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Der Club der Gerechten

Der Club der Gerechten

Titel: Der Club der Gerechten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Und ich habe gelernt, dass die Süchtigen Ihnen alles erzählen würden, von dem sie glauben, damit könnten sie ein bisschen Geld locker machen.« Sie fixierte ihn mit einem Blick, der ihm verriet, dass sie es wissen würde, wenn er nicht die Wahrheit sagte. »Also, wie viel haben Sie ihm gegeben?«
    Keith kam sich absolut idiotisch vor. »Fünf Dollar«, gab er zu.
    »Sagen Sie mir, wie er ausgesehen hat. Und genau – schäbige Kleidung und graues Haar wird nicht genügen. So sieht die Hälfte der Penner aus, die ich kenne.«
    Keith rief sich sein Gespräch mit dem betrunkenen Penner ins Gedächtnis und beschrieb alles, woran er sich erinnerte. Als er geendet hatte, nickte Eve Harris grimmig.
    »Al Kelly.« Sie seufzte. »Wenigstens weiß ich jetzt, was mit ihm geschehen ist.« Sie holte tief Atem. »Mr. Converse, lassen Sie sich von mir ein paar Dinge über diese Stadt erzählen ...« Sie sprach ruhig, und als sie fertig war, umklammerte Keith mit beiden Händen sein inzwischen leeres Glas.
    »Sie meinen, es sei meine Schuld, dass Al Kelly gestorben ist?«, fragte er und signalisierte Justin, er solle ihm nachschenken. »Sie meinen, er wäre noch am Leben, wenn ich ihm nicht die fünf Dollar gegeben hätte?«
    Eve zuckte mit den Schultern. »Vielleicht, vielleicht auch nicht. Aber man sollte Süchtigen kein Geld geben. Trinker und Junkies – sie sind alle gleich. Sie lügen, betrügen und stehlen, um zu kriegen, was sie wollen. Und es klingt, als hätten Sie sich Al’s Lüge für fünf Dollar erkauft. Ein paar andere Leute sehen, wie das Geld den Besitzer wechselt, und ein paar Minuten später ist Al tot. Zählen Sie eins und eins zusammen.«
    Jetzt verfiel Keith in ein langes Schweigen. Vor dem Fenster wurde es allmählich dunkel, und ein kalt aussehender Regen fiel. Die Bar selbst war jetzt so überfüllt, dass der Kellner mit dem Drink für Keith kaum durchkam. Keith stellte sich wieder den Bahnsteig der U-Bahn vor und erinnerte sich an das Dröhnen der Züge, die den ganzen langen Nachmittag alle paar Minuten die Station passierten, während er Jeffs Foto allen möglichen Leuten unter die Nase gehalten hatte. Die meisten – die gut Gekleideten, die etwas vorhatten – warfen kaum einen Blick auf das Foto. Sie kehrten ihm den Rücken zu und lehnten es ab, seine Existenz überhaupt wahrzunehmen.
    Nur die Penner – die zerlumpten Männer und Frauen, die nichts Besseres zu tun hatten – waren bereit gewesen, mit ihm zu sprechen.
    Und jetzt erklärte ihm Eve Harris, dass die meisten logen und es mit der Wahrheit alles andere als genau nahmen.
    Wie Al Kelly, der bestimmt gelogen hatte. Und wegen ein paar lausiger Dollar umgebracht worden war.
    Und selbst wenn Al Kelly nicht gelogen hätte, wie sollte er Jeff finden? Wenn sein Sohn es bis in die U-Bahnstation geschafft hatte, konnte er irgendeinen Zug bestiegen haben und sonst wohin gefahren sein.
    Vielleicht hatte Eve Harris Recht – vielleicht sollte er aufgeben und nach Hause fahren. Dann fiel ihm jedoch ein, dass es noch eine Möglichkeit gab. »Kennen Sie viele?«, fragte er. »Leute von der Straße?«
    »Jeder in der Stadt kennt sie«, antwortete Eve. »Ich nehme mir nur die Zeit, mit einigen zu sprechen.« Sie lächelte ironisch. »Ich denke, sie halten mich irgendwie für ihre Stimme im Stadtrat – der Himmel weiß, dass sie keine andere haben, und kein anderer wird es tun, wenn ich nicht für sie eintrete.«
    »Haben Sie irgendwann mal jemand namens Scratch getroffen?«
    Eve schüttelte den Kopf. »Glaub nicht. Wer ist das?«
    »Der Mann, der laut Al Kelly meinen Sohn zur U-Bahn runtergebracht hat.«
    »Ich glaube, es gibt ihn ebenso wenig wie alles andere, das Al Kelly angeblich gesehen hat.« Sie warf einen Blick auf ihre Uhr, trank ihren Rotwein aus und stand auf. »Ich weiß nicht, ob Ihr Sohn schuldig war oder nicht, aber ich glaube zu verstehen, wie sehr Sie jetzt leiden. Also werde ich mich deshalb mit ein paar Leuten unterhalten, und vielleicht finden wir jemand, der etwas von diesem ›Scratch‹ gehört hat. Rufen Sie mich morgen an?«
    Keith stand auf. »Heißt das, dass Sie mir glauben? Dass Jeff noch am Leben sein könnte?«
    »Es kommt nicht darauf an, was ich glaube«, sagte Eve. »Aber Sie leiden an dem, was Sie glauben. Und Sie werden erst aufhören zu leiden, wenn Sie Gewissheit haben.«
    Und damit ging sie.
     
    Keiner der Männer sprach; das brauchten sie auch nicht.
    Sie wussten alle, warum sie da waren, was sie zu tun hatten und

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