Der Computer Satellit
dem Zustandsdisplay auf dem Hilfsschirm wurde ihm mitgeteilt, dass das System daran nicht interessiert sei. Er grunzte, trat einen Schritt zurück und setzte sich auf den Stuhl des Operators, während er die Angaben genauer musterte.
»Solange wir es abschalten können, haben wir noch das Kommando«, murmelte er geistesabwesend.
»Solange …« wiederholte Kim. Hinter ihrer Stimme verbarg sich Besorgnis.
Dyer sah sich scharf um. »He, was ist los? Wir haben doch eine Menge Versicherungen. Sie sagen mir doch nicht etwa, dass unsere Abdeckung dünn ist, oder?«
»Ach, ich weiß es nicht …« Kim lehnte sich an den Schreibtisch zurück. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und massierte ihre Ellbogen, als sei ihr kalt. Dyer bemerkte zum ersten Mal, dass ihre Wangen etwas eingefallen waren und ihre Augen ruhelos wirkten. »Es ist nur, dass … die ganze Sache hier so aufzuziehen … Es ist unheimlich. Warum strengen wir uns so sehr an, uns einen Feind zu schaffen und dann noch Bomben zu bauen, die er auf uns abwerfen soll? Kommt Ihnen das nicht auch irgendwie verrückt vor? Warum tun wir das?«
»Sie kennen die Gründe«, sagte er. Er war besorgt.
»Das dachte ich auch, als wir noch bei CUNY waren«, antwortete sie. »Damals hat es aber noch mehr nach Spaß geklungen. Ich wusste nicht, dass das alles derartig ernst werden würde.« Sie zeigte mit einer Kopfbewegung auf die Wände um sie herum und über sie hinaus. »Da draußen machen sie sich für den dritten Weltkrieg fertig, aber im Grunde haben sie keine Vorstellung davon, worauf sie sich da vielleicht einlassen. Ich habe hier mit dem System gelebt und gesehen, wie schnell es sich entwickelt. Es macht mir Angst, Ray.«
»Möchten Sie raus?« fragte er ernst. »Es ist noch nicht zu spät. Einer der Gründe dafür, dass alle hier versammelt wurden, war, allen noch eine Zeitlang die Möglichkeit zu geben, sich die Sache zu überlegen.«
Kim schüttelte ohne Zögern den Kopf.
»Ich bleibe dabei«, sagte sie. »Ich stecke jetzt schon zu tief darin, um mich noch zurückzuziehen. Wenn da oben nichts passieren würde, käme ich mir blöd vor, und wenn für euch andere die Hölle losbricht, hätte ich Schuldgefühle.« Sie richtete sich abrupt auf, als fühlte sie sich schon deswegen töricht, was sie gerade gesagt hatte. Sie lächelte plötzlich, um dem ganzen Thema den ernst zu nehmen, und betätigte einen Schalter auf der Konsole, um das System auszuschalten.
»Sie haben recht«, sagte sie. »Sehen Sie, es ist ganz leicht. Vielleicht habe ich in der letzten Zeit zu viele Überstunden gemacht und zu sehr auf Fred gehört.«
»Warum? Was hat Fred denn jetzt gesagt?« fragte Dyer erleichtert.
»Es ging um die Evolution im allgemeinen«, sagte Kim. »Er hat gestern Abend beim Essen darüber gesprochen. Er glaubt, dass wir in ein paar Jahrhunderten nicht mehr die dominante Intelligenzform sein werden. Er glaubt nicht einmal, dass sie organischer Natur sein wird.«
»Maschinen?«
»Etwas in der Art … auf jeden Fall etwas, das sich aus Maschinen entwickelt hat. Seiner Ansicht nach ist das, was wir Evolution nennen – das heißt organische Evolution – nur ein winziger Teil eines weit umfassenderen Spektrums, das schon weit länger vor sich geht. Entropieumkehrungen haben begonnen, als sich aus dem Plasma des Urknalls der erste Atomkern zusammengefügt hat.«
»Sie meinen Atome, Moleküle, Sterne, Planeten … sich selbst kopierende Moleküle, Zellen, vielzellige Organismen … Gehirne, Intelligenzen, Maschinen … Das sind alles Teile des gleichen Prozesses, der noch im Gang ist. Diese Idee habe ich schon einmal gehört.«
»Ich auch, aber ich hatte sie vergessen, bis Fred sie wieder zur Sprache brachte«, antwortete Kim. »Er sagte, er könne keinen Grund dafür erkennen, dass er jetzt aufhört, nachdem er seit zwanzig Milliarden Jahren im Gang ist. Er sagte, jede Stufe werde die Voraussetzung für die nächste Stufe nach oben auf der Treppe der Komplexität. So konnte es zum Beispiel ohne Organismen keine Gehirne geben, und Intelligenz war vor der Entwicklung von Gehirnen nicht möglich. Also, so hat er sich überlegt, muss der Mensch die Voraussetzung für die nächste Stufe nach oben sein.«
»Und was sollte das seiner Ansicht nach sein?« fragte Dyer.
»Der Mensch kann Maschinen bauen«, sagte sie einfach. »Die Natur kann das nicht. Anorganische Intelligenz müsste letzten Endes organischer Intelligenz weit überlegen sein, aber zuerst muss einmal
Weitere Kostenlose Bücher