Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
dafür interessiert. Denen waren Debatten über Diätenerhöhungen und Ministerpostenbesetzungen wichtiger. Welchen Politiker interessierte schon der Tierschutz? Tiere waren in der alten Welt nichts wert. Katzenmütter waren vor ihren lieben Herrchen und Frauchen durch nur ihnen bekannte kleine Durchgänge zum Nichts geflohen, weil ihnen die Menschen, die sonntags in der ersten Kirchenbank saßen, immer wieder die Kinder geraubt hatten. Das Leiden kannte keine Grenzen, und die Tiere hatten keine reelle Chance sich zu wehren.
Den Hunden erging es ähnlich: Waren sie zu alt, um den Menschen zu dienen, wurden sie auf mancherlei Art und Weise einfach entsorgt. Keiner fragte nach ihnen, wollte wissen, was wirklich hinter der Fassade menschlicher Kultur geschah. Das Leid war unabhängig von der Tierart einfach unglaublich: Immer noch wurden die Wale abgeschlachtet, sogenanntes Schlachtvieh tagelang ohne Wasser und Futter in engen Lastanhängern durch halb Europa transportiert, wurden Tiere, denen man keinen Geldwert zuordnen konnte, oder die man schlicht als Schädlinge klassifizierte, vergiftet oder auf jede andere nur erdenkliche Weise getötet. Welches Tier wurde vom Menschen noch artgerecht gehalten? Äffchen waren zu Clowns in den Wohnstuben der verwöhnten Tierfreunde geworden, die damit vor ihren Nachbarn angeben können. Damit zahlte man ihnen heim, dass die Lieben nebenan aus dem Urlaub Krokotaschen und Elfenbeinfigürchen mitgebracht und damit ihrerseits geprotzt hatten. Und sowohl das Krokodil wie auch der Elefant, beide hatten dabei sogar noch Glück gehabt. Sie waren schon tot. Der kleine Affe hatte seinen Leidensweg noch vor sich. Fern seiner bewaldeten Heimat starb er einsam an Krankheiten, die es in seiner Wildnis nicht gab.
Doch die Tiere in den Hütten des Tranjandorfes hatten den Kampf gegen diese ungerechte Welt aufgegeben. Stattdessen waren sie in eine für sie bessere Welt geflüchtet. Einige waren inzwischen verwildert und glücklich geworden, andere hatten wieder Freunde unter den Menschen und auch anderen Wesen gefunden. Wie hier bei Harry und den Seinen. Überall im Nichts gab es solche geflohenen Kreaturen. Nicht überall ging es ihnen rundum gut, aber sie waren immerhin frei.
An diese Möglichkeit dachten die drei Katzendamen, die es in Harrys Hütte verschlagen hatte, nicht. Sie liebten diese Menschen. Auch die anderen des Dorfes und die Tranjans. Und alle mochten die Tiere gern. Akzeptierten sie als gleichberechtigte Mitgeschöpfe. Um Bens Beine herum schmusten sie gerade, die drei vierbeinigen Mädels, um Freundschaft mit ihm zu schließen. Und sie hatten schnell Erfolg damit. Ben konnte ihnen nicht lange widerstehen. Er ging in die Hocke und streichelte die Tierchen. Sofort war er Feuer und Flamme für die Drei. Vor allem die verschmuste Schwarzweiße hatte es ihm angetan. Alle drei hatten aufregende und gefährliche Erlebnisse hinter sich, von denen die Einwohner dieses Dorfes natürlich nichts ahnten. Schließlich hatten sie jedoch ihren alten Erdenmenschen daheim den Rücken gekehrt und waren dann auf verschlungenen Pfaden hier im Nichts gelandet.
Die Jüngeren waren Schwestern. Eine war grau getigert, die andere bis auf ein paar graue Flecken auf Kopf und einen grau geringelten Schwanz weiß. Daher hatten die Leute im Dorf die beiden Weiße und Tiger genannt. Nicht sehr einfallsreich, aber den Tieren war es egal. Die Katzen waren, nach Menschenzeit gerechnet, nicht einmal zwei Jahre alt und verbrachten ihren ersten Winter hier. Sie betraten diese Welt durch einen Übergang ins Nichts, den kein Mensch je kennenlernen würde. Entweder tummelten sie sich nun in einer der Hütten, in denen sie überall willkommen waren, oder sie tobten und spielten im Sommer draußen, wo sie von Zeit zu Zeit auch ihrem natürlichen Jagdinstinkt frönten. Die ein oder andere unvorsichtige Maus war auf diese Weise schon in einem Katzenmagen gelandet. Und wenn die Jagd einmal nicht erfolgreich verlief, bekamen die Süßen halt ihr Futter von ihren großen Freunden im Dorf. Und hier durften sie sich auch vermehren, wie sie wollten, denn Platz war ja genug da und das Nichts schier unendlich. In der Menschenwelt musste man selbstverständlich auf andere, katzengerechte Lösungen zurückgreifen: Wie banal und durchaus erschwinglich war es doch für die Menschen, die Tiere einfach kastrieren zu lassen. Die Operation war schmerzlos und veränderte das eigentliche Wesen des Tieres nicht. Ihre Lebenserwartung
Weitere Kostenlose Bücher