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Der Courier des Czar

Der Courier des Czar

Titel: Der Courier des Czar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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beiden Wasserläufe mischten sich deren verschieden gefärbte Fluthen, wobei die klarere Kama hier dem linken Ufer denselben Dienst leistete, wie bei Nishny-Nowgorod die Oka dem rechten, und zur Verbesserung des Wassers sichtbar beitrug.
    Die Kama endigte in weitgeöffneter Mündung, umrahmt von lieblich bewaldeten Ufern. Einige weiße Segel belebten das reinliche Wasser, auf dem die Sonne in vollem Glanze lag. Mit Espen, Erlen und dann und wann mit mächtigen Eichen geschmückte Hügel schlossen den Horizont in harmonischer Linie ab, die bei dem blendenden Mittagslichte da und dort mit den Tiefen des Himmels sich zu verschmelzen schien.
    Und doch schien es, als blieben diese Naturschönheiten ohne allen Eindruck auf den Gedankengang des jungen Mädchens. Sie hatte nur Eins im Auge: ihr Reiseziel zu erreichen! – Die Kama bildete für sie nur einen leichteren Weg, dahin zu gelangen. Wie glänzten ihre Augen in schönem Feuer auf, wenn sie diese nach Westen richtete, so als wollte sie den fernen Horizont durchbohren.
    Nadia hatte die Hand in der ihres Gefährten gelassen und fragte, indem sie sich zu ihm hinwendete,
    »Wie weit sind wir jetzt von Moskau weg?
    – Neunhundert Werst, antwortete Michael Strogoff.
    – Neunhundert auf sieben Tausend!« seufzte das junge Mädchen.
    Die Zeit zum Frühstücken war gekommen; das Läuten einer Glocke meldete es den Reisenden. Nadia folgte Michael Strogoff nach den Restaurationsräumen des Steamers. Sie berührte die auf einer seitlichen Tafel servirten Vorspeisen nicht, unter denen sich Caviar, Hering in Stücken, anishaltiger Kornbranntwein u. dergl. zur Anregung des Appetites befand, eine Sitte, der man in allen nördlichen Ländern, in Rußland ebenso wie in Schweden und Norwegen begegnet. Nadia aß nur wenig, etwa wie ein armes Mädchen, deren beschränkte Mittel sie nicht weiter gehen ließen. Michael Strogoff glaubte sich also auch mit den Gerichten zufrieden geben zu sollen, welche seiner Gefährtin genügten, nämlich ein wenig »Kulbat«, eine Art Pastete aus Reis, Eidotter und geklopftem Fleisch; Rothkohl mit Caviar und als Getränk etwas Thee.
    Diese Mahlzeit war weder lang noch kostspielig, und kaum zwanzig Minuten, nachdem sie sich zu Tisch gesetzt hatten, betraten Michael Strogoff und Nadia wieder das Deck des »Kaukasus«.
    Sie setzten sich auf dem Hinterdeck nieder, und Nadia begann ohne alle Umschweife, aber mit leiser Stimme, um nur von ihrem Nachbar gehört zu werden:
    »Bruder, ich bin die Tochter eines Verbannten. Ich heiße Nadia Fedor. Vor kaum einem Monat starb in Riga meine Mutter, und ich begebe mich jetzt nach Irkutsk, um meinen Vater aufzusuchen und sein Exil zu theilen.
    – Auch ich gehe nach Irkutsk, antwortete Michael Strogoff, und werde es als eine Gnade des Himmels betrachten, Nadia Fedor frisch und gesund in die Arme ihres Vaters zu führen.
    – Ich danke, Bruder!« erwiderte Nadia.
    Michael Strogoff fügte noch hinzu, daß er für Sibirien einen speciellen Podarvshna erhalten habe und ihrer Reise seitens der russischen Behörden kein Hinderniß im Wege stehen werde.
    Nadia fragte nicht weiter. Sie sah in der zufälligen Begegnung dieses einfachen, gutherzigen jungen Mannes nur Eins: das Hilfsmittel, zu ihrem Vater zu gelangen!
    »Ich besaß, fuhr sie fort, einen Paß, der mir erlaubte, nach Irkutsk zu gehen; ihn hat der Erlaß des Generalgouverneurs zu Nishny-Nowgorod ungiltig gemacht, und ohne Dich, Bruder, hätte ich die Stadt, in der Du mich wieder fandest und in welcher ich umgekommen wäre, nicht verlassen können.
    – Und allein, Nadia, bemerkte Michael Strogoff, ganz allein wolltest Du Dich durch die Steppen Sibiriens wagen?
    – Es war meine Pflicht, Bruder.
    – Wußtest Du aber nicht, daß das empörte und von Feinden überschwemmte Land kaum zu passiren ist?
    – Der Tartareneinfall war, als ich Riga verließ, noch nicht bekannt, erwiderte die junge Liefländerin. In Moskau erst erfuhr ich diese Neuigkeiten.
    – Und setztest trotzdem Deine Reise fort?
    – Es war meine Pflicht.«
    Aus diesem Worte sprach der ganze Charakter des muthigen, jungen Mädchens. Was sie für ihre Pflicht erkannte, zögerte Nadia niemals auszuführen.
    Sie sprach dann von ihrem Vater, Wassili Fedor. Er war in Riga ein geschätzter Arzt, betrieb seine Kunst mit Erfolg und lebte glücklich im Kreise der Seinen. Nach seinem Beitritt zu einer ausländischen geheimen Gesellschaft aber erhielt er den Befehl zugestellt, nach Irkutsk zu gehen und die

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