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Der Countdown

Der Countdown

Titel: Der Countdown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Mofina
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Doch die Kollegen, mit denen ich dort sprach, vermittelten mir den Eindruck, dass es sich ein wenig anders zugetragen hat.”
    “Ray wollte niemals darüber sprechen. Doch ich habe immer befürchtet, dass man ihn gezwungen hat zu gehen. Oder dass er gefeuert wurde und er dadurch in seine verzweifelte Lage geriet. Wir wollten ihm nur aushelfen, weshalb ich ihm von Zeit zu Zeit Geld gab. Etwa als er sagte, dass er mit Anita und den Kindern zum Camping in die Berge fahren müsse.”
    “Glauben Sie, dass Ray wegen seiner Arbeit in Gefahr schwebte?”
    “Corporal, gibt es da etwas, das Sie mir nicht sagen?”
    “Ich brauche nur die Bestätigung, dass es ein Unglücksfall war. Wir haben seinen Laptop noch immer nicht gefunden. Hat er je über die letzte Story gesprochen, an der er arbeitete?”
    “Er erzählte mir nur, dass es eine große Sache sei und er sich diesmal sicher wäre, damit einen Buchvertrag zu ergattern.”
    “Hatte es etwas mit Terroristen zu tun? Er schien in diese Richtung zu recherchieren.”
    “Ich weiß nicht. Vielleicht.”
    “Glauben Sie, dass er die Sache vielleicht aufgebauscht hat?”
    Die Frage traf einen Nerv.
    “Nicht jede Spur, der er nachging, führte letztendlich zu einer Geschichte. Das liegt in der Natur seines Berufs.”
    “Hatte er Feinde?”
    “Ich weiß es nicht. Wollen Sie mir sagen, dass jemand meinen Sohn und seine Familie wegen einer gottverdammten Nachrichtenstory getötet hat?”
    Du musst die wichtigsten Indizien des Falles zurückhalten
, warnte Graham sich selbst.
    “Nein. Das will ich damit nicht sagen. Fakt ist, dass ich es nicht weiß. Es tut mir leid. Ich versuche nur, ein Verbrechen auszuschließen, damit wir sicher sein können. Rays verschwundener Laptop macht mir Sorgen. Es könnte ein Raubüberfall gewesen sein, der außer Kontrolle geriet, oder jemand stahl ihn, nachdem Ray und alle anderen das Lager verlassen hatten.”
    Tarver starrte Graham an.
    “Ich kann Ihnen nur sagen, dass mein Sohn ein guter Reporter war. Er stellte alles infrage. Er grub tief. Ich weiß, dass er ein Einzelgänger war, sogar ausgegrenzt wurde. Anita erzählte es mir. Aber Ray war nicht wie die meisten Reporter in Washington, die schlucken, was man ihnen vorsetzt.”
    “Ich verstehe.”
    “Nun, Rays Arbeitszimmer ist im Keller. Bitte hier entlang.”
    Im Keller roch es nach Waschmittel. Er war unterteilt in eine Reihe kleiner, niedriger Räume, alle mit einer Holzverschalung, die sich noch aus den Siebzigerjahren hinübergerettet hatte. Es gab ein kleines Gästezimmer und ein Gäste-WC mit einem veralteten Linoleumbelag, eine Kombination aus Wäsche- und Heizungsraum sowie ein Arbeitszimmer.
    Graham schätzte das Arbeitszimmer auf etwa sechs Quadratmeter. Es war vollgestopft mit deckenhohen Regalen, zwei Hängeregistraturschränken und einem großen Schreibtisch mit Computer und Monitor.
    “Nichts in diesem Raum wurde seit dem Tag ihrer Abreise nach Kanada berührt. Die Aktenschränke sind unverschlossen. Nutzen Sie den Computer, wie immer Sie wollen. Nehmen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen. Ich bin oben.”
    Zeitungen stapelten sich in der Ecke neben den Regalen. Auf der anderen Seite hingen diverse laminierte Presseschilder an ihren Halsbändern. Ein paar gerahmte Auszeichnungen für investigativen Journalismus stapelten sich auf einem Regalbrett.
    An eine Wand war eine mannshohe Zielscheibe aus Papier geheftet. Die aufgezeichnete Silhouette eines männlichen Oberkörpers war im Zentrum von Kugeln durchlöchert. Eine Hand voll leerer Patronenhülsen lag im Regal daneben.
    Vergilbte Titelseiten von bedeutenden lokalen Zeitungen in San Francisco, Dallas, Miami, Boston, Minneapolis, Philadelphia und Denver, die Artikel von Ray Tarver abgedruckt hatten, hingen an einer Wand. Schnappschüsse von Ray mit anderen Reportern in Europa, dem Mittleren Osten, Kuwait, Irak, Japan, Afrika. Ray mit Präsident Bush. Ray mit Präsident Clinton.
    War das dort Bruce Springsteen, gleich neben Ray?
    Der Mann war ganz schön rumgekommen.
    Graham stellte seinen Becher auf dem Schreibtisch ab, setzte sich und schaltete den Computer ein. Während das Gerät hochfuhr, sah er auf die Uhr. Es war zehn vor halb Elf. Er machte sich daran, jede auf dem Desktop gespeicherte Datei zu lesen, danach durchsuchte er die Festplatte.
    Vieles befand sich in einem ähnlichen Zustand wie die Mappe, die Kate Morrow ihm gegeben hatte – Artikel, Berichte, Notizen, die für Graham keinen Sinn ergaben. Dann

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