Der Cyberzombie
weg und sah Nadja an. »Es tut mir so leid«, sagte er. »Alles tut mir leid. Wie konnte ich das nur tun? Wie konnte ich zulassen, daß Roxboroughs Persönlichkeit die Kontrolle übernahm und dich bedrohte?«
Sie begegnete seinem Blick schweigend,
»Ich will, daß wir uns nahe sind«, sagte er. »Ich will... ich will darüber hinwegkommen.«
»Und nun?« fragte sie. »Hast du immer noch die Kontrolle?«
»Ja. Ganz sicher. Gelegentlich blitzt eine Erinnerung von Roxborough auf, aber ich handle nicht mehr nach seinen Eingebungen.«
»Du hast dich verändert.« In ihrer Miene lag so etwas wie Trauer.
Ryan nickte. »Ja. Ich glaube nicht, daß ich je wieder so sein werde wie zuvor.« Er trank einen Schluck Rotwein. »Ich bin nicht mehr der blinde Soldat, der ich einmal war. Ich denke jetzt viel zu oft über die großen Zusammenhänge nach. Ich denke überhaupt zuviel nach. Tatsächlich bin ich von Unentschlossenheit erfüllt.«
Ryan sah sie an, und sein Blick war eine sanfte Liebkosung. »Aber mein innerstes Wesen ist noch dasselbe.«
»Ich weiß«, sagte sie. »Der Teil, an dem mir etwas liegt, ist noch da.«
»Glaubst du?«
Sie lächelte und nickte. Ryan wurde von einer Woge der Zuneigung überschwemmt. Er liebte sie. Spontan beugte er sich vor und versuchte sie zu küssen.
Sie wich ihm aus und lachte.
»Was ist?«
Immer noch lachend, sagte sie: »Es tut mir leid, Ryan, aber du brauchst eine Dusche und auch eine Rasur. Du bist jetzt in der Zivilisation.« Sie beugte sich vor und küßte ihn auf die Wange.
Ryan stand auf. »Also gut, dann ein Bad. Kommst du mit mir in die große Wanne?«
»Natürlich.«
Sie gingen ins Badezimmer, wählten ein heißes Schaumbad und schalteten die Düsen ein. Die Wanne war groß und sehr tief, so groß, daß drei Trolle darin baden konnten, ohne sich beengt vorzukommen. Ryan zog sich aus und glitt in das heiße Wasser. Er lehnte sich zurück, um sich von den Düsen seine schmerzenden und erschöpften Muskeln massieren zu lassen.
Nadja schloß sich ihm eine Minute später an, als sie in ihrem weißen Frotteebademantel durch die Tür kam. Sie sah ihm in die Augen, als sie den Bademantel ablegte, und hielt absichtlich seinen Blick auf ihr Gesicht fixiert. Er war versucht, den Blick zu senken, den Kurven ihres Elfenkörpers bis zu den Zehen zu folgen. Aber er beherrschte sich. Dafür war später noch genug Zeit.
Sie stieg ins Wasser und glitt neben ihn. Er tauchte den Kopf unter, um sich die Haare naß zu machen und das Gesicht zu waschen. Ihr Geister, es ist so ein gutes Gefühl, sich darauf zu konzentrieren, sauber zu werden. Als er den Kopf aus dem Wasser hob, war sie bei ihm. Ihre Arme legten sich um seinen Hals, und ihr Körper preßte sich an seinen.
Ihr Mund näherte sich seinem.
Ein leises Klopfen an der Tür ließ sie innehalten. Sie spannte sich, richtete sich auf und strich sich die Haare zurück. »Was ist?« fragte sie.
Gordon Wus Stimme ertönte. »Tut mir leid, Sie stören zu müssen, Miss Daviar«, sagte er. »Aber Damien Knight ist auf Leitung eins. Er sagte, es sei dringend.«
»Drek«, flüsterte Nadja. Dann hob sie die Stimme, wobei sie Ryan einen entschuldigenden Blick zuwarf. »Danke, Gordon. Ich nehme das Gespräch hier entgegen.«
Sie seufzte und griff zu dem Telekom auf dem kleinen Marmortisch neben der Wanne. Sie schaltete die Düsen der Wanne ebenso aus wie die leise Hintergrundmusik, bedeutete Ryan zu schweigen und schaltete dann auf Leitung eins, vermutlich ohne Bild.
Ryan lehnte sich zurück und wartete. Solch eine Unterbrechung war wohl unvermeidlich, wenn man Nadjas Position als Vorsitzende der Draco Foundation und als Kandidatin für das Amt des Vizepräsidenten der Vereinigten Kanadischen und Amerikanischen Staaten berücksichtigte. Aber es war verdammt ärgerlich.
»Damien, mein lieber Freund«, sagte Nadja.
Ryan wußte, daß sie Damien Knight, der ein Konzernhai war, wie er im Buche stand, nicht ausstehen konnte. Er war einer der mächtigsten Männer der Welt und unabhängig von ihren Gefühlen jemand, den man nicht einfach ignorieren konnte.
»Nadja«, ertönte Damiens Stimme, »was ist das, kein Bild? Ich hoffe, ich störe Sie nicht.«
Ryan war Knight nur einmal begegnet, und zwar in Lake Louise auf einer Geburtstagsparty, die der Drache für Nadja gegeben hatte. Ryan wußte noch, wie Knight sie mit einem Geburtstagskuß begrüßt hatte. Er war etwas kleiner als Nadjas zwei Meter, breit gebaut und hatte graumeliertes Haar und
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