Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)

Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)

Titel: Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz-Josef Dohmen
Vom Netzwerk:
gefletschten Zähnen zu schneiden. Aber heraus kam nur ein saudämliches Grinsen.
    „Eine Katze aus dem Dorf heißt schon Tiger. Sehr einfallsreich bist du ja gerade nicht.“
    „Also gut, dann heißt sie halt Tiger 2. Oder - bei meiner Vorleibe für die Terminatorfilme - eben T2.“
    T2 war ein Geschenk von Jeremias, dem Charlys Katzenzuneigung im Laufe des Winters nicht verborgen blieben war. Harrys Sohn hatte dem Jungen von der Erde das Tierchen kurzerhand vor der Abreise in die Finger gedrückt, da es seine Mutter verloren hatte.
     
    Die Sonne hatte ihren höchsten Stand und das Boot mit den Reisenden beinahe schon die Berge erreicht. Der Fluss war hier endgültig zum Strom geworden, der weiter an Geschwindigkeit zunahm. Nachdem er eben noch die flache Landschaft des Nichts passiert hatte, suchte er sich nun seinen Weg mitten durch das uralte Bergmassiv: Aus größerer Entfernung schien die Gebirgskette noch wie eine einzige gigantische Wand das Land vom Meer zu trennen. Doch nun sah man, dass der Fluss seinen Weg gefunden hatte. Der Berg wich links und rechts vor dem reißenden Strom zurück und bildete auf diese Weise einen mehrere hundert Meter langen, tiefen Canyon. Der namenlose Fluss wurde beim Passieren dieser Stelle wieder schmaler und rauschte sogar noch schneller gen Osten. An beiden Uferseiten war über die Jahrtausende ein Sims aus kahlem Fels entstanden, der wenige Fuß hoch über das Wasser ragte. Der ein oder andere halbtote Baum oder Strauch hatte seine teilweise freigespülten Wurzeln im rissigen Stein verankert. An dieser Stelle verlor der tosende Strom nun seine angenehme blaue Farbe. Er riss braunen Schlamm, entwurzelte Pflanzen und unvorsichtige Tiere, große wie kleine, mit sich auf dem Weg zum Meer und verwandelte sich von einer lebensspendenden blauen Ader in einen graubraunen Strudel aus Naturgewalt und Zerstörung. Hatte er die Berge endlich passiert, rauschte der Fluss gleich hinter dem Canyon mit viel Getöse über einen gewaltigen Wasserfall in das unendliche Meer.
     
    Lisa hatte den Canyon bereits erreicht. Erdrückend wirkten die Bergriesen zu beiden Seiten auf sie. Wie lange hatte es gedauert, bis zu diesem fernen Etappenziel zu gelangen? Das Mädchen war nahezu ohne eine einzige Unterbrechung dem Flussverlauf folgend erst gerannt, dann gelaufen und schließlich nur noch mühsam immer weitergegangen. Die Erschöpfung machte sich mehr und mehr bemerkbar.
    Das Panorama zu Füßen der Berggiganten war ein traumhaft schöner und auch ebenso beängstigender Anblick; Alptraum und Motivation zugleich. Nur noch ein paar Schritte über den natürlichen Sims am Fluss entlang durch den Canyon, dann an dessen Ende den Berghang hinab und das Meer der sprechenden Fische war endlich erreicht. Wie lange hatte der winzige Mensch darauf gewartet, der sich jetzt dem phänomenalen Anblick widmete und einen Moment in seiner Reise innehielt, um zu verschnaufen. Der gewaltige Strom schien den uralten Berg vor ewigen Zeiten auseinandergerissen zu haben. Tief grub sich der Canyon in den grauen Fels. Auf seinen letzten Metern entwickelte sich der Fluss dank seiner hohen Geschwindigkeit zu einer Schneise der Verwüstung. Er hatte Bäume von vielen Metern Höhe entwurzelt und trieb sie nun mit sich. Sie drehten und wanden sich unter der unbezähmbaren Kraft des Wassers, doch was er einmal in Besitz genommen hatte, gab der Fluss nicht mehr frei aus seinen nassen Klauen. Erst wenn er sich letztlich ins Meer ergoss und dort auf einen übermächtigen Gegner traf: Die endlosen Wassermassen. Kein einziger Grashalm wuchs mehr hier kurz vor dem Ende der Wasserstraße, nur noch ein paar hartnäckige Bäume von vielen, die hier einst gestanden haben mochten. Die Luft wirkte gewittrig aufgeladen. Dunkle Wolken sammelten sich vor den Bergen, bis sie die geballte Kraft besaßen, sich gemeinsam über die natürliche Barriere hinwegzusetzen. Und die Wolken blickten hinab auf den tosenden Fluss. Überreste pflanzlichen und tierischen Lebens riss er mit sich fort. Tiere, die zu unvorsichtig gewesen waren, ertranken in den tiefen Fluten und trieben jetzt in allen Stadien der Verwesung an dem kleinen, scheinbar unbedeutenden Menschen vorbei. Lisa war müde und angewidert von den Kadavern, die sich in den Strudeln drehten, halb unter der Wasseroberfläche verborgen. Sie klammerte sich fest an den letzten kargen Baum an der Wasserstraße zwischen den Bergen, um nicht vor Schwäche doch noch in den namenlosen Strom zu stürzen

Weitere Kostenlose Bücher