Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
Fußgänger Riesendusel, weil er sich gerade noch zwischen ein paar Mülltonnen oder in einen Hausflur werfen konnte, bevor er von einem der rasenden Wagen überrollt oder von einem verirrten Geschoss erwischt werden konnte. Nessy hatte nun längst die Orientierung verloren in dem auch ihr völlig fremden Stadtteil. Sie fuhr, so schnell sie konnte, schrammte dabei manches mal gefährlich nahe an anderen fahrenden oder geparkten Autos vorbei. Konny, immer dichter hinterherpreschend, hatte sogar schon den einen oder anderen Kotflügel und Außenspiegel aus dem Gegenverkehr mitgenommen. Es war richtig was los heute Nacht in Human Town.
„Da kannst du machen was du willst!“, fluchte Nessy, als sie hörte, wie sich ein Geschoss aus Hansens Waffe ins dicke Blech des Wagens bohrte. „Den werden wir einfach nicht los. Ich probier mal die düstere Gasse da vorne aus!“
Gesagt, getan. Sie lenkte den Benz in eine lange unbeleuchtete Straße. Im Licht der Autoscheinwerfer erkannte sie, dass hier keine Häuser mehr standen. Und ein penetranter Geruch, eher ein Gestank, machte sich breit im Wagen. Er kam offensichtlich aus der Richtung, in die sie nun gerade fuhren. Und in die der Menschenfresser ihnen dummerweise folgte. Konny hatte weiter Boden gutgemacht. Diese finstere Straße schien kein Ende zu nehmen. Etliche Kilometer rasten sie schließlich schon geradeaus. Keine Seitenstraße, keine Anzeichen von Zivilisation, nur gähnende Leere rechts und links vom Weg. Die Lichtkegel, die von den Wagen ausgingen, fanden keine Anhaltspunkte mehr, an denen man sich hätte orientieren können. Bis zu dem Moment, als Nessy im Vorbeirasen flüchtig eines Ortsschildes gewahr wurde, die Aufschrift aber nicht erkennen konnte. Egal, sie raste notgedrungen weiter. Das schien aber plötzlich und unerwartet nicht mehr nötig zu sein, denn der Wagen hinter ihnen stoppte unter besagtem Schild am Straßenrand. Die Reifen quietschten. Konny stieg kurz aus, schickte ihnen noch ein paar wilde, zensurwürdige Flüche hinterher, huschte wieder in den Rolls-Royce und wendete den Wagen. Dann fuhr er eilig davon und war kurz darauf im Dunkel der Nacht verschwunden. Wie von der Schwärze verschluckt. Das merkten auch die Auserwählten und stellten, als sie sich endlich sicher sein konnten, entkommen zu sein, ihren Mercedes ab. Hier war es stockfinster.
„Wo sind wir hier?“, wollte Charly wissen.
„Keinen Schimmer, Kumpel“, antwortete Nessy. Zwar war sie Bewohnerin des Zentrums, aber dieses war so gewaltig groß, dass sie bestenfalls einen Bruchteil davon kannte. Zwar hatte sie einen bösen Verdacht, was ihren Aufenthaltsort anging, aber es war ja dunkel, und da konnte man sich nur allzu leicht täuschen.
„Hier gibt es meilenweit keinen Anhaltspunkt. Ich weiß nur, dass es in ein paar Stunden hell wird, und wir hier besser so lange warten sollten. Ich denke, wir gönnen uns eine Mütze Schlaf und schauen Morgen, wo wir denn eigentlich gelandet sind.“
„Das heißt, wenn wir bei dem Gestank hier überhaupt einschlafen können. Aber ansonsten eine gute Idee. Was sagst du dazu, Gruppenleiter?“
„Spar dir die Anrede, Charly. Aber ihr habt Recht, lasst uns hierbleiben. Versprecht mir nur eines: Wir dürfen nie wieder so unvorsichtig sein, wie heute! Traut niemandem. Nicht einmal kleinen Mädchen mit großen blauen Augen.“
„He!“, grummelte Rippenbiest. „War das auf mich gemünzt?“
Endlich konnten alle wieder lachen, und das Entsetzen des Abends fiel nach und nach von ihnen ab.
„Sollen wir abwechselnd wach bleiben?“, schlug Nessy vor. „Wer weiß, welches miese Volk sich hier im Dunkeln herumtreibt!“
„Richtig!“, bestätigte Ben. „Wer fängt mit der ersten Wache an?“
Aber nach dem anstrengenden Tag schliefen schließlich doch alle Reisenden ein. Und niemand bemerkte im Tiefschlaf daher, wie die Katzen kurz vor der Morgendämmerung unruhig wurden und fauchten, als gelte es, einen Feind zu vertreiben. Ein weiterer, mehr als leichtsinniger Fehler der Menschen. Aber das würden sie erst bemerken, wenn es hell geworden war.
Was für ein Gestank! Und tatsächlich ließ sich die Sonne endlich wieder blicken im Nichts. Ein neuer Tag im Zentrum stand bevor. Man konnte sich ja in dieser Dimension nie sicher sein, ob morgens wirklich die Sonne aufging. Aber noch schien der Heilige Stein von Raum und Zeit im Gleichgewicht zu sein.
„Morgen, Leute, alles klar?“, fragte Ben unter heftigem Gähnen.
Zwar war der Wagen
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