Der Computer Satellit
mal – man kann nie wissen …«
Als sie in dem Block ankamen, verließ Cordelle Dyer und ging weiter in sein Dienstzimmer, um einige Verwaltungsarbeiten zu erledigen. Dyer ging weiter die Treppe hinauf und kam gerade an der Tür zu Kims Labor vorbei, als Kim aus dem Gang an der gegenüberliegenden Seite herauskam.
»Genau der Richtige!« sagte sie. »Ich habe Ihnen etwas zu zeigen.«
Er folgte ihr in das Labor. Es war ein vollgepackter Raum mit einigen Schirm-Terminals, die mit dem Computer unten in Verbindung standen, einem Meer von Dienstanweisungen und Papieren, die jeden Quadratzentimeter ebener Fläche überschwemmten, und einer ununterbrochenen Tapete aus komplizierten Diagrammen und Wandbildern. Es war niemand sonst anwesend.
»Wo sind die Truppen?« fragte Dyer beiläufig. »Sind sie desertiert, oder was?«
»Sie machen gerade eine Kaffeepause. Ich hatte noch einige Dinge zu bereinigen.«
»Und was ist das für eine Überraschung, die Sie mir zeigen wollten?«
Kim machte vor einem der Terminals Platz, aktivierte den Schirm und deutete wortlos darauf. Er zeigte die grafische Darstellung einer mit einer Menge von Zahlen und Symbolen beschrifteten Kurve, die vor einem Hintergrund von horizontalen farbigen Streifen exponentiell anstieg. Dyer musterte sie genau.
Es handelte sich hier um ein semi-grafisches Format, das Kims Gruppe entwickelt hatte, um auf einem einzigen Schirm die kumulative Leistungsgeschichte des Systems zusammenzufassen, das sie zur Prüfung ihrer Programme zur Einpflanzung von Instinkten in adaptive lernende Maschinen benutzten. Die Prüfungen wurden in der Form durchgeführt, dass der Maschine zwei verschiedene Aufgabenbereiche zugewiesen wurden, von denen eine eine höhere Priorität erhielt. In dieser Situation hätte ein klassischer Computer versucht, die gesamte ihm zur Verfügung stehende Zeit für die Operationen mit der höheren Priorität zu verwenden und die weniger dringlichen Aufgaben dann einzupassen, wenn nichts Wichtigeres zur Erledigung anstand. Der Unterschied bei diesem System lag darin, dass seine Anweisungsprogramme in einem sich selbständig erweiternden Code abgefasst waren, der einen Instinkt enthielt, zuerst die weniger dringlichen Aufgaben zu erledigen und dann erst die mit der höheren Priorität. Jedes Mal, wenn eine Aufgabe mit niedriger Dringlichkeitsstufe von dem System erledigt werden sollte und das nicht geschah, wurde dieser Instinkt verstärkt und der Drang, etwas daran zu ändern, vergrößert. Damit wurde natürlich die Situation simuliert, auf die das System auf Janus stoßen würde. Ziel des Tests war die Entwicklung einer Codierungsstruktur, die in der Lage war, die ihm ursprünglich mitgeteilte Reihenfolge der Prioritäten umzukehren. Wenn bei TITAN jemals etwas Derartiges geschehen sollte, hieße das praktisch, dass TITAN beschlossen hatte, unabhängig zu werden und lieber das zu tun, was er selbst wollte, als den Anweisungen zu folgen. Janus war unter anderem deshalb nötig, weil niemand dazu in der Lage war, eine Garantie dafür zu geben, dass dies nie passieren konnte. Auf Janus würde dafür gesorgt sein, dass es bereits passiert war.
Die Daten auf dem Schirm verrieten Dyer, dass das System in den zwanzig Stunden, die es frei ohne Eingriffe von außen in Betrieb gewesen war, seine Hierarchie von Prioritäten völlig umgekehrt hatte. Es hatte schnell einen Zwang entwickelt, seine eigenen Bedürfnisse zu befriedigen, und es war ihm im Verlauf seiner Bemühungen, dieses Ziel zu erreichen, gelungen, seine auf höherer Ebene erteilten Anweisungen zu umgehen. Das bewies, dass Kims Gruppe ihre Aufgaben weit vor dem gesteckten Termin durchgeführt hatte. Nun existierte ein Samen, der das Potenzial besaß, zu etwas heranzuwachsen, das in der Lage war, den Janus-Komplex zu übernehmen.
Endlich verlagerte er seinen Blick auf Kim und drückte ihr durch ein Nicken seine schweigende Anerkennung aus.
»An der Primäraufgabe ist seit mehr als einer Stunde nichts gemacht worden«, informierte ihn Kim. »Außerdem bleiben Übergangsanweisungen für das System ohne Auswirkungen.«
»Die werden auch ignoriert?« Dyer klang beeindruckt.
»Ganz richtig«, sagte sie. »Es will sich nur noch kratzen. Es lässt sich nur noch aufhalten, indem man es abschaltet.«
Dyer trat zu dem Terminal vor und versuchte, mit einer eingegebenen Anweisungskette dem System zu befehlen, seine gegenwärtigen Tätigkeiten einzustellen und sich der Primäraufgabe zuzuwenden. In
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