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Der Courier des Czar

Der Courier des Czar

Titel: Der Courier des Czar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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durchschwimmen. Ein Wunder von Muth gehörte für Michael Strogoff dazu, diesem Wasserschwalle zu trotzen.
    Die Reiter hatten am Ufer des Stromes Halt gemacht; sie zauderten, sich ebenfalls in denselben nachzustürzen.
    In diesem Augenblick aber ergriff der Pendja-Baschi sein Gewehr und zielte sorgfältig auf den Flüchtling, der sich schon in der Mitte der Strömung befand. Der Schuß krachte und tödtlich in der Flanke getroffen versank das Pferd Michael Strogoff’s unter seinem Reiter.
    Noch zeitig genug befreite sich dieser aus den Steigbügeln, eben als sein treues Thier unter den Wellen des Flusses verschwand. Endlich gelangte er unter fortwährendem Niedertauchen und nur auf Augenblicke an der Oberfläche Athem schöpfend, trotz des nachgesendeten Kugelregens, glücklich an das rechte Flußufer und verschwand hinter den Gebüschen, die sich längs des Obirandes hinzogen.
Siebenzehntes Capitel.
Bibelsprüche und Siederverse.
    Michael Strogoff befand sich einigermaßen in Sicherheit; immerhin war seine Lage noch eine schreckliche.
     

    Tödtlich in die Flanke getroffen, versank das Pferd. (S. 199.)
     
    Jetzt, da das treue Thier, das ihm bis hierher so muthig gedient, in den Wellen des Stromes den Tod gefunden hatte, wie sollte er seine Reise fortsetzen können?
    Er war zu Fuß, ohne Lebensmittel, in einem durch die Empörung verwüsteten, durch die Plänkler des Emir schon ausgesaugten Lande und dabei noch eine große Strecke von dem Ziele, das er erreichen mußte, entfernt.
    »Bei Gott, ich komme doch noch dahin! rief er wie als Antwort auf alle Einwände der Ohnmacht, die in seinem Geiste einen Augenblick aufstiegen. Der Herr schützt das heilige Rußland!«
    Michael Strogoff befand sich jetzt außerhalb des Bereichs der usbeckischen Reiter. Diese hatten nicht gewagt, ihn durch den Fluß weiter zu verfolgen, und mußten auch annehmen, daß er ertrunken sei, da sie ihn nach dem letzten Verschwinden unter dem Wasser am rechten Ufer des Obi nicht wieder auftauchen sahen.
    Aber Michael Strogoff erreichte, unter dem mannshohen Schilfe des Ufers hinschlüpfend, eine höhere Stelle des Abhanges, wenn auch nur mit großer Mühe, da ein tiefer, von dem Austreten des Stromes zurückgebliebener Schlamm seinen Weg sehr schlüpfrig machte.
    Als er festen Grund und Boden unter sich fühlte, hielt Michael Strogoff an und überlegte, was nun zu thun sei. Vor Allem war er mit sich darüber einig, Tomsk, das von tartarischen Truppen besetzt war, bestimmt zu vermeiden. Dennoch mußte er einen bewohnten Ort, mindestens ein Postrelais zu treffen suchen, um sich daselbst wieder ein paar Pferde zu verschaffen. Mit diesen wollte er sich außerhalb der besetzten Wege halten und die Straße nach Irkutsk erst in der Gegend von Krasnojarsk wieder einschlagen. Wenn er sich beeilte, durfte er hoffen, den Weg noch frei zu finden, so daß er nach dem Südosten der Provinzen am Baïkalsee herabgelangen konnte.
    Zunächst begann Michael Strogoff sich zu orientiren.
    Zwei Werst vor ihm längs des Obi erhob sich eine kleine Stadt in pittoresken Stufen auf einem leichten Landrücken. Einige Kirchen mit byzantinischen, grün und goldig verzierten Kuppeln zeichneten sich am grauen Himmelsgrunde ab.
    Das war Kolywan, wohin die niederen und höheren Beamten aus Kamsk und anderen Städten sich zu wenden pflegen, um dem ungesunden Klima der Barabinen-Steppe zu entfliehen. Kolywan konnte nach den letzten Berichten, die der Courier des Czar vernommen hatte, noch nicht in den Händen der Eindringlinge sein. Die in zwei Colonnen einherziehenden Tartarenhausen hatten sich links nach Omsk, rechts nach Tomsk gewendet, das Land in der Mitte aber frei liegen lassen.
    Das einfache und logische Project, das Michael Strogoff entwarf, bestand darin, Kolywan vor den usbeckischen Reitern, die dem linken Ufer des Flusses folgten, zu erreichen. Dort wollte er sich, und wäre es auch um den zehnfachen Preis, Kleider und ein Pferd verschaffen und den Weg nach Irkutsk durch die innere Steppe wieder einschlagen. Es war drei Uhr Morgens. Die zur Zeit noch ganz ruhigen Umgebungen von Kolywan schienen vollkommen verlassen. Offenbar hatte sich die Landbevölkerung auf der Flucht vor dem Einfall, dem sie keinen Widerstand entgegenzusetzen vermochte, mehr nach Norden in das Gouvernement Jeniselsk zurückgezogen.
    Michael Strogoff wandte sich demnach raschen Schrittes nach Kolywan, als entfernte Detonationen an sein Ohr schlugen.
    Er stand still und unterschied deutlich ein

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