Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
hörte man ein Flügelschlagen in der Luft.
„Ah, die Post ist da“, rief Athrawon vergnügt und eilte aus dem Pavillon.
Soeben landete ein mehr als seltsames Tier an der Stelle, an der tags zuvor noch der Sprechertisch gestanden hatte. Das seltsame Wesen maß rund zweieinhalb Meter, besaß ein schwarzes Außenskelett wie wie ein Insekt, und auch die beiden Facettenaugen erinnerten immens an eine Stubenfliege, allerdings in viel größerem Maßstab. Die Flügel des Tiers waren eher die eines Flugsauriers oder einer riesigen Fledermaus: Mit schwarzer Haut bespannte dünne Knochen, versehen mit unzähligen borstigen Haaren. Der Schädel mit den unheimlichen roten Augen endete in einer Art Schnabel, gelb mit roten Streifen. Nach der Landung stand es auf seinen kräftigen Hinterbeinen und ließ seinen Reiter (oder sollte man ihn den Piloten nennen?) absteigen.
Beim Anblick des Flugtieres verschluckte sich Charly kurz an seinem letzten Brötchen, doch schon bald
hatte die Faszination, die von diesem Fabelwesen ausging, seine Scheu überwunden, und er eilte furchtlos an die Seite des Meisters, um das Tier näher zu betrachten.
„Na, Charly. Ist das nicht ein Prachtexemplar?“, fragte Meister Athrawon und freute sich über das Interesse des Jungen. „Das kommt heraus, wenn man eine Stubenfliege mit einem Dimorphodon kreuzt.“
„Wow!“, entfuhr es dem Jungen. „Wie geht das denn?“
„Da müssen wir den Post-Piloten fragen. Hallo, Männo, wie geht’s denn so?“, fragte der alte Mann.
Männo war Beamter der Postverwaltung im Nichts. Ihm oblag die Versorgung weit abgelegener oder schwer zugänglicher Gegenden mit allerlei Postsendungen. Alles was zu groß, zu sperrig oder zu schwer war für die Rohrpost, wurde in solche Gebiete per Luftpost zugestellt. Und einer der Piloten war eben jener Männo, der gerade vom Flugtier gestiegen war. Einige seiner Kollegen hatten Flugzeuge, doch er bevorzugte seinen fliegenden Kameraden, da dieser auch auf so einem relativ kleinen Hügel ohne Probleme landen konnte. Außerdem hatte er auf diese Weise Gesellschaft auf längeren Flügen, auch wenn das seltsame Wesen nicht sprechen konnte. Männo selbst war ein kleiner, dürrer Kerl mit furchtbar abstehenden Ohren und höchstens noch drei Haaren auf dem Kopf, die er allerdings kunstvoll auf seinem Schädel per Kamm zu verteilen suchte. Scheinbar hatte der viele Gegenwind auf seinen Flügen seinen Tribut an Haaren gefordert. Er hatte ein sehr lange und spitze Nase und einen nahezu zahnlosen Mund. Die himmelblauen Augen blickten schelmisch durch eine alte Fliegerbrille. Dazu passend trug er eine alte speckige Lederjacke mit Fellkragen und eine braune Hose mit allerhand Taschen. Unter seiner Jacke hatte er lediglich ein vergilbtes Unterhemd an. Nichts zu sehen von einer Postuniform, dachte Charly.
„Das, mein lieber Junge“, erklärte Männo mit hoher Stimme, „ist eine Fliegeziege. Das ist sowohl die Bezeichnung wie auch der Name des Tieres. Ich experimentiere liebend gerne mit Haustieren herum. Kreuze alles, was nicht niet- und nagelfest ist mit- und untereinander. Die Fliegeziege ist eines meiner Meisterstücke. Auch, wenn man sich ja nicht selber loben soll. Aber sonst tut's ja eh keiner. Angefangen habe ich übrigens mit Brieftauben, doch du solltest erst einmal meine Wasserziegen sehen. Die haben sich inzwischen im ganzen Nichts ausgebreitet und vermehren sich wie die Kaninchen. Klasse, was?“
„Klar, hört sich gut an“, antwortete Charly, obwohl er sich unter einer Wasserziege nicht viel vorstellen konnte. „Aus welcher Mischung ist denn dein Flugtier entstanden? Stubenfliege und, was war doch gleich das andere?“
„Dimorphodon. Ist ein Flugsaurier. Gibt es schon seit hundert Millionen Jahren. Ist aber für sich betrachtet ziemlich langweilig. Doch mit einem Schuss Stubenfliege wird ein granatenstarkes Flugtier daraus. Und das Ganze ist auch lange nicht so sperrig wie so ein Saurier, musst du mir glauben.“
„Darf ich mal anfassen?“
„Klar, aber besser nicht am Schnabel, sonst beißt er dich“, warnte Männo und erhob ziemlich stolz seine linke Hand, an der zwei Finger fehlten.
Charly strich sanft über einen zusammengefalteten Flügel der Kreatur und war begeistert. „Danke, Männo“, sagte der Junge atemlos und marschierte stolz zurück zum großen Tisch. Kaum hatte er wieder Platz genommen, stürmten seine Mitstreiter mit Fragen auf ihn ein.
Währenddessen nahm Meister Athrawon
Weitere Kostenlose Bücher