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Der Courier des Czar

Der Courier des Czar

Titel: Der Courier des Czar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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konnte den rechts auslaufenden Winkel des Wäldchens, da wo dieser an die Straße herantrat, erreichen.
    Um womöglich nicht gesehen zu werden, beabsichtigte Michael Strogoff sich erst so spät als möglich in den Sattel zu schwingen, und jedenfalls erst, nachdem er eine Wendung des Weges, die sich etwa 200 Schritte jenseit des Gehölzes befand, hinter sich haben würde.
    Zum Unglück aber witterte ihn, als Michael Strogoff eben den Waldrand überschritt, das Roß eines Usbeck, wieherte und trabte auf ihn zu.
    Sein Reiter lief ihm nach, es zurück zu führen, als er aber beim ersten schwachen Tagesgrauen ein unerwartetes Schattenbild bemerkte, rief er laut:
    »Achtung!«
    Auf diesen Ruf erhob sich die ganze Mannschaft des Bivouaks und stürzte hervor auf die Straße.
    Michael Strogoff hatte sich nur in den Sattel zu schwingen und im Galop davon zu jagen.
    Die beiden Officiere des Detachements hatten sich an die Spitze ihrer Leute gestellt und trieben diese an, sich schnell fertig zu machen.
    Jetzt saß Michael Strogoff schon auf dem Pferde.
    Da krachte ein Schuß und eine Kugel durchlöcherte den Mantel des Couriers.
    Ohne den Kopf zu wenden und ohne den Angriff zu erwidern, gab er beide Sporen, erreichte mit einem kühnen Sprunge vom Waldrande aus die Straße und jagte mit verhängtem Zügel in der Richtung nach dem Obi davon.
    Die usbeckischen Pferde waren abgezäumt worden, er mußte also vor den Reitern des Detachements einigen Vorsprung gewinnen können; freilich beeilten auch diese sich, ihm nachzusetzen, und wirklich hörte er, kaum zwei Minuten, nachdem er das Hölzchen verlassen, die schnellen Tritte mehrerer Pferde, welche ihm nach und nach näher kamen.
    Schon begann es ihm Osten zu tagen und deutlicher traten in einem weiteren Umkreise alle Gegenstände hervor.
    Michael Strogoff sah, als er sich einmal umwendete, daß ein Reiter ihn besonders schnell einzuholen drohte.
    Es war der Deh-Baschi. Dieser vorzüglich berittene Officier sprengte der ganzen Abtheilung voraus und mußte den Flüchtling bald erreichen.
    Ohne anzuhalten, schlug Michael Strogoff mit gewohnter sicherer Hand den Revolver auf ihn an, zielte einen Augenblick, und mitten in die Brust getroffen, sank der Officier vom Pferde.
    Aber die anderen Reiter folgten ihm auf dem Fuße nach, und ohne sich wegen ihres gefallenen Führers aufzuhalten, sausten sie unter wildem Rachegeschrei, die Sporen fest in die Flanken der Pferde gedrückt, weiter, und mehr und mehr verminderte sich die Distanz zwischen ihnen und Michael Strogoff.
    Etwa eine halbe Stunde lang vermochte sich Letzterer außerhalb der Tragweite ihrer Schießwaffen zu halten, aber er bemerkte leider, daß die Kräfte seines Pferdes nun zu Ende gingen, und fürchtete mit Recht, daß dieses, wenn es gegen irgend ein Hinderniß stieße, stürzen würde, um nicht wieder aufzustehen.
    Jetzt war es schon ziemlich tageshell geworden, wenn auch die Sonne noch nicht über dem Horizonte stand.
    In einer Entfernung von etwa zwei Werft schlängelte sich eine durch Bäume begrenzte hellere Linie hin.
    Das war der Obi, der fast in gleichem Niveau mit dem Erdboden von Südwesten nach Nordosten dahinfloß und als dessen Thalbett man füglich die ganze umgebende Steppe ansehen mußte.
    Wiederholt knatterten die Gewehre hinter Michael Strogoff her, ohne daß eine Kugel ihn verletzte, und mehrmals mußte auch er gegen Reiter, die ihm zu gefährlich nahe kamen, von seinem Revolver Gebrauch machen. Jedesmal rollte ein Usbeck, unter dem Wuthgeheul seiner Kameraden, schwerverwundet in den Sand.
    Trotz alledem konnte diese Hetzjagd endlich nur zum Nachtheil Michael Strogoff’s ausfallen. Sein Pferd keuchte athemlos und bis zum Tode erschöpft, doch gelang es ihm noch, dasselbe bis an das Flußufer zu treiben.
    Die Abtheilung Usbecks befand sich jetzt kaum noch fünfzig Schritte hinter ihm.
    Auf dem vollständig verlassenen Obi erblickte er weder eine Fähre, noch ein Fahrzeug, die zum Uebersetzen über den Strom hätten dienen können.
    »Jetzt Muth, mein wackres Roß! rief Michael Strogoff. Vorwärts! Jetzt gilt’s die letzte Anstrengung!«
    Er stürzte sich in den Fluß, dessen Breite hier wohl eine halbe Werft betragen mochte.
     

    Mitten in die Brust getroffen, sank der Officier vom Pferde. (S. 198.)
     
    Gegen die rasche Strömung war nur schwer anzukämpfen. Michael Strogoff’s Pferd konnte nirgends Fuß fassen. Ohne jeden Stützpunkt mußte es die brausend schnell dahinziehenden Wellen also nur

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