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Der Club der Gerechten

Der Club der Gerechten

Titel: Der Club der Gerechten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Augenblick gab Jeff der Panik nach, die in ihm immer stärker geworden war, seit er begonnen hatte, die Leiter hinaufzuklettern.
    Wo war sie verschwunden? Wohin konnte sie verschwunden sein?
    Herunter! Sie kam zu ihm herunter! Verzweifelt die Taschenlampe schwenkend suchte er die Ratte, doch sie war nicht mehr da. Dann, als seine Panik nachließ, entdeckte er einen oder anderthalb Meter über seinem Kopf einen Seitengang. Die Hoffnung, die von Klaustrophobie und Panik fast erstickt worden war, flackerte wieder auf, und er stieg weiter, bis er den neuen Gang einsehen konnte.
    Weit entfernt entdeckte er etwas, das die Angst, die er eben noch gefühlt hatte, fast völlig zerstreute.
    Licht. Weit weg, kaum zu sehen, aber ganz deutlich.
    Ein Ausweg.

15.Kapitel
     
    »Komm schon, Jinx, du kennst die Regeln. Mach hinne.«
    Das Mädchen blickte von der verschmierten Zeitschrift kaum auf, die sie vor kaum zwanzig Minuten aus einer Mülltonne gefischt hatte. »Soll'n das? Hat Mickymaus Angst, ich könnt sie beklauen?« Sie rutschte ein Stückchen weg, als der Polizist näher kam. »He, komm schon, Paulie, hab ich dir schon mal was getan?« Paul Hagen, der in seiner zwanzigjährigen Laufbahn die meiste Zeit auf dem Times Square Streife gegangen war und jetzt erst anfing, an einen Ruhestand zu denken, der nicht damit begann, dass er angeschossen oder aufgeschlitzt wurde, konnte sich nicht entsinnen, wie viele Jinxes er im Lauf der Jahre gesehen hatte. Und sie hatte Recht – sie hatte ihm nie etwas getan. Und noch vor fünf Jahren hätte er sich wahrscheinlich nicht dazu herabgelassen, mit ihr zu sprechen, es sei denn, er hätte sie mit der Hand in der Tasche eines Touristen erwischt. Doch das war fünf Jahre her, und jetzt war heute, und der Times Square war nicht mehr das, was er einmal gewesen war. In vieler Hinsicht vermisste Paul Hagen die alten Zeiten, in denen der Times Square Ground zero für alle war, die sonst nirgendwo in der Stadt überleben konnten, ein Ort, an dem sie sich auf ihre eigene Weise ein Leben einrichten und mit den anderen Losern herumlungern konnten. Hagen hatte es gelernt, diese Betrachtungsweise zu akzeptieren, schon während der ersten beiden Jahre seines Streifendienstes. Es gab zwei Sorten Mensch auf der Welt: Ordentliche Leute, die ein geregeltes Leben führten, und Penner.
    Er war ein ordentlicher Mensch.
    Bei Jinx und bei allen, die ohne erkennbare Erwerbstätigkeit, ohne feste Adresse, ohne Vergangenheit und ohne Aussichten auf dem Times Square gestrandet waren, handelte es sich um Penner. So lief es nun einmal in der Welt. Penner lungerten auf dem Times Square herum, und alle wussten es. New York wusste es. Die Touristen wussten es. Was immer man wollte – ob es nun eine bestimmte Menge verbotener Drogen in den Sechzigern war oder eine schnelle line, eine Unze Crack in jüngerer Vergangenheit –, auf dem Times Square war es zu haben. Suchte man einen billigen Drink, einen schmutzigen Film oder wollte sich von einer Drag Queen einen blasen lassen – alles da, vierundzwanzig Stunden täglich, sieben Tage die Woche. Sein Job – zumindest wie Hagen ihn sah – war es nicht, dem Einhalt zu gebieten, sondern unter den Dealern eine gewisse Ordnung zu halten. Vielleicht war das meiste in der übrigen Stadt ungesetzlich, aber der Times Square hatte seine eigenen Gesetze.
    Die Touristen kamen auf den Times Square, um Dinge zu sehen, die sie daheim nie zu sehen bekamen, und wenn man ihnen das Geld aus der Tasche klaute oder sie eine Geschlechtskrankheit nach Hause brachten – he, so war eben das Leben in der großen Stadt. Die Stadt wusste es, die Touristen wussten es, und alle waren glücklich.
    Aber nichts war mehr so wie früher.
    Mickymaus kam in die Stadt und verwandelte den Times Square in ein urbanes Disneyland. Alle sagten, es sei wundervoll – die Stadt sicherer denn je. Und Paul Hagen vermutete, dass das stimmte, zumindest für die meisten Leute. Aber was war mit Leuten wie Jinx? Wohin sollte sie jetzt, nachdem man ihm gesagt hatte, er dürfe sie nicht mehr in den Straßen herumlungern lassen? Die Antwort war leicht – niemand scherte sich einen Dreck darum, wohin sie ging, solange sie unsichtbar blieb. Und sein Job, der früher darin bestanden hatte, dafür zu sorgen, dass die Jinxes nicht zu viel Schaden anrichteten, bestand jetzt darin, dafür zu sorgen, dass niemand etwas von ihrer Existenz auch nur ahnte.
    Daher musste er, auch wenn er nichts gegen sie hatte, unnachsichtig gegen

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