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Der Consul

Der Consul

Titel: Der Consul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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Röhm mit seiner SA sich Strasser unterstellen wird. Wir wissen genauso wenig, was Goebbels nun treibt, der ist immerhin Gauleiter in Berlin und Reichspropagandaheini. Ich habe übrigens mal seinen Stellvertreter kennengelernt, einen gewissen Himmler, eine völlig unscheinbare Größe. Goebbels war zwar ein Linker, jedenfalls nach Nazimaßstäben, aber er hasst Strasser und gehört längst zu den Hitlergläubigen. Und Göring kann er auch nicht leiden.
    Und dann gibt es da noch die anderen Gauleiter, etwa Streicher in Nürnberg, der sich an Hitlerhörigkeit nicht übertreffen lassen will. Und was ist mit Sauckel, dem Thüringer Ministerpräsidenten? Keiner weiß, wie er sich verhalten wird. Warten, bis sich die stärkeren Bataillone zeigen?« Rickmer zuckte die Achseln. »Langer Rede kurzer Sinn: Wir befürchten, die NSDAP zerfällt in zwei oder mehr Fraktionen. Die eine geht mit der KPD, die andere mit Hugenbergs Deutschnationalen und Duesterbergs Stahlhelm. Und weitere gründen vielleicht neue Sekten.«
    Rickmer schaute mich eindringlich an, als wollte er fragen: Na, haben Sie es nun gefressen? Er sagte: »Die ganze Sache läuft auf einen Bürgerkrieg hinaus. Und in dem verlieren im Zweifelsfall alle. Aber nicht die Polen und die Franzosen. Die machen uns nämlich fertig, wenn sie Beute wittern.«
    »Was tun Sie dagegen, ich meine die Reichswehr?«
    »Wir hoffen, dass nach der ersten Erschütterung in der Nazipartei die Vernunft siegt. Wenn nicht, werden wir den Bürgerkrieg schnellstmöglich beenden.«
    Ich hatte Hitler, Strasser, Göring und Goebbels reden gehört und fragte mich, was das mit Vernunft zu tun haben sollte. Ich muss ungläubig geguckt haben.
    »Besser gesagt, dass der Hass auf die Kommune größer ist .«
    ». dass Göring Thälmann stärker hasst als Strasser?«
    Rickmer nickte.
    Wohlfeld kaute auf einem zu großen Stück Wurstbrot. Er schaute Rickmer an, als verkörpere der die Offenbarung. Manchmal unterbrach er das Kauen, um besser zuhören zu können. Als er den Bissen hinuntergeschluckt hatte, sagte er leise: »Herr Oberleutnant, Sie gestatten? Und wenn die Kommunisten das Chaos in der Nazipartei ausnutzen und putschen? In Russland hat es 1917 nur ein paar zehntausend Bolschewisten gegeben, bei uns gibt es dreihunderttausend.« Es klang, als wäre ihm die Gefahr klar geworden, während er sein Wurstbrot kaute.
    Rickmer wandte sich ihm zu. »Die Gefahr gibt es. Aber ich glaube nicht, dass die Kommunisten das wagen. In Wahrheit nämlich sind die längst abgeschlafft. Vor ein paar Jahren noch, ja, da wäre denen alles zuzutrauen gewesen. Außerdem, wenn die das versuchen, fegt die Reichswehr sie weg, und alle anderen hätten die auch gegen sich. Nein, die kommen nur ins Geschäft, wenn die Nazis übereinander herfallen. Dann könnte es passieren, dass die Strassers sich mit Thälmann zusammentun, um die Rechten zu schlagen. Aber jetzt sollten wir vielleicht weiterfahren, meine Herren. Genug der Sternenkunde.« Er lachte, rief nach dem Wirt und bezahlte für uns alle.
    Als wir wieder im Auto saßen und Wohlfeld losgefahren war, spürte ich den Ärger in mir aufsteigen. Wie selbstverständlich riss Rickmer die Führung an sich, und natürlich wusste er längst, aus welchem Kreis der Täter kam. Ich vermutete auch die KP hinter dem Anschlag, Hitler war ihr gefährlichster Feind, aber ich war Kriminalist, mir genügten plausible Schlüsse nicht als Spur. Außerdem war mir der Oberleutnant zu forsch.
    In Halle aßen wir zu Mittag. Diesmal bezahlte ich. Rickmer aß nicht viel und sagte kaum etwas. Ob er redete, ob er schwieg, mir blieb der Mann ein Rätsel. Hinter seiner Freundlichkeit und Forschheit steckte noch etwas anderes. Das fühlte ich, das sagte mir meine Berufserfahrung. Wäre Rickmer ein wichtiger Zeuge in einem Mordfall gewesen, hätte ich ihn bearbeitet. Und ich hätte etwas aus ihm herausgekriegt.
    Wohlfeld sagte nichts, wenn er mich nicht gerade bat, einen Blick auf die Karte zu werfen. Das war eigentlich überflüssig, da die Straße ordentlich ausgeschildert war und der Autoatlas genug Details zeigte.
    Am Seitenfenster zogen Regentropfen ihre Spuren. Ich dachte an Erika. Es war ein hässlicher Streit gewesen. Es begann, wie fast immer, mit meiner Eifersucht. Und sie konterte, wie immer, indem sie mich an mein Versprechen erinnerte. »Das ist doch lächerlich, du ziehst nachts durch die Stadt und fängst Ganoven, und heiraten willst du mich auch nicht, Entschuldigung, noch nicht. Wegen

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