere Polizeifahrzeuge schließlich bildeten die Nachhut der Kolonne.
»Das ist eine Triumphfahrt«, sagte Cindy zu Angelo.
Angelo nickte. »Vorausgesetzt, wir erreichen das Convention Center ohne Zwischenfall und Panne.«
»Das«, sagte Cindy leise, indem sie sich zu ihm beugte, »würde Loren sehr gefallen.«
»Genau deshalb habe ich beide Fahrzeuge von so vielen Sicherheitsleuten bewachen lassen, daß man mit ihnen schon einen kleinen Krieg führen könnte - und fast sogar einen großen, wenn es nach ihren Waffen ginge.«
»Das würde er nicht wagen.«
»Na, warte mal, bis ich dir erzähle, was er schon alles gewagt hat. Ich gehe ihm noch an die Gurgel. Ich schwöre dir, ich gehe ihm an die Gurgel.«
»So schlimm wird es schon nicht sein.«
»Ach, meinst du? Ich erzähle es dir später.«
Er drehte sich herum zu ihr und betrachtete sie. Seine Ehefrau. Sie hatte ihm fünf Kinder geboren. Aber sie war viel mehr als nur die Mutter seiner Kinder. Das burschikose Mädchen von einst in Blue Jeans und T-Shirt, das an den Rennstrecken herumhing, hatte sich als wohlerzogene, gebildete und weltläufige Dame erwiesen. Und sie liebte ihn. Er hatte niemals Grund gehabt, daran zu zweifeln. Aber sie war nie von ihm abhängig gewesen. Sie war eine eigenständige Persönlichkeit, hübsch, liebenswürdig, erotisch, fürsorglich, aber auch gleichzeitig clever und intelligent, sachlich und realistisch.
Sie hatte sich fabelhaft gehalten. Sie war siebzehn Jahre jünger als er. Natürlich hätte
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