Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
eine hellblaue Zeltplane. Also war doch alles echt gewesen und keine Träumerei. Er hatte seine Dimension verlassen und war Hals über Kopf hinüber gegangen in eine Welt, die man das Nichts nannte. Er konnte sich immer noch nicht erklären, wie er sich so mir nichts dir nichts auf ein derart wahnwitziges Abenteuer hatte einlassen können.
Geweckt wurden die Bewohner der kleinen Zeltstadt auf dem Hügel nicht etwa durch einen Hahnenschrei, einen Wecker oder gar eine Fanfare, sondern durch das unüberhörbare Gebrüll des Kochs.
„Aufstehen, ihr faules Pack. Die Sonne ist schon längst aufgegangen und Frühstück gibt’s nur bis halb neun. Also Beeilung, ihr elenden Warmduscher!“
Von einer warmen Dusche konnte gar keine Rede sein, fand Ben. Das Wasser war bestenfalls lauwarm und die kühle Luft um diese Uhrzeit alles andere als angenehm auf der nassen Haut. Während er sich bereits wieder seine Kleider anzog, schlenderte Rippenbiest, fröhlich ein Liedchen vor sich hinpfeifend, in Richtung Palisadenzaun. In der einen Hand hielt er ein riesiges Stück Seife, in der anderen ein rosarotes Handtuch und auf dem Kopf trug er eine geblümte Badehaube, die nur die Hörner frei ließ.
„Wenn jetzt einer lacht“, drohte er, „mache ich Kompott aus ihm. Und lasst ja eure ungewaschenen Finger von meiner Streitaxt, Jungs.“
Ben verspürte absolut keinerlei Verlangen, auch nur in die Nähe der imposanten Waffensammlung des Tauren zu kommen. Stattdessen zog er schließlich noch seine Schuhe an und hielt Ausschau nach dem Festlandkalmar. Just in diesem Moment kletterte dieser aus seinem Wasserfass, schüttelte sich trocken und sagte froh gelaunt „Bin schon geduscht!“
Offensichtlich hatte der lila Tintenfisch die komplette Nacht auf Tauchgang verbracht. Ben hatte abends zuvor beim gemeinsamen Essen auch das Rätsel lösen können, wo der Kalmar denn nun eigentlich seinen Mund hatte. Dieser befand sich unterhalb des glitschigen Körpers, genau in dessen Mitte zwischen den acht langen Gliedmaßen. Der Mund sah daher eher aus wie eine ganz andere Körperöffnung, aber schnell verbannte Ben diesen Gedanken aus seinem Hirn. Stattdessen wandte er sich dem Vierten im Bunde zu. Charly schnarchte noch immer fröhlich sägend vor sich hin. Er würde noch das Frühstück verpassen, dachte Ben und ging zu Charlys Bett.
„He, Charly steh auf“, rief er. „Dein Kakao wird kalt!“ Keine Reaktion. Auch lauteres Rufen brachte nichts. Daher stieß er ihm wenig sanft in die Seite. „Aufstehen. Essen ist fertig!“ Erneut keine Reaktion. Schließlich rüttelte Ben seinen Kameraden durch und schrie „Alarm, Alarm, es brennt!“ Doch Charly schnarchte in aller Seelenruhe weiter.
„Lass mich das mal machen“, knurrte der Taure, der inzwischen nach Veilchen duftend vom Duschen zurückgekehrt war. Nur mit einem Lendenschurz bekleidet, nahm er die Streitaxt in die eine, den Kriegshammer in die andere Hand und baute sich vor der Pritsche des schlafenden Jungen auf. Schließlich dröhnte die Stimme des Stiers durch das ganze Zelt und ganz sicher auch über den ganzen Hügel hinweg. „Steeeeeh auuuuuf!“
Ben hielt sich die Ohren zu, der Festlandkalmar hatte vermutlich gar keine, und endlich wachte der dicke Junge auf. „Was ist denn los?“, murmelte er und rieb sich den Schlaf aus den Augen. „Hab ich irgendwas verpasst, Leute?“
Im selben Moment öffnete er die müden Augen und war mit einem Mal hellwach: Vor ihm stand ein ziemlich grimmig dreinblickender Hüne von weit über zwei Metern mit blitzenden Waffen und gebleckten Zähnen. Man hätte es dem schwergewichtigen Jungen kaum zugetraut, aber in weit weniger als einer Sekunde stand er aufrecht in seinem Bett und schrie „Hilfe, die Orks greifen an! Frauen und Charly zuerst!“
„Nur die Ruhe“, sagte der Taure und legte die Waffen beiseite. „Ich bin's nur, und das mit den Orks will ich überhört haben. Jetzt mach dich endlich fertig, wir wollen frühstücken gehen.“
„Jage mir bloß nie wieder so einen Schrecken ein, mein haariger Freund, sonst gibt’s was auf die Hörner.“
„Schon klar“, sagte der Stier und grinste breit. „Musst nur Morgen früher aufstehen.“
„Duschen fällt heute aus“, erwiderte der (ein wenig blasse) Junge und stieg vom Bett. „Ich hab Hunger.“
„Irgendwann fängst du übel an zu stinken“, vermutete der Kalmar.
„Was stört's dich, du hast schließlich keine Nase“, antwortete Charly, der sich anzog und sich dabei
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