Der Countdown
es wirklich nicht gewusst?” Dawn berührte ihre Schulter. “Liebes, wir dachten, du wüsstest Bescheid. Jeder wusste es.”
“Wovon sprichst du?”
“Ein paar von Macs Truckerkumpeln haben Jake vor einiger Zeit mit einer Frau in einer Bar gesehen. Und dann noch einmal, ein paar Monate bevor er dich verließ.”
“Was soll das heißen?”
“Dein Mann hat dich betrogen, das soll es heißen.”
“Nein, da muss ein Irrtum vorliegen. Wo haben sie ihn denn gesehen?”
“Kein Irrtum. Diese Jungs kannten Jake. Ich glaube, beim ersten Mal war es Bakersfield.”
“Bakersfield?”
“Danach könnte es eine Truckerkneipe außerhalb von Las Vegas gewesen sein. Oder noch mal Bakersfield. Egal. Aber sie haben definitiv deinen Mann mit einer anderen Frau gesehen.”
“Dawn, sag mir genau, was du weißt!”
“Sie sagten, sie hätten Jake mit einer Frau gesehen und sie wären zusammen gewesen.”
“Nein, nein. Das kann nicht sein. Jake hatte Probleme nach dem Irak, aber nicht so etwas.”
“Liebes, er ist ein Trucker. Und manche Männer leben auf der Straße ein anderes Leben.”
Maggie spürte, wie der Boden unter ihr nachgab. Der Raum schien sich zu drehen.
“Nein, das kann nicht stimmen. Wer ist diese Frau? Wie heißt sie?”
“Herrje, wenn ich das wüsste. Macs Freunde sagten, sie sei dunkelhaarig gewesen. Hübsch. Spielt es eine Rolle? Der Punkt ist doch, dass wir alle wissen, was dir passiert ist, und nun geht das Gerücht um, dass du mit
Hellsehern
sprichst. Meine Güte.”
“Dawn, bitte.”
“Maggie, jetzt hör mir einfach zu. Ich rate dir von Frau zu Frau: Du musst diesen Mist mit Jake loslassen. Das geht schon viel zu lange so.”
“Du verstehst überhaupt keinen Funken von mir.”
“Süße, ich verstehe weit mehr, als du denkst. Weißt du, bevor ich Mac kennenlernte, ging es mir genauso wie dir, nur mein Idiot hieß … Ach, vergiss es. Die meisten Männer sind geborene Arschlöcher. Das sollte ihr zweiter Vorname sein.”
“Dawn, hör auf. Bitte.”
Maggie griff nach ihrer Tasche, um zu gehen. Dawn hielt sie freundlich am Arm fest.
“Du musst das Kommando übernehmen, Mädchen. Nimm dir einen Anwalt, reich eine Sorgerechtsklage für deinen Sohn ein, geh vor Gericht.”
“Lass mich los, ich habe genug gehört.”
“Ich versuche nur, dir mit meiner Erfahrung zu helfen.”
Maggies Hand umklammerte ihre Tasche. Sie trat einen Schritt auf Dawn zu und senkte ihre Stimme. “Lass mich los, oder ich breche dir deinen verdammten Arm.”
Dawn blieb der Mund offen stehen, als Maggie sie abschüttelte.
Maggie stürmte aus dem Restaurant, sprang in ihren Wagen und fegte mit quietschenden Reifen vom Parkplatz. Wie benebelt fuhr sie nach Hause, in ihrem Kopf pochten die Wut und die Angst.
Eine andere Frau.
Tief in ihrem Herzen konnte sie nicht glauben, dass Jake sie betrog. Trotz allem, was nach dem Irak geschehen war, hatte sie diese Möglichkeit nicht einmal erwogen.
Hatte er Logan tatsächlich mitgenommen, um sie für eine andere Frau zu verlassen?
Das konnte nicht wahr sein.
Warum hatte ihr niemand etwas gesagt? Warum wusste der Privatdetektiv nichts davon? Warum wusste die Polizei nichts? Warum wussten die Selbsthilfegruppen nichts?
Warum wusste SIE nichts?
Maggies Selbstvorwürfe wurden stärker, als sie die Haustür aufschloss. Ihre Knie zitterten. Sie warf die Tür hinter sich ins Schloss, lehnte sich gegen sie und ließ sich zu Boden sinken.
Besiegt.
Ihre Ängste umzingelten sie, bedrängten sie, fauchend und knurrend.
Eine andere Frau, ein Sarg, der heruntergelassen wird, eine sterbende Hellseherin. Ihre Vision einer Frau, die ein totes Kind trägt. Ein Video des falschen Jungen.
Ein schriller Klagelaut entfuhr Maggie, die sich der Dunkelheit hingab und bewegungslos auf dem Boden saß, mit dem Rücken an die Tür gelehnt.
Bis es Nacht wurde.
Sie wusste nicht, wie viele Stunden vergangen waren, als sie schließlich wieder aufstand. Etwas lag in ihrer Hand. Sie hielt es fest, während sie von Raum zu Raum ging und die Bilder vor ihren tränenverschleierten Augen verschwammen.
In Logans Zimmer fuhr sie mit den Fingern über seinen kleinen Schreibtisch. Die Bücher auf seinem Regal, seine Modellautos und Kriegsschiffe, die Poster seiner Helden und das Bild von Jake, der sie aus seinem Truck im Irak anlächelte. Sie öffnete seinen Schrank mit T-Shirts, Hosen und Jeans, zog ein Trikot der Dodgers an ihr Gesicht und sog Logans Duft ein.
Ich liebe dich so sehr.
Sie ging
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