Der Dativ Ist dem Genitiv Sein Tod 1
zweiten Silbe: Badenser. Historisch gesehen ist
»Badenser« allerdings keine Verunglimpfung, so wurden die Bewohner des früheren Landes Baden üblicherweise genannt. Wer im Umgang mit ihnen nicht baden gehen will, hält sich heute besser an die Form »Badener«.
Unter einem (Sachsen-)Anhaltiner verstand man
früher lediglich ein Mitglied der fürstlichen Familie, die Ableitung »Anhalter« hingegen bezog sich auf das Land.
Daher hieß und heißt der berühmte Bahnhof in Berlin auch »Anhalter Bahnhof« und nicht »Anhaltiner
Bahnhof«. Heute sind Sachsen-Anhaltiner dasselbe wie Sachsen-Anhalter, nämlich alle Bewohner des
Bundeslandes Sachsen-Anhalt. Ein Bedeutungs-
unterschied existiert ebenso wenig wie eine
überzeugende Begründung, warum nur das eine oder das andere richtig sein sollte.
In Sachsen-Anhalt leben unter anderem an die 240
000 Hallenser, so nennen sich die Einwohner der Stadt Halle an der Saale. In Westfalen gibt es ebenfalls einen Ort namens Halle, doch dessen Bewohner nennen sich Haller. Stellen Sie sich eine Halle voller Hallenser und Haller vor – was gibt das für ein Hallo!
Die Ableitung -aner kommt übrigens nicht nur bei Städtenamen, die auf -er enden, zum Einsatz, sondern auch bei einigen, die auf -el enden. Neben der Form
»Weseler« findet man für die Einwohner der Stadt Wesel auch noch die Bezeichnung »Weselaner«, allerdings deutlich seltener, was die These belegt, dass die» -aner«-
Formen insgesamt auf dem Rückzug sind. Wer die berühmte Echo-Testfrage »Wie heißt der Bürgermeister von Wesel?« in die Schlucht ruft, dem wird es jedenfalls nicht »Weselaner!« entgegenschallen.
Auf einem Bauernhof im Kasseler Land steht ein kleines Ferkel vor einem gewichtigen Problem. »Du, Mami«, fragt es seine Mutter, »was bin ich eigentlich: ein Kasseler, ein Kasselaner oder ein Kasseläner, wie der Bauer sagt?« – »Ich habe keine Ahnung«, grunzt die Mutter, »frag das doch mal die Katze, die weiß doch immer alles.« Also stellt das Ferkel seine Frage der Katze, und die erklärt: »Kasseler sind alle Einwohner Kassels, Kasselaner sind die, die in Kassel geboren sind, und Kasseläner sind jene, deren Eltern bereits gebürtiger Kasseler, also Kasselaner sind.« Das Ferkel seufzt: »Also muss ich herausfinden, ob Mamis Eltern auch schon hier zur Welt gekommen sind?« Die Katze fährt sich mit der Zunge übers Maul und antwortet sibyllinisch: »Ob du ein Kasselaner bist oder ein Kasseläner, das spielt keine Rolle. Sicher ist nur dies: Eines Tages wirst du Kassler sein!«
Durch und durch alles hindurch
Die »Titanic« wurde durch einen Eisberg versenkt, Bücher werden durch Autoren geschrieben und durch Übersetzer übersetzt; Autos werden durch herabfallende Ziegel getroffen, Politiker durch das Volk gewählt. Ist die Durch-Wucherung der Sprache durch nichts mehr aufzuhalten?
Im Blumengarten der deutschen Sprache wuchert ein Unkraut, schlimmer als Quecke, hartnäckiger als Giersch.
Es handelt sich um ein Gewächs aus der Familie der Präpositionen, klein und unscheinbar, doch es ist praktisch nicht zu besiegen. Der fleißige Stilgärtner hat alle Hände voll damit zu tun, es herauszureißen. Doch so viel er auch rupft und zupft – die Plage dringt immer wieder durch. Sie wuchert und windet sich durch alles hindurch.
Gemeint ist die Präposition »durch«, eine
ausgesprochen vielseitige Vertreterin ihrer Gattung. Sie lässt sich zunächst einmal räumlich einsetzen: durch den Dschungel, durch die Hintertür, durchs wilde Kurdistan.
Sodann auch zeitlich: durch den Winter, durchs ganze Jahr. Damit aber gibt sie sich längst nicht zufrieden; sie will noch viel mehr!
Denn sie versteht sich auch als eine mediale
Präposition. Genau wie das Wort »mittels« zeigt sie an, dass etwas mit Hilfe von etwas oder jemandem
geschieht: Statt »per Kurier« kann man ein Paket auch
»durch Boten« zustellen lassen, und ein Kranker kann ebenso gut »mittels neuer Medikamente« als auch »durch neue Medikamente« geheilt werden. So weit, so richtig.
Weil ihr aber auch das nicht genügt, gräbt die Präposition »durch« seit geraumer Zeit ihrer schlimmsten Rivalin das Wasser ab: dem kleineren Wörtchen »von«.
Wo immer sich eine Gelegenheit bietet, versucht sie,
»von« zu verdrängen, oftmals mit Erfolg, aber selten mit stilistisch überzeugendem Ergebnis:
»Mehrere Autos wurden durch herabfallende
Dachziegel getroffen«, heißt es in einer Meldung, die das Wüten
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