Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
der Brückenpfosten angebracht worden war. Es handelte sich nur um ein paar Worte, scheinbar schon vor Jahren auf ein Brett gepinselt:
DU BIST WILLKOMMEN!
Ob der unbekannte Autor das ernst gemeint hatte? Die Abenteurer würden es herausfinden. Sie gingen über die alte, aber durchaus stabile Brücke in den Wald hinein. Und endlich, endlich wurde es schattiger und kühler unter dem Dach aus unerreichbar hohen Baumkronen. Der Boden war mit Moos, Flechten, Gras und niedrigem Strauchwerk bedeckt. Und Tiere gab es in diesem Wald. Je weiter die Fünf sich hineinwagten, desto mehr andere Lebewesen entdeckten sie schließlich. Keine Nichts-spezifischen, sonderbaren Wesen, sondern Tiere, die Ben und Charly in diversen europäischen Wäldern auch vermuten würden: Ein majestätischer brauner Hirsch mit weißen Punkten im Fell, ein scheuer Dachs, ein paar flinke Grauhörnchen, die in Windeseile die Bäume rauf- und runterflitzten. Auf dem Stumpf einer längst gestorbenen Fichte hockte ein Iltis und blinzelte in die Sonne, die ihrerseits durch die dichten Baumkronen zurückzublinzeln schien. In den Wipfeln der Bäume sowie kreuz und quer durch die Luft des Waldes flogen, flatterten und schwebten Kuckuck, Taube, Eichelhäher und Tannenmeise. Ein Botaniker von der Erde hätte wohl auch erkannt, welche Pflanzen mit welchen Namen zu bezeichnen waren, denn es existierte hier offensichtlich kein pflanzliches Leben, das es nicht auch in der anderen Dimension gab: Es waren, um nur die wenigsten zu nennen, Rotbuchen, Fichten, Feuerschwämme, die sich an den Laubbäumen scheinbar festgesaugt hatten, und Fliegenpilze, Adlerfarn und Haselnusssträucher in Bodennähe. Alles wie daheim. Bis auf das Wesen, das sie just in diesem Augenblick von hinten ansprach. Sie waren erst wenige Stunden unterwegs gewesen in dem großen dunklen Wald, als sie ihre Gastgeber kennen lernten. Die Poltans.
„Aha! Die Pfadfinder sind da. Noch dazu so hässliche!“, sagte einer von ihnen mit schriller Stimme.
Die Wanderer drehten sich zu dem Sprecher um, der mit seinesgleichen unter einer uralten Fichte stand. Sie brachten kein Wort heraus. Nur die Katzen fauchten leise. Ein schlechtes Zeichen. Zur Sicherheit legte Rippenbiest eine Hand auf den Griff seiner geliebten Axt.
“Na, ihr Waldläufer. Seid ihr stumm oder einfach nur zu bockig, den Herren des Waldes einen verflixten guten Tag zu wünschen? Also was nun?“
„Guten Tag“, sangen die Fünf im Chor. Man wollte ja nicht unhöflich erscheinen.
„Putzig. Seeehr putzig“, kreischte der Poltan. „Und vorgestellt habt ihr euch auch noch nicht. Na, wenn ihr zu fein dazu seid, nennen wir euch Runzel, Funzel, Hunzel, Strunzel und Punzel. Wer von euch wie heißen soll, das könnt ihr euch aussuchen. Das ist uns egal. Und außerdem – ihr stinkt!“
Den Auserwählten hatte es wieder die Sprache verschlagen. Denn zum Ersten waren es die Poltans selbst, die stanken - und wie! - und zweitens sahen sie sehr, sehr seltsam aus: Sie waren nicht mal einen Meter hoch, verfügten weder über Hände noch Arme und alle miteinander hatten ein verschlagenes breites Grinsen im Gesicht. Ihre Haut war grün. Ein schönes helles Grün. Doch viel Haut war indes nicht zu sehen. Denn der größte Teil des Körpers war von feuerrotem, wirrem und gelocktem Fell bedeckt. Ob unter ihrem Fell Unterschiede zwischen den Poltanmännlein und -weiblein existierten, wenn es eine solche Unterteilung überhaupt gab, konnte man nicht einmal erahnen. Die Poltans hatten – bis auf das dauernde gemeine Grinsen mit blendendweißen großen Zähnen – ein eher lustiges Gesicht. Eine Nase von locker dreißig Zentimetern Länge, dürr und krumm wie ein geknickter Zweig und große runde, weiße Augen mit extrem schielenden schwarzen Pupillen machten den Rest der Fratzen aus. Und unter dem Feuerfell schauten zwei dürre haarige Beine heraus, die in drei noch kümmerlicheren Zehen endeten - Beine wie verdammte Kaktusse, hätte Yoghi wohl dazu gesagt. Kleidung trugen die kleinen Waldschrahte samt und sonders nicht. Bis auf den einen, denn er balancierte auf seinem roten Wuschelkopf einen alten und ziemlich zerfetzen schwarzen Zylinder. Wo auch immer er den herhaben mochte. Dann laberte der Oberpoltan weiter mit seiner schrecklich-schrillen Stimme.
„Maulfaul, was? Runzel, Funzel, Hunzel, Strunzel und Punzel – na, ihr seid mir ja Helden. Und ein paar Westentaschenlöwen habt ihr auch dabei, was? Putzig, seeehr putzig. Aber nun zur Sache
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