Der Club der unsichtbaren Gelehrten
Menge erreicht hatte, an dem nicht mitzuklatschen undenkbar gewesen wäre. Aufhören zu klatschen wäre ebenso undenkbar gewesen, und innerhalb weniger Sekunden schwoll der Applaus zu einem Sturm an.
Nutt wandte sich wieder der restlichen Mannschaft zu. Tränen rannen über sein Gesicht. »Bin ich etwas wert?«, wollte er von Glenda wissen.
Sie rannte auf ihn zu und schloss ihn in die Arme. »Aber das bist du doch schon immer gewesen.«
»Dann haben wir, sobald das Spiel vorbei ist, einiges zu tun.«
»Aber es ist doch schon seit Ewigkeiten vorbei«, sagte Glenda.
»Nein, es ist erst dann vorbei, wenn der Schiedsrichter abpfeift. Das weiß doch jeder.«
»Bei Io, da hat er recht«, sagte Ridcully. »Nun machen Sie schon, Dekan. Hauen Sie rein!«
Der Erzkanzler der Universität Brazeneck sah gnädigerweise über den falschen Titel hinweg, setzte die Riesenpfeife an die Lippen, holte tief Luft und ließ die Erbse kreiseln. Trotz alledem hatte der Schatten von Evans dem Gestreiften das letzte Wort: »UND DASS MIR KEINER NOCH LANGE IN DER DUSCHE RUMMACHT!«
Als die Menge von den Tribünen herabströmte und den nun heiligen Rasen zertrampelte, tippte Ridcully einem bedrückten Joseph Hoggett auf die Schulter und sagte: »Es wäre mir eine Ehre, mit Ihnen das Hemd zu tauschen, Herr Hoggett.« Er ließ seinen Hut auf den Boden fallen, zog sich das Trikot über den Kopf und entblößte eine Brust, die dermaßen behaart war, dass sie wie zwei schlafende Löwen aussah. Das United-Hemd, das er im Gegenzug bekam, war ein wenig eng geschnitten, aber das spielte keine Rolle, weil, wie es Andy vorausgesehen hatte, die Unsichtbaren Akademiker tatsächlich von der jubelnden Menge auf die Schultern gehoben (mit Ausnahme von Frau Allesweiß, die sich nach Kräften dagegen wehrte) und im Triumphzug durch die Stadt getragen wurden. Es war ein Triumph. Egal, ob man gewonnen oder verloren hatte, es war auf jeden Fall ein Triumph.
Sie glauben, dass jetzt alles vorbei ist?
Die Zauberer der Unsichtbaren Universität wussten, wie man feiert. Pepe und Madame Sharn waren beeindruckt. Trotzdem blieb Geschäft immer noch Geschäft, und sie mussten über Juliet nachdenken. »Ich kann sie nirgendwo sehen«, sagte Madame.
»Ich glaube, ich habe vorhin zwei von ihr gesehen«, sagte Pepe. »Diese Burschen lassen sich’s hier wirklich gut gehen – ich habe noch nie eine so riesige Käsetafel gesehen. So was lässt einen das Zölibat tatsächlich in Erwägung ziehen.«
»Ist das dein Ernst?«
»Nein. Apropos, ist dir dieser sehr große Zauberer aufgefallen, der dich ständig ansieht, meine Liebe?«
»Das ist Professor Bengo Macarona. Meinst du, dass er …?«, fing Madame an.
»Ohne auch nur den geringsten Zweifel, meine Liebe. Ich weiß, dass er Verletzungen an den Beinen erlitten hat, aber ich glaube kaum, dass das ein Problem sein würde.«
Wieder reckte Madame den Hals und suchte in der Menge nach der glitzernden Gestalt. »Ich hoffe bloß, dass sich unser junges Model in keinerlei Techtelgemechtel verwickelt.«
»Wie denn? Sie ist doch ständig von Bewunderern umgeben.«
»Möglich wäre es trotzdem.«
Dabei saßen Juliet und Trev in der Dunkelheit der Nachtküche. »Ich finde schon irgendwas zu tun«, sagte Trev. »Ich gehe überall hin, wo du hingehst.«
»Du solltest hierbleiben und Fußball spielen«, sagte Juliet. »Weißt du, was einige Leute vorhin gesagt haben, als wir getrunken haben? Sie haben gesagt, Dave Likely sei dein Vater gewesen.«
»Na ja, das stimmt auch.«
»Ja«, sagte Juliet, »aber früher haben sie gesagt, du bist sein Sohn.«
»Vielleicht spiele ich ein bisschen Fußball«, räumte Trev ein. »Aber ich glaube nicht, dass ich noch einmal mit der Blechbüchse durchkomme.«
Sie küssten sich.
In diesem Moment und an diesem Ort war das alles, was ihnen als notwendig erschien. Wie auch immer …
Auch Glenda und Nutt hätten gerne ein stilles Plätzchen irgendwo abseits gefunden, wenn möglich ebenfalls dunkel. Zufällig hatte sie zwei Eintrittskarten aus der Tasche gezogen, die von Dr. Hix bei seinem Versuch, überall auf der Welt mittels Amateurtheater Düsterkeit und Verzweiflung zu verbreiten, dort hineingesteckt worden waren. Es waren die Eintrittskarten für ein Stück der Volksbühne Tolle Schwestern namens Liebe unter schlechtem Stern, geschrieben von dem Dramatiker Hwel. Nun saßen sie Hand in Hand, schauten in feierlicher Stimmung zu, spürten, wie ihnen leise Schauer über den
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