Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
Sie wollten zum Meer. Dort, wo sie Lisa vermuteten. Der Fluss schlängelte sich erst noch gemächlich durch das spärlich bewaldete Grasland. Dann ging es fast nur mehr geradeaus. Immer schneller floss der Strom gen Meer und wurde stetig breiter, je näher er seinem Bestimmungsort kam. Und als das Dorf längst hinter dem Horizont verschwunden war, glaubten die Wanderer, die nun eigentlich Schiffer waren, zum ersten mal zu erkennen, dass sie den Bergen ein Stück nähergekommen waren. Ohne Pause folgten sie immer noch dem Geruch des Meeres. Die Reise ging weiter.
Doch auch die finstere Gestalt hatte sich wieder auf den Weg gemacht. Die Gestalt, die den Abenteurern schon folgte, seit sie im Nichts waren. Und der Abstand verringerte sich. Sie hatte den Winter bei Yoghi, dem Wirt verbracht. Dort war der Winter allerdings deutlich milder und auch um einiges kürzer ausgefallen. Der alte Gaststättenbetreiber war natürlich froh über jeden Gast. Aber diesen Kerl hatte er absolut nicht gemocht und ihm natürlich auch das schlechteste Zimmer und höchstens mittelmäßiges Essen untergejubelt. Yoghi hatte die Gestalt schließlich äußerst kühl verabschiedet und dann gesehen, dass sie sich auf den gleichen Weg machte, wie im Sommer zuvor seine Freunde von der Hüterauswahl. Wenn ihm eine denn Möglichkeit einfallen würde, hätte er sie sicher warnen können. Zwar hatte der Finsterling während seiner gesamten Anwesenheit kaum ein Wort gesagt, aber der alte Wirt ahnte, nein, er war sich sicher, dass die Gestalt seinen Freunden auf den Fersen war. Und sie hatte wohl weiß Gott nichts Gutes im Sinn …
Aber davon ahnten die Auserwählten in diesem Moment zum Glück nichts. Noch nicht. Und ihre Reise ging immer weiter.
*
Kapitel 14
Auf das Verhältnis kommt es an.
W as war das?“, wollte Ben nach langer Zeit des Schweigens wissen. „Da war irgendein komisches Piepsen oder sowas.“
„Also, ich hab nichts gehört“, behauptete sein Kumpel Charly. Rippenbiest, der mindestens das halbe Boot allein ausfüllte schaute hin zu Nessy, doch auch die hatte offenbar nichts mitbekommen. Wieder Schweigen. Dann wieder dieses Geräusch.
„Ich bin doch nicht blöd. Ich hab da schon wieder so was gehört“, drängte der Gruppenleiter weiter.
„Du spinnst“, meinte Charly mit Unschuldsmiene.
Angespanntes Schweigen folgte. Und schließlich wieder dieses erbarmungswürdige, piepsende Geräusch.
„Charly, das Geräusch kommt aus deiner Jacke! Und behaupte bloß nicht wieder, ich würde spinnen.“
Nun hatten es auch die anderen vernommen und warfen dem dicken Jungen eindringliche Blicke zu.
„O.k.! Du hat recht. Das Geräusch kommt aus meiner Jacke. Bist du nun zufrieden?“
Wieder das Piepsen.
„Nein! Erst, wenn ich weiß, was du da vor uns versteckst.“
„Ach, das meinst du. Warum sagst du das nicht gleich!“
Charly griff mit einem verwegenen Lächeln auf den Lippen in die Hemdtasche unter seiner Jacke und zauberte die Quelle des wiederkehrenden Geräusches ans Tageslicht. Und diese Quelle war heilfroh, endlich sein warmes, aber auch enges und dunkles Gefängnis verlassen zu können.
„Spinnst du jetzt eigentlich?“, grummelte Ben und hatte Mühe, mit seinem Entsetzen hinter dem Berg zu halten. „Du schleppst eine Katze mit auf diese Reise? Noch dazu eine Babykatze? Das wird uns aufhalten. Und es kann verdammt eng werden mit der Zeit. Das weißt sicherlich?“
„Klar!“, entgegnete Charly und seine gute Laune drohte zu verfliegen. „Aber ist sie nicht herzallerliebst? Und Milchpulver hab ich auch mitgenommen. Ich weiß ja, was junge Kätzchen so brauchen. Und keine Sorge, sie macht dir ehrenwertem Gruppenleiter keine Arbeit. Ist ganz allein meine Angelegenheit. Oder willst du das Tier etwa über Bord werfen?“
Ben, der das kleine getigerte Samtbündel gerade eben noch tatsächlich am liebsten in den Fluss geworfen hätte (naja, eigentlich doch nicht), hatte keine Chance. Obwohl er glaubte, dass das Tierchen sie auf ihrer langen Reise behindern würde, hatte auch er sich in Windeseile in die kleine graue Eminenz mit den großen blauen Kulleraugen verliebt. Nun stand es also fest. Katze fuhr mit. Einfach unwiderstehlich.
„Und wie willst du da Kätzchen nennen, mein kindischer Freund?“
„Ich dachte an Tiger. Bei dem Fell und den Zähnen.“ Charly, nun wieder in Hochstimmung, versuchte, bei diesen Worten eine ehrfurchtgebietende, tigerähnliche Grimasse mit
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