Der Club der Lust
das gerade so passend vorgefahren war. Hoffentlich sehen wir uns bald wieder, meine Liebe.
Natürlich war es eine Notlüge gewesen, als er ihr gesagt hatte, er würde abgeholt werden. Aber zu diesem Zeitpunkt würde sie trotzdem noch nicht in der Lage sein, zwei und zwei zusammenzuzählenund Verdacht gegen ihn zu schöpfen. Zumindest nicht, was seine Person betraf, analysierte er trocken und dachte an ihre Lektüre im Zug. Diese Zeitungsausschnitte legten eine unvorhersehbare und interessante Komplikation nahe.
Und
ich
bin schließlich auch angelogen worden, dachte er weiter, während er auf dem Absatz kehrtmachte, um sich zu seinem Auto auf dem Bahnhofsparkplatz zu begeben. Natalie Croft war Journalistin, und aus dem, was er vor dem spannenden Erlebnis im Zug in Natalies Unterlagen gesehen hatte, schloss Steven, dass sie auf dem Weg in ihre Heimatstadt Redwych war, um dort einer Story nachzugehen. Ausgerechnet über Whitelaw Daumery.
Steven fluchte wild vor sich hin. Er verabscheute Daumery. Die Entwicklungen der letzten Zeit und das, was er bereits über den Mann wusste, lösten eine regelrechte Übelkeit in ihm aus. Er hatte kein Problem mit Gewinnstreben, ja nicht einmal mit einer großzügigen Auslegung des Gesetzes. Steven hatte ja selbst eine Fülle an Geheimnissen, und bis zu einem gewissen Maß befürwortete und unterstützte er betrügerische Spiele sogar. Wilde Heuchlerei war ihm allerdings ein echter Dorn im Auge. Whitelaw Daumery verdiente den Sturz von dem Podest aus Selbstgefälligkeit, auf das er sich gestellt hatte. Ein Sturz musste es nicht mal sein. Es reichte schon, wenn sein neuer Platz im Rampenlicht ihm keine Freude mehr machte.
«Mistkerl!», murmelte Steven, verbannte Whitelaw Daumery im Geiste in eine isolierte Gummizelle und wandte sich einem weitaus angenehmeren Thema zu.
Es war nie die Rede davon gewesen, dass Natalie wegen einer Story nach Redwych kommen würde. Nicht mal einen Hinweis hatte es darauf gegeben. Man hatte ihm einen echten Bären aufgebunden, und der Gedanke, sich um die kleine Gaunerin zu kümmern, die ihm diese Information verschwiegen hatte, erzeugte eine köstliche sexuelle Erregung. Ein Spiel machte doch immer mehr Spaß, wenn es einen echten und wahren Bezugzur Realität gab. Die Mühen und Plagen waren dann gleich viel mehr wert.
Er schloss sein Auto auf und stieg ein. Als er nach dem Handy griff, war sein Schwanz schon wieder hart wie Stein.
Steven Small. Großer Gott, ich habe gerade einen Mann namens Steven Small gefickt. Ich habe auf einem Zugklo im Stehen mit einem Mann gefickt, den ich vor einer Stunde noch nie gesehen hatte!
Auf dem Rücksitz des Taxis überfiel Natalie ein leichter Anflug von Panik. Sie war wie weggetreten und spürte eine gewisse Übelkeit – als wäre sie gerade zu schnell aus einem lebhaften Traum erwacht. Natalie war unglaublich erleichtert, dass Steven Small sich das Taxi nicht mit ihr teilen konnte, denn sie hätte nicht die leiseste Ahnung gehabt, worüber sie mit ihm sprechen sollte.
Eben noch hatte sie mit ihm einen Orgasmus in einer schmuddeligen Zugtoilette erlebt und ihren Körper an seinen gepresst, um schon wenig später auf dem Bahnhof zu stehen – umgeben von völlig normalen, langweiligen und durch und durch asexuellen Menschen. Sie hatte sich von Steven Small verabschiedet, als hätten sie nichts weiter miteinander gehabt als ein Gespräch über das Wetter bei einer Tasse widerlichem Automatenkaffee.
Mist! Ich habe mir ja nicht mal seine Telefonnummer geben lassen.
Natalie fing auf einmal an zu schwitzen und bemerkte, wie sie errötete. Noch bevor sie sich zurückhalten konnte, schaute sie in den Rückspiegel und erwischte die Taxifahrerin dabei – ein weiblicher Chauffeur, äußerst ungewöhnlich! –, wie sie sie unverhohlen anstarrte. Ihr war fast, als könnte die Frau die ganze Geschichte in Natalies heißem, rötlichem Gesicht ablesen. Ihre bloßen, leicht gebräunten Schenkel verrieten sie auch in gewisser Weise, denn sie passten so gar nicht zu dem Business-Outfit. Aber die Strumpfhose hatte sie unmöglich wieder anziehen können.
Ein Anflug von Müdigkeit überkam sie, und Natalie hätte der Fahrerin am liebsten gesagt, dass sie einfach nur fahren und sich um ihren eigenen Kram kümmern sollte. Schließlich tat sie einfach so, als hätte der Augenkontakt nie stattgefunden, und starrte durch das Fenster auf das vorbeirauschende Stadtbild des schönen Redwych.
Ich habe das alles nur geträumt,
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